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Sorge wegen Emiraten als Gastgeber der Weltklimakonferenz

Sechs Monate vor der nächsten Weltklimakonferenz in Dubai beginnen die Vorverhandlungen. Die Frage ist vor allem: Klappt der Ausstieg aus fossilen Energien mit den Vereinigten Arabischen Emiraten?

UN-Klimakonferenz in Bonn
In Bonn haben sich Delegierte aus aller Welt zu zehntägigen Vorverhandlungen für die diesjährige Weltklimakonferenz in Dubai versammelt. Foto: Christoph Driessen
In Bonn haben sich Delegierte aus aller Welt zu zehntägigen Vorverhandlungen für die diesjährige Weltklimakonferenz in Dubai versammelt.
Foto: Christoph Driessen

Ein halbes Jahr vor der nächsten Weltklimakonferenz in Dubai wächst die Kritik an den Vereinigten Arabischen Emiraten als Gastgeber. »Da hat man den Bock zum Gärtner gemacht«, sagte Greenpeace-Chef Martin Kaiser der Deutschen Presse-Agentur zum Auftakt einer zehntägigen Vorbereitungskonferenz in Bonn.

David Ryfisch, Leiter Internationale Klimapolitik bei der Umweltschutzorganisation Germanwatch, warnte: »Alles deutet darauf hin, dass die Vereinigten Arabischen Emirate als kommende Präsidentschaft der Weltklimakonferenz versuchen werden, ihre Agenda zur Verlängerung des Zeitalters von Öl und Gas massiv voranzutreiben.«

Der Industrieminister der Emirate, Sultan Ahmed Al Jaber, teilte dagegen mit, sein Land wolle einen Konsens in strittigen Punkten herstellen. Sein Ziel sei ein ebenso »ausgewogenes wie ehrgeiziges Ergebnis« der Konferenz vom 30. November bis zum 12. Dezember in Dubai.

Progressive Allianz versus Erdöl exportierende Staaten?

Umweltschutzorganisationen halten es für dringend nötig, dass sich progressive Staaten während der bis zum 15. Juni dauernden Zwischenkonferenz in Bonn zu einer progressiven Allianz zusammenschließen, um den Erdöl exportierenden Staaten in Dubai etwas entgegenzusetzen.

Die Bundesregierung arbeitet nach eigenen Angaben an einer solchen Allianz. »In den kommenden zwei Wochen werden wir gemeinsam mit der EU daran arbeiten, eine breite Koalition für eine ambitionierte globale Klimapolitik aufzubauen, damit wir in Dubai wegweisende Entscheidungen treffen können«, kündigte die Staatssekretärin und Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik, Jennifer Morgan, an.

»Wir schlafwandeln auf einen Abgrund zu«

Morgan erinnerte an den im März veröffentlichten Bericht des Weltklimarats (IPCC). Das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, ist nach diesem Bericht praktisch schon unmöglich: Die 1,5 Grad können demnach sogar bereits in der ersten Hälfte der 2030er Jahre überschritten werden, die Erwärmung liegt derzeit schon bei 1,1 Grad. Morgan sagte, der IPCC-Bericht habe »mit brutaler Klarheit« gezeigt: »Als Weltgemeinschaft schlafwandeln wir auf einen Abgrund zu.«

Greenpeace-Chef Kaiser sagte, in Deutschland falle hingegen auf, dass die Klimakrisenleugner und -skeptiker in der Diskussion um das Heizungsgesetz auf Zeit spielten. »Sie sagen ständig: «Lasst uns mal nicht so schnell machen, das überfordert die Leute.» Das ist verheerend, denn die Weichen müssen jetzt gestellt werden. Klimakatastrophen wie die im Ahrtal rücken schnell in den Hintergrund der öffentlichen Aufmerksamkeit. Doch Verdrängung bringt nichts. Wir müssen raus aus der fossilen Verbrennung«, forderte Kaiser.

Die Veränderungen, die den reichen Europäern zugemutet würden, seien dabei nichts im Vergleich zu dem, was derzeit zum Beispiel die Menschen in der südlichen Sahara erlebten. »Die haben kein Trinkwasser mehr und kämpfen ums Überleben«, so Kaiser. Michael Kühn von der Welthungerhilfe sagte, der Klimawandel bedrohe die Lebensgrundlagen von Milliarden Menschen weltweit und verschärfe den Hunger vor allem in ländlichen Gebieten. Vielfach bewältigten Kleinbauern im globalen Süden Extremwetterereignisse wie Dürren oder Überflutungen, indem sie mehr arbeiteten, Ersparnisse einsetzten, ihr Vieh verkauften und sich verschuldeten. »Für viele Menschen in der ganzen Welt ist es eine Überlebensfrage, dass wir die Erwärmung unseres Planeten auf 1,5 Grad begrenzen«, sagte UN-Klima-Chef Simon Stiell in Bonn.

© dpa-infocom, dpa:230604-99-940457/5