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So will die Regierung vor Extremwetter schützen

Mehr Bäume, mehr begrünte Dächer: Die Bundesregierung will Deutschland an die Folgen des Klimawandels anpassen und das per Gesetz regeln. Was bedeutet das für die Städte und Kommunen?

Niedrigwasser
Eine Sandbank ist im Elbestrom in Magdeburg zu sehen. Dürren gehören zu den Folgen des Klimawandels. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/DPA
Eine Sandbank ist im Elbestrom in Magdeburg zu sehen. Dürren gehören zu den Folgen des Klimawandels.
Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/DPA

Dürren und Waldbrände oder Starkregen und Fluten: Die Klimakrise hat bereits jetzt weitreichende Folgen für Umwelt, Natur, Wirtschaft und Gesundheit. Die Bundesregierung will Deutschland künftig mit einem Klimaanpassungsgesetz besser auf die Auswirkungen des Klimawandels vorbereiten. Dieses enthält auch Maßnahmen, die von Ländern und Kommunen umgesetzt werden sollen. Ein Überblick.

Was ist Klimaanpassung?

Bei der Klimaanpassung wird Vorsorge getroffen vor Folgen des Klimawandels, die sich nicht mehr vermeiden lassen. Also zum Beispiel besser auf Wetterextreme wie Dürren, Starkregen oder Hitzephasen vorbereitet zu sein sowie Risiken zu minimieren und Schäden zu vermeiden.

Konkret heißt das zum Beispiel möglichst wenige Flächen zu versiegeln, damit das Regenwasser abfließen kann und es nicht zu Überschwemmungen kommt. Oder deutlich mehr Schattenplätze in Städten zu schaffen, um die Menschen - insbesondere vulnerable Gruppen wie Ältere - vor Hitze und zu viel UV-Strahlung zu schützen.

Warum braucht es dieses Gesetz?

Schon jetzt hat sich die Erde um etwa 1,1 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit aufgeheizt, in Deutschland sind es sogar 1,6 Grad. Nach Ansicht des Präsidenten des Umweltbundesamts, Dirk Messner, lässt sich der Klimawandel nicht mehr komplett stoppen.

»Wir werden den Klimawandel nur noch begrenzen können. Die globalen Temperaturen werden wahrscheinlich um über zwei Grad ansteigen, wenn wir uns nicht radikal verbessern. Deswegen ist Klimaanpassung mittlerweile ein ebenso wichtiges Stichwort wie der Klimaschutz selbst«, sagte Messner.

Extremwetterereignisse sorgen bereits jetzt für große Zerstörungen, wie die Flutkatastrophe im Westen Deutschlands vor rund zwei Jahren. Dabei waren allein in Rheinland-Pfalz mindestens 136 Menschen ums Leben gekommen. Im benachbarten Nordrhein-Westfalen starben 49 Menschen. Eine Studie im Auftrag der Bundesregierung hatte ergeben, dass diese Schäden mehr als 40 Milliarden Euro verursacht haben. Auf Deutschland könnten durch die Erderwärmung bis 2050 Kosten von bis zu 900 Milliarden Euro zukommen.

Was ist der Kern des Gesetzes?

Bis Ende 2024 will die Bundesregierung eine Anpassungsstrategie mit messbaren Zielen vorlegen. Das wäre noch bevor der nächste Bundestag gewählt wird. Außerdem sollen die Bundesländer verpflichtet werden, ebenfalls eigene Anpassungsstrategien zu erarbeiten. Einige Bundesländer haben dies bereits.

Wichtiger Aspekt des Gesetzentwurfes ist das Berücksichtigungsgebot - demnach soll künftig beim Planen und Entscheiden immer auch geschaut werden, welche Auswirkungen des Klimawandels dabei zu beachten sind. Also beispielsweise vor dem Bau von Gebäuden zu beachten, ob dort Überschwemmungen drohen könnten.

Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Sascha Müller-Kraenner, wünscht sich da jedoch noch präzisere Formulierungen. Einige Bereiche »müssen wir noch ein bisschen unterfüttern«, sagte er der dpa. So müsse das Berücksichtigungsgebot nicht nur für Grundstücke des Bundes, sondern beispielsweise auch für den privaten Sektor gelten.

Wer ist betroffen?

Die Klimaanpassung ist zum großen Teil Aufgabe der Bundesländer. Daher kann die bundesweite Strategie nur einen Rahmen geben. Auch den Kommunen kommt bei der Klimaanpassung eine zentrale Rolle zu. Schließlich liegen Straßen, Kanalisation, öffentliche Gebäude oder Krankenhäuser oftmals in kommunaler Hand.

Was kostet das?

Billig wird es nicht, das steht fest. Der Deutsche Städtetag verweist auf die Notwendigkeit erheblicher Investitionen - und forderte mehr Unterstützung. »Bund und Länder schätzen den Finanzbedarf für Klimaanpassungsmaßnahmen in Ländern und Kommunen bis 2030 auf insgesamt 55 Milliarden Euro und den Personalbedarf für die Umsetzung auf 16 200 Stellen«, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy. »Mit den bestehenden Förderprogrammen ist es unmöglich, diese nötigen Maßnahmen flächendeckend umzusetzen. Bund und Länder müssen deshalb mehr Verantwortung übernehmen.«

Wer zahlt es?

Die Finanzierung ist ein Knackpunkt des Gesetzes. Denn der Bund kann Kommunen nicht direkt finanzieren, das geht bislang nur bei Modellprojekten. Doch Maßnahmen zur Klimaanpassung - wie beispielsweise eine Deichrückverlegung - kann schon mal 20 Jahre dauern. Auch wenn das Gesetz selbst 2024 in Kraft treten soll, könnte eine Finanzierung daher erst in der nächsten Legislaturperiode klar sein.

Das Bundesumweltministerium bestätigt der dpa, dass den Kommunen bislang eine verlässliche Finanzierung für ihre Klimaanpassung fehlt. Doch die Aufgabe sei »zu umfangreich und herausfordernd, als dass sie ohne Hilfe des Bundes bewältigt werden könnte - sowohl, was die Finanzierung, aber auch was die überregionale Koordinierung von Maßnahmen angeht«, sagte ein Sprecher. Wie eine dauerhafte gemeinsame Finanzierung von Klimaanpassung durch Bund und Länder gelingen kann, werde mit der Umweltministerkonferenz diskutiert.

© dpa-infocom, dpa:230713-99-392767/2