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SPD-Spitze in Kiew: »Uneingeschränkte« Unterstützung

Die SPD hat einen schweren Stand in der Ukraine. Vor allem Fraktionschef Mützenich eckt dort mit seinem Werben für Diplomatie und Zurückhaltung bei Waffenlieferungen an.

SPD-Spitze in Kiew
Lars Klingbeil (l) und Rolf Mützenich (3.v.l) sind in Kiew mit Bürgermeister Vitali Klitschko (2.v.l.) und dessen Bruder Wladimir Klitschko zusammengetroffen Foto: Fionn Große
Lars Klingbeil (l) und Rolf Mützenich (3.v.l) sind in Kiew mit Bürgermeister Vitali Klitschko (2.v.l.) und dessen Bruder Wladimir Klitschko zusammengetroffen
Foto: Fionn Große

Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil und Fraktionschef Rolf Mützenich haben der Ukraine bei ihrem ersten Besuch in Kiew seit dem russischen Angriff anhaltende Unterstützung versprochen - auch militärische.

SPD-Chef Klingbeil sagte nach einem Gespräch mit Außenminister Dmytro Kuleba, dass es nun vor allem um die schnelle Lieferung der versprochenen Leopard-2-Kampfpanzer und eine schnellere Produktion von Munition gehe. »Wir stehen uneingeschränkt an der Seite der Ukraine. Unser Besuch heute ist auch ein klares Signal, dass dieser Weg deutlich weiter geht.«

Beide SPD-Politiker trafen später auch Präsident Wolodymyr Selenskyj. Selenskyj dankte anschließend nochmals für deutsche Unterstützung seit den ersten Kriegstagen. Er fügte hinzu: »Es ist wichtig, die Beziehungen in unserem Bündnis weiter zu stärken.«

Mützenich betonte: »Wir stehen an der Seite der Ukraine, wenn es um das Selbstverteidigungsrecht geht.« Er sei Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) aber auch dankbar dafür, dass er seit Monaten Kontakt zu den Ländern suche, die gebraucht würden, »um einen diplomatischen Pfad zu gehen«. Er erwähnte dabei China, Indien und Brasilien.

Gespräche mit Vertretern der ukrainischen Regierung

Die beiden Politiker waren mit einem Sonderzug nach Kiew gereist und trafen neben Kuleba auch Ministerpräsident Denys Schmyhal, Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk sowie den Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko und dessen Bruder Wladimir. In den Gesprächen wurden die beiden SPD-Politiker vor allem mit der Forderung nach weiteren Waffen und Munition konfrontiert. »Deutsche Waffen retten heute Leben und bereiten den Weg zum Sieg und zum Frieden«, erklärte Schmyhal auf dem Nachrichtenkanal Telegram.

Stefantschuk betonte, der Leopard 2 könne »zum Hauptpanzer unseres Sieges« werden. Kuleba wünschte sich Unterstützung bei den Bemühungen um ein Kriegsverbrechertribunal, beim EU-Beitrittsprozess und bei der Versorgung mit Artillerie-Munition.

Melnyk fordert Ja zur Lieferung von Kampfjets

Der ukrainische Vizeaußenminister Andrij Melnyk forderte die beiden SPD-Politiker auf, ihrem Besuch Taten folgen zu lassen. Er hoffe, dass Klingbeil »die Notwendigkeit erkennen wird, die Bundesregierung dazu zu bewegen, weitere mutige Entscheidungen zu treffen, vor allem Kampfjets freizugeben«, sagte der frühere Botschafter in Berlin der Deutschen Presse-Agentur. Es sei wichtig, dass sich die SPD-Spitze endlich »mit eigenen Augen die Schrecken der russischen Aggression« ansehe. »Ob das dazu führen wird, dass Herr Mützenich nicht mehr auf der Bremse für deutsche Waffenlieferungen stehen wird, bleibt sehr fraglich«, fügte Melnyk aber hinzu.

Die SPD hat in der Ukraine wegen ihrer Russland-Politik vor der Invasion einen schweren Stand. Ihr wird vorgeworfen, den russischen Präsidenten Wladimir Putin falsch eingeschätzt und zu stark auf Kooperation mit Russland gesetzt zu haben. Sowohl Klingbeil als auch Mützenich haben offen Fehler eingestanden. Im Dezember will die SPD ihre Außenpolitik und damit auch ihre Haltung zu Russland auf einem Parteitag neu definieren.

Mützenich ist in der Ukraine zudem wegen seiner Zurückhaltung bei den Waffenlieferungen und wegen seines Werbens für Diplomatie immer wieder angeeckt. Melnyk nannte ihn deswegen im Januar auf Twitter den »wertvollsten Aktivposten Russlands bei der Blockade der Hilfe für die Ukraine«.

Das »Zentrum gegen Desinformation des nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats der Ukraine« setzte Mützenich im Juli 2022 auf eine Liste von 70 internationalen Persönlichkeiten, denen die Verbreitung von russischen »Narrativen« vorgeworfen wurde. Mützenich beschuldigte daraufhin seinerseits die ukrainische Regierung, ihn auf eine »Terrorliste« gesetzt zu haben, was zu »Sekundärdrohungen« geführt habe. Das ukrainische Außenministerium wies das zurück.

© dpa-infocom, dpa:230306-99-844888/6