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Sonderermittlung in Bidens Geheimunterlagen-Affäre

Der US-Präsident hat Geheimunterlagen in seiner Garage und privaten Büroräumen gelagert. Da die Situation politisch heikel ist, legt Bidens Justizminister die Untersuchungen in externe Hände.

Joe Biden
Die Situation ist für US-Präsident Biden politisch äußerst heikel, denn mit einem ähnlich Fall hatte sein Vorgänger Trump zuvor für einen Skandal gesorgt. Foto: Andrew Harnik
Die Situation ist für US-Präsident Biden politisch äußerst heikel, denn mit einem ähnlich Fall hatte sein Vorgänger Trump zuvor für einen Skandal gesorgt.
Foto: Andrew Harnik

Ein unabhängiger Sonderermittler soll den Fund diverser Geheimunterlagen in Privaträumen von US-Präsident Joe Biden aus seiner Zeit als Vize untersuchen. Dies sei im öffentlichen Interesse, sagte US-Justizminister Merrick Garland bei einem kurzfristig anberaumten Auftritt in Washington.

Garland wurde als Justizminister von Biden ausgesucht und lagert die politisch heiklen Untersuchungen nun aus - wie zuvor in einem ähnlichen Fall des früheren Präsidenten Donald Trump. Die Untersuchungen zu Biden sollen von dem Juristen Robert Hur geleitet werden.

In den vergangenen Tagen war bekannt geworden, dass Verschlusssachen aus Bidens Zeit als Vize an verschiedenen Orten entdeckt wurden. Dazu zählen private Büroräume in der US-Hauptstadt Washington sowie das Haus Bidens in Wilmington im US-Bundesstaat Delaware. Die erste Tranche war bereits Anfang November entdeckt worden - kurz vor den wichtigen Kongresswahlen in den USA, die nur wenige Tage später am 8. November stattfanden. Das Weiße Haus betont, Bidens Anwälte hätten umgehend das Nationalarchiv informiert, das für die Aufbewahrung solcher Dokumente zuständig ist. Die Öffentlichkeit erfuhr aber erst vor wenigen Tagen davon, als Medien über den delikaten Fund berichteten.

Unterlagen auch in Bidens Haus

Als Reaktion auf die erste Entdeckung beim Ausräumen der privaten Büroräume in Washington sollen Mitarbeiter des US-Präsidenten nach weiteren Unterlagen gesucht haben und schließlich in dessen Haus fündig geworden sein, erklärte Bidens Sonderberater Richard Sauber. Neben einem Fund in einer Garage gab Sauber auch bekannt, ein weiteres Dokument sei in einem angrenzenden Raum zwischen gelagerten Materialien entdeckt worden. Biden sprach von seiner »persönlichen Bibliothek«.

Garland legte nun weitere Details zu dem zeitlichen Ablauf offen: Das Justizministerium sei am Abend des 4. November vom Nationalarchiv über den ersten Fund von Unterlagen im privaten Büro des früheren Vizepräsidenten im Penn Biden Center in Washington informiert worden. »Dieses Büro war nicht für die Aufbewahrung von Verschlusssachen zugelassen«, betonte Garland. Daraufhin hätten bei der Bundespolizei FBI und im Justizministerium erste Ermittlungen begonnen.

Bereits am 20. Dezember habe Bidens Team das Justizministerium dann über den Fund weiterer Verschlusssachen in der Garage von Bidens Haus in Wilmington informiert - ebenfalls aus dessen Zeit als Vizepräsident, sagte Garland weiter. Am Donnerstag habe das Ministerium von dem weiteren gefundenen Dokument erfahren.

Sonderermittler Hur einst von Trump für Posten nominiert

Garland sagte, er habe bereits vor einigen Tagen auf Basis der bisherigen Nachforschungen entschlossen, einen Sonderermittler einzusetzen. In den vergangenen Tagen sei dieser schließlich ausgesucht worden.

Der 50 Jahre alte Hur arbeitete in der Vergangenheit für das Justizministerium - etwa zu den Themen Terrorismusbekämpfung und Unternehmensbetrug. Er war später unter anderem Staatsanwalt im US-Bundesstaat Maryland. Hur wurde für diese Position von dem damaligen Präsidenten Donald Trump nominiert. Zuletzt arbeitete er als Anwalt für eine Kanzlei in Washington.

Für Biden ist die Situation politisch äußerst heikel, denn mit einem ähnlich Fall hatte sein republikanischer Vorgänger Trump im Sommer für einen Skandal gesorgt. Trump hatte bei seinem Auszug aus dem Weißen Haus im großen Stil Regierungsdokumente mit in sein privates Anwesen Mar-a-Lago in Florida genommen, darunter etliche Dokumente mit höchster Geheimhaltungsstufe. Die Bundespolizei FBI hatte das Anwesen im August durchsucht und diverse Verschlusssachen beschlagnahmt. Trump könnte sich strafbar gemacht haben.

Sonderermittler steht für Unabhängigkeit

In Trumps Fall hatte Garland ebenfalls besondere Umstände geltend gemacht und den Juristen Jack Smith als Sonderermittler eingesetzt. Dieser befasst sich zum einen mit den Untersuchungen im Zusammenhang mit geheimen Regierungsdokumenten. Er kümmert sich aber auch um Untersuchungen zur Attacke auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021.

In bestimmten außergewöhnlichen Fällen liege es im öffentlichen Interesse, einen Sonderermittler zu ernennen, der die Untersuchungen unabhängig leite, hatte Garland damals gesagt. Ein bedeutender Grund für die Einsetzung war, dass Trump kurz zuvor eine erneute Präsidentschaftsbewerbung verkündet hatte. Auch Biden hat bisher immer wieder die allgemeine Absicht erklärt, erneut anzutreten. Eine endgültige Entscheidung hat er noch nicht öffentlich gemacht.

Der Demokrat Biden hatte das Verhalten seines Vorgängers damals als »unverantwortlich« gewertet. Trump wiederum hatte das Vorgehen des von Biden eingesetzten Justizministers scharf kritisiert und geht den Sonderermittler Smith immer wieder verbal an. Nach den Enthüllungen über Bidens Umgang mit Geheimunterlagen hatten prominente Republikaner auch hier die Einsetzung eines Sonderermittlers gefordert. Die Republikaner hatten Biden und seiner Regierung auch vorgeworfen, mit zweierlei Maß zu messen und im Umgang mit Trump zu übertreiben.

Das unterscheidet Bidens und Trumps Fall

Auch wenn sich die Fälle von Trump und Biden auf den ersten Blick sehr ähneln, gibt es bedeutende Unterschiede. Bidens Team hat die Entdeckungen eigenen Angaben zufolge sofort dem Nationalarchiv gemeldet und die Unterlagen weitergegeben. Anders als nun bei Biden war in Trumps Fall ein Streit mit dem Nationalarchiv vorausgegangen. Es versuchte monatelang erfolglos, von Trump Papiere aus dessen Amtszeit zu bekommen. Trumps Team hatte dem Nationalarchiv schließlich Dokumente übergeben - aber längst nicht alle, wie sich bei einer Durchsuchung durch die Bundespolizei FBI im August herausstellte.

© dpa-infocom, dpa:230112-99-188040/11