Die Spitze der SPD-Fraktion setzt sich für eine stärkere Begrenzung von Mieterhöhungen ein. In einem Beschlusspapier für die Fraktionsklausur an diesem Montag und Dienstag, das der Deutschen Presse-Agentur und der »Bild am Sonntag« vorliegt, ist die Rede von einem »bundesweiten Mietenstopp«. Konkret wird allerdings lediglich gefordert, dass Mieten in angespannten Wohngegenden in drei Jahren um maximal sechs Prozent und zudem nicht über die ortsübliche Vergleichsmiete steigen dürfen.
Aktuell gilt eine allgemeine Grenze für Mieterhöhungen von 20 Prozent in drei Jahren. In Gegenden mit angespanntem Wohnungsmarkt sind es 15 Prozent. Im Koalitionsvertrag hatten die Ampel-Parteien vereinbart, diese Kappungsgrenze auf 11 Prozent abzusenken. Das hält die SPD-Fraktion angesichts der aktuell kritischen Lage auf dem Wohnungsmarkt aber nicht für ausreichend. Das Papier wurde vom geschäftsführenden Fraktionsvorstand bereits beschlossen und soll auf der Klausur in Wiesbaden in größerer Runde beraten werden.
Indexmieten an Nettokaltmieten koppeln
Gefordert wird darin auch eine Lösung für Indexmietverträge. Diese an die Inflationsrate gekoppelten Mieten sind zum Problem geworden, weil die Preise - und damit die Mieten - durch den Ukraine-Krieg stark anzogen. »Die bisherige Regelung hat vielfach zu Mietsteigerungen von über zehn Prozent pro Jahr geführt«, argumentiert die SPD. Sie schlägt nun vor, Indexmieten statt an die Inflationsrate an die allgemeine Entwicklung der Nettokaltmieten zu koppeln. Mindestens aber solle eine »effektive Kappungsgrenze« für solche Verträge eingeführt werden.
Der für das Thema zuständige Bundesjustizminister Marco Buschmann hat sich bisher gegen Forderungen nach Beschränkungen bei Indexmieten gewandt. »Unser Problem bei den Mieten ist doch nicht, dass wir zu wenig Regulierung haben, sondern zu wenig Wohnraum«, hatte der FDP-Politiker vor zwei Wochen der Deutschen Presse-Agentur gesagt. Wenn die Bundesregierung privates Kapital für den Wohnungsbau mobilisieren wolle, sollte sie nicht das Signal aussenden, »dass da noch mehr Regulierung droht«.
Justizminister verweist auf Koalitionsvertrag
Der Justizminister hatte auf den Koalitionsvertrag von 2021 verwiesen, in dem keine konkrete Vereinbarung zur Indexmiete enthalten sei. Gleichzeitig hatte er betont: »Wir haben uns im Koalitionsvertrag auf verschiedene mietrechtliche Reformen verständigt; zu diesen Abreden stehe ich.«
Auch gegen hohe Nebenkosten beim Kauf einer Wohnung oder eines Hauses will die SPD vorgehen. So soll ein Käufer künftig nur noch dann Maklergebühren zahlen, wenn er oder sie den Makler auch selbst beauftragt hat. Für Notarkosten soll eine Pauschale gelten.
Durch Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg hat sich die ohnehin angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt zuletzt verschärft. Bauen und die Kredite dafür sind teurer geworden. Zugleich fehlen Fachkräfte.
Boris Rhein will junge Familien unterstützen
Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) appellierte unterdessen an die Bundesregierung, junge Familien mit einem Milliarden-Programm beim Kauf von Wohnimmobilien zu unterstützen. »Der Bund sollte Familien beim Ersterwerb eines Eigenheims eine Zinsvergünstigung für Kredite von einem oder zwei Prozent gewähren. Bei einem Zinssatz von zum Beispiel 4,8 Prozent müssten Familien dann nur 3,8 oder 2,8 Prozent tragen«, sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm kritisierte die Pläne der SPD-Bundestagsfraktion. »Ein Mietenstopp bremst den Wohnungsbau noch weiter und erhöht die schon immense Unsicherheit bei Investoren auch generell«, sagte das Mitglied im Sachverständigenrat Wirtschaft den Zeitungen der Funke Mediengruppe. »Wenn man in Deutschland befürchten muss, dass Erträge immer dann beschnitten werden, wenn es in der Öffentlichkeit gut ankommt und Wählerstimmen bringt, dann investieren die Unternehmen weniger oder eben andernorts.«
»Wenn das Vermieten jetzt noch unkalkulierbarer werden soll, werden bald weniger Wohnungen für die Mieter zur Verfügung stehen und die Probleme noch vergrößert«, sagte die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Carina Konrad den Zeitungen der Funke Mediengruppe. »Wer stabile und bezahlbare Mietpreise will, muss Wohnraum schaffen. Durch unzählige Normen, Vorschriften, unterschiedliche Bauordnungen und langwierige Genehmigungsverfahren wird das Bauen immer teurer. Nur wer günstig baut, kann auch günstig vermieten.«
Auch der Präsident des Immobilienverbands Deutschland (IVD), Dirk Wohltorf, kritisierte das Beschlusspapier. »Die Ausweitung des Wohnungsangebots, also der Bau von neuen Wohnungen, ist das einzig wirksame Mittel gegen Wohnungsknappheit und steigende Mieten. Geht es nach der SPD, wird dem Wohnungsneubau nun vollends der Hahn abgedreht. Das unbeirrte Weiterdrehen der mietrechtlichen Regulierungsspirale stößt all diejenigen vor den Kopf, die bauen wollen, aber nicht können«, sagte der IVD-Chef laut Mitteilung.
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