PARIS. Im aufsehenerregenden Prozess gegen Frankreichs ehemaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy wird heute das Urteil erwartet.
Der 66-Jährige muss sich mit zwei weiteren Beschuldigten wegen mutmaßlicher Bestechung und unerlaubter Einflussnahme verantworten. Die Staatsanwaltschaft verlangt eine Haftstrafe für Sarkozy von vier Jahren - zwei davon zur Bewährung. Die Verteidigung fordert hingegen Freispruch. »Ich habe niemals die geringste Bestechungstat begangen«, hatte Sarkozy vor Gericht gesagt.
Dem Politiker wird vorgeworfen, 2014 über seinen Rechtsbeistand versucht zuhaben, von Gilbert Azibert, einem damaligen Generalanwalt beim Kassationsgericht, Ermittlungsgeheimnisse zu erfahren. Der Ex-Präsident soll im Gegenzug angeboten haben, den Juristen bei der Bewerbung um einen Posten in Monaco zu unterstützen. Die Vorwürfe beruhen auf der Verwendung abgehörter Telefongespräche des Politikers mit Anwalt Herzog. Um die Rechtmäßigkeit dieser Abhöraktion hatte es einen heftigen Streit gegeben.
Sarkozy regierte von 2007 bis 2012 im Elyséepalast. Bei zahlreichen Anhängern der bürgerlichen Rechten gilt er bis heute als Führungsikone, obwohl er keine Ämter mehr hat. Immer wieder wird in Frankreich über ein mögliches Comeback des 66-Jährigen spekuliert - falls er es denn schaffe, seine Justizprobleme zu lösen.
Der Prozess gilt in Frankreich als beispiellos. Es ist nach Medienberichten das erste Mal in der 1958 gegründeten Fünften Republik, dass für einen früheren Präsidenten Haft gefordert wurde. Sarkozys Vorgänger Jacques Chirac wurde 2011 wegen Veruntreuung und Vertrauensbruch in seiner Zeit als Pariser Bürgermeister zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt - die Anklage hatte damals aber auf Freispruch plädiert.
Affären um reiche Freunde, maßlose Regierungsmitglieder oder Vetternwirtschaft hatten Sarkozys Zeit im Élysée geprägt. »Sarko«, wie er in Frankreich genannt wird, hatte seine Karriere als Bürgermeister gestartet. Als Präsident galt er als harter Hund. Er verlor schließlich 2012 gegen den Sozialisten François Hollande. Nach seinem Abtritt wollte er fünf Jahre später noch einmal französischer Präsident werden - scheiterte jedoch.
Sarkozy steht vor einem juristischen Hürdenlauf. Wegen Ausgaben für seine erfolglose Wiederwahlkampagne soll es im März einen weiteren Prozess geben. Die Justiz ermittelt zudem seit Jahren wegen angeblicher Zahlungen Libyens für seinen erfolgreichen Präsidentenwahlkampf 2007. Sarkozy weist auch hier alle Vorwürfe zurück.
Zuletzt war es politisch ruhiger um den schillernden Franzosen geworden. Sarkozy gilt als Vertrauter von Präsident Emmanuel Macron. Seine Memoiren »Le Temps des Tempêtes« (»Die Zeit der Stürme«) wurden im Sommer zu einem Bestseller. In der Öffentlichkeit und in Klatschmagazinen zeigt er sich an der Seite seiner Ehefrau, der Sängerin Carla Bruni. (dpa)