Mit dem Vorschlag zur Abschaffung des Ehegattensplittings hat SPD-Chef Lars Klingbeil den nächsten Koalitionsstreit losgetreten. Die FDP wettert lautstark dagegen, doch die SPD verteidigt den Vorstoß.
»Das Ehegattensplitting zumindest für künftige Ehen durch eine gerechtere Form der Einkommensteuer zu ersetzen, würde den Zielen von Gleichstellung und Steuergerechtigkeit gleichermaßen zugute kommen«, sagte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert der Deutschen Presse-Agentur. »Lars Klingbeil hat recht: Darüber sollte die Koalition vorurteilsfrei diskutieren.«
Klingbeil hatte in einem Interview statt der Einsparungen beim Elterngeld die Abschaffung des Ehegattensplittings für neue Ehen vorgeschlagen. Aus seiner Sicht wäre es gut, diesem »antiquierten Steuermodell, das die klassische Rollenverteilung zwischen Mann und Frau begünstigt«, ein Ende zu setzen.
Dass Familien aus einem Hauptverdiener und einer Zuverdienerin überdurchschnittlich vom Ehegattensplitting profitieren würden, sei nicht mehr zeitgemäß, sagte auch der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Sönke Rix. »Das nicht-verheiratete Paar, beide gleichermaßen berufstätig, mit drei Kindern wird im Vergleich dazu benachteiligt.« Wenn die FDP sich stark mache für die Gleichstellung von Frauen und Männern, solle sie ihre Ablehnung gegenüber der Abschaffung des Ehegattensplittings schnell überdenken.
FDP und Union warnen vor Steuererhöhungen
Der FDP will das nicht auf sich sitzen lassen und argumentiert, die Abschaffung käme einer Steuererhöhung für Ehepaare und Lebenspartner gleich - und Steuererhöhungen hat die Ampel-Koalition ausgeschlossen. »Die SPD wäre gut beraten, den politischen Krawall jetzt gut sein zu lassen«, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Christoph Meyer der Deutschen Presse-Agentur. Mäßigung sei das Gebot der Stunde. Der Koalitionsvertrag sei beim Ehegattensplitting klar, und Steuererhöhungen werde es nicht geben.
In ihrem Koalitionsvertrag haben sich SPD, Grüne und FDP eigentlich eine Reform und keine Abschaffung vorgenommen: Nur die Steuerklassen beim Ehegattensplitting sollen geändert werden. Beide Partner würden dann in Steuerklasse 4 einsortiert, was die monatliche Steuerlast etwas anders verteilt. Eine Abschaffung, wie Klingbeil sie vorschlägt, scheint in einer Koalition mit der FDP schwer vorstellbar.
»SPD-Spitze will Axt an Ehegattensplitting legen«
Und die Union warnt vor der Abschaffung. »Nach dem Chaos beim Heizungsgesetz will die SPD-Spitze nun die Axt an das Ehegattensplitting legen, das insbesondere für kinderreiche Familien mit niedrigem und mittlerem Einkommen von hoher Bedeutung ist«, sagte der Parteigeschäftsführer Thorsten Frei, dem »Spiegel«. »Das wäre nichts anderes als eine gigantische Steuererhöhung.«
Klingbeil verteidigte jedoch seine Haltung am Montagabend im ZDF-»Heute Journal«. Er betonte, dass sich sein Vorschlag auf künftig geschlossene Ehen beziehe. Es gehöre zu einer Koalition dazu, dass man konstruktiv über unterschiedliche Ideen diskutiere.
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