Der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Achim Post hat von der Ampel-Koalition in Berlin künftig schnellere Einigungen ohne offenen Streit eingefordert. »Das, was die Ampel in schwierigsten Zeiten abgeliefert hat, ist in der Sache vielfach wirklich in Ordnung«, sagte Post der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf. »Aber das wurde im letzten Jahr zu oft von Streit überlagert. Hier müssen wir uns an die eigene Nase packen und schlicht besser werden.«
Die Gesellschaft sei heterogener geworden und Regierungskoalitionen naturgemäß damit auch, sagte Post, der auch SPD-Vizefraktionschef im Bundestag ist. »Man muss dazu kommen, sich bei allen unterschiedlichen Herangehensweisen schneller zu einigen.« Das sei die große Aufgabe auch für die Ampel-Regierung im Jahr 2024. »Und die SPD wird dazu ihren Beitrag leisten.«
»So viele Krisen hintereinander«
Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Anke Rehlinger räumte ein, dass die Ampel Fehler gemacht habe. »Natürlich sind Fehler passiert - nicht wenige, um ehrlich zu sein«, sagte die saarländische Ministerpräsidentin der Deutschen Presse-Agentur. »Das sollte man keinesfalls in dieser Weise fortsetzen.« Man dürfe aber »nicht den Eindruck erwecken, dass in solchen Krisenzeiten die Politik in der Lage ist, über das Wasser zu laufen«.
Rehlinger warb um Verständnis: »So viele Krisen hintereinander, und mittlerweile nebeneinander, hatten wir wohl in der Geschichte der Republik noch nicht«, sagte sie. »Dass dann die Dinge nicht immer rund laufen, liegt wohl ein Stück weit in der Natur der Sache.«
Der überall spürbaren Verunsicherung der Bevölkerung müsse man mit »gutem Regierungshandwerk und Kommunikation nicht nur über das Jetzt, sondern auch über den Tag hinaus« begegnen. Politiker dürften »nicht nur im Reparaturmodus unterwegs sein, ohne eine Perspektive zu haben und zu sagen, wo wir in zehn Jahren sein können«, sagte Rehlinger.
Auch die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang forderte einen anderen Umgang der Ampel-Partner SPD, Grüne und FDP untereinander. »Wir stehen zu dieser Koalition, und sie hält bis zum Ende der Legislatur, wir haben auch noch genug zu tun«, sagte Lang dem »Tagesspiegel«. Dafür müssten die drei Parteien jedoch ihren Regierungsstil überarbeiten. »Ich glaube, wir müssen von dem Spiel des Gewinnens und Verlierens wegkommen.« Dabei könne jede Partei in einer Koalition ihr eigenes Profil behalten, betonte Lang. »Es geht ja nicht darum, dass plötzlich alle Parteien dasselbe wollen müssen.«
Besseres Bund-Länder-Verhältnis gefordert
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) verlangte einen anderen Umgang des Bundes mit den Ländern. »Das Verhältnis ist noch nie so schlecht gewesen wie jetzt. Das ist keine Einschätzung von mir, das sagen auch SPD-Ministerpräsidenten«, sagte Kretschmer der Deutschen Presse-Agentur in Dresden. »Die Vorstellung, dass hier im Freistaat alle Landräte und Oberbürgermeister einen einheitlichen Standpunkt vertreten und wir als Staatsregierung dann sagen «Wir machen es trotzdem anders», geht einfach nicht. Aber im Verhältnis von Bund und Ländern ist das genau so der Fall.«
Nach Meinung von Kretschmer passierten dadurch viele handwerkliche Fehler, und es finde Politikgestaltung vorbei an den tatsächlichen Bedürfnissen des Landes statt. Dabei marschiere Deutschland an vielen Punkten wirtschaftspolitisch in die falsche Richtung.
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