Ein Sonderermittler übernimmt die laufenden Untersuchungen gegen Ex-Präsident Donald Trump. US-Justizminister Merrick Garland verkündete am Freitag in Washington, dass der erfahrene Staatsanwalt Jack Smith die Ermittlungen ab sofort beaufsichtigen werde.
Wegen der Ankündigung Trumps, 2024 wieder zu kandidieren, und der bekundeten Absicht von Präsident Joe Biden, dies ebenfalls zu tun, liege ein »öffentliches Interesse« vor, das die Einsetzung eines Sonderermittlers rechtfertigte, argumentierte Garland. Der 79-jährige Biden erwägt eine Kandidatur, hat sich offiziell aber noch nicht entschieden.
Trump bezeichnet Schritt als »erbärmlich«
Die Ernennung des Sonderermittlers unterstreiche, dass das Justizministerium in besonders sensiblen Angelegenheiten der Unabhängigkeit verpflichtet sei, betonte Garland. Trump bezeichnete den Schritt auf seiner Online-Plattform Truth Social als »erbärmlich«. Später nannte er die Ermittlungen bei einem Auftritt eine »Hexenjagd« und einen »Angriff auf die größte politische Bewegung in unserem Land«.
Die Sprecherin des Weißen Hauses betonte am Freitagnachmittag (Ortszeit) in Washington: »Wie Sie wissen, trifft das Justizministerium die Entscheidungen über seine strafrechtlichen Ermittlungen unabhängig. Wir sind nicht beteiligt.« US-Präsident Joe Biden sei auch nicht im Voraus über die Einsetzung informiert worden. Sie wies damit den Vorwurf zurück, dass es sich um ein politisch motiviertes Vorgehen handle. Trump kritisiert die Ermittlungen insgesamt als politisch motiviert und wettert seit langem, es handele sich lediglich um einen Versuch seiner Gegner, ihn an einem Wiedereinzug ins Weiße Haus zu hindern.
Doppelaufgabe für Staatsanwalt
Der Jurist Jack Smith soll sich zum einen mit den Untersuchungen im Zusammenhang mit geheimen Regierungsdokumenten befassen, die Trump nach dem Ausscheiden aus dem Amt in seinem Privatanwesen Mar-a-Lago aufbewahrte. Die Bundespolizei FBI hatte das Anwesen in Florida im August durchsucht und diverse Verschlusssachen beschlagnahmt, einige mit höchster Geheimhaltungsstufe. Dadurch, dass Trump die Unterlagen lange nach seinem Abschied aus dem Amt in seinem Privathaus aufbewahrte, könnte er sich strafbar gemacht haben. Noch ist offen, ob Trump am Ende angeklagt werden könnte.
Zum anderen soll sich der Sonderermittler um Teile der Ermittlungen zur Attacke auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 kümmern. Nach einer aufhetzenden Trump-Rede hatten Anhänger des Republikaners an jenem Tag gewaltsam den Kongresssitz in Washington erstürmt. Sie wollten damals verhindern, dass der Kongress Bidens Wahlsieg offiziell macht. Ein Untersuchungsausschuss im Kongress arbeitete die Attacke über Monate auf. Diverse Zeugen dort belasteten Trump mit ihren Aussagen schwer. Auch das Justizministerium führt seit langem umfangreiche Ermittlungen zu der Attacke und deren Beteiligten. Unklar ist aber noch, ob das Ministerium auch den Ex-Präsidenten wegen seiner Rolle dabei belangen könnte.
Erfahrener Ermittler mit Station in Den Haag
Smith ist ein erfahrener Staatsanwalt mit diversen beruflichen Stationen in den USA und im Ausland. Von 2008 bis 2010 arbeitete er am internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, wo er Ermittlungen zu Kriegsverbrechen beaufsichtigte. Ab 2010 leitete er im US-Justizministerium ein Team von Staatsanwälten, die Fälle von öffentlicher Korruption und Wahlvergehen bearbeiteten. Zuletzt war Smith als Ankläger an einem Sondergericht in Den Haag tätig, das mit der Untersuchung und Verurteilung von Kriegsverbrechen im Kosovo beauftragt ist.
Er versicherte nach der Nominierung, er werde die Ermittlungen und die sich daraus ergebenden Strafverfolgungsmaßnahmen »unabhängig und in der besten Tradition des Justizministeriums« führen. Die Untersuchungen würden unter seiner Aufsicht weder pausieren noch an Tempo nachlassen. »Ich werde ein unabhängiges Urteil fällen und die Ermittlungen zügig und gründlich vorantreiben«, ausgerichtet allein an dem, was die Fakten und das Gesetz vorgäben.
Trump hatte am Dienstagabend (Ortszeit) bei einem Auftritt in seinem Anwesen in Florida bekanntgegeben, ins Rennen um die Kandidatur der Republikaner bei der Präsidentenwahl 2024 zu gehen. Er ist damit der erste, der eine offizielle Präsidentschaftsbewerbung verkündet hat. Biden hat zwar mehrfach betont, er habe generell die Absicht, für eine zweite Amtszeit zu kandidieren. Eine konkrete Entscheidung dazu hat er bislang aber noch nicht gefällt, sondern für den Jahresbeginn in Aussicht gestellt. Vorher wolle er mit seiner Familie beraten.
© dpa-infocom, dpa:221119-99-578142/4