Nikki Haley und Ron DeSantis, einst erbitterte politische Gegner Donald Trumps, haben sich auf dem Parteitag der Republikaner demonstrativ hinter den Präsidentschaftskandidaten gestellt und zur Geschlossenheit aufgerufen. »Donald Trump hat meine volle Unterstützung«, sagte Haley.
Sie wurde mit einer Mischung aus Jubel und Buhrufen empfangen - das Publikum applaudierte allerdings euphorisch, als Haley gleich zu Beginn Trump den Rücken stärkte. Mit der Unterstützung der einstigen Top-Rivalen schließen die Republikaner zunehmend die eigenen Reihen - im Gegensatz zu den Demokraten, bei denen es eine interne Revolte gegen den Spitzenmann Joe Biden gibt.
Trump hörte beim Parteitag persönlich den Reden seiner einstigen Konkurrenz zu. An seinem rechten Ohr trug der 78-Jährige nach dem Attentat vom Wochenende erneut einen weißen Verband. Er wirkte am zweiten Tag des Parteispektakels deutlich fitter als am ersten, reckte mehrmals seine Faust in die Höhe und zeigte mit dem Finger in die jubelnde Menge. Die drängelte sich vor der Tribüne, um einen Blick aus nächster Nähe zu erhaschen.
Für Trump ist der demonstrative öffentliche Beistand seiner einstigen Konkurrenten beim Parteitag ein großer Erfolg. Sowohl DeSantis als auch Haley hatten zwar bereits vorher ihre Unterstützung kundgetan. Von ihrem Auftritt beim Parteitag in Milwaukee dürfte aber eine besondere Signalwirkung ausgehen - als Zeichen neuer Einheit in der Partei, nachdem es auch dort in den vergangenen Monaten heftige interne Kämpfe gegeben hatte.
»Wir haben ein Land zu retten«
Haley richtete sich in ihrer Rede an Trump-Skeptiker. »Wir sollten anerkennen, dass es einige Amerikaner gibt, die nicht zu hundert Prozent mit Donald Trump übereinstimmen. Ich kenne zufällig einige von ihnen, und ich möchte heute Abend zu ihnen sprechen«, sagte sie. Auch sie gehöre dazu, sagte die einstige Gouverneurin des US-Bundesstaats South Carolina. Sie betonte aber: »Ich bin heute Abend hier, weil wir ein Land zu retten haben, und eine geeinte Republikanische Partei ist unerlässlich, um es zu retten.«
Trumps frühere US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen hatte sich bei den internen Vorwahlen der Republikaner um die Präsidentschaftskandidatur ein wochenlanges Duell mit Trump geliefert, war jedoch chancenlos und gab sich schließlich geschlagen. Unmittelbar nach ihrem Ausstieg verzichtete Haley zunächst demonstrativ darauf, Trump ihre Unterstützung auszusprechen.
Haley hatte im Vorwahlkampf Trumps geistige Eignung für das Präsidentenamt infrage gestellt. Trump wiederum überzog die Tochter indischer Einwanderer mit rassistischen Kommentaren. Die Beziehung zwischen Trump und Haley galt als so schlecht, dass der demokratische US-Präsident Biden nach Haleys Rückzug um ihre Unterstützung warb und ihren Mut lobte, gegen Trump aufzustehen. Bidens Wahlkampfteam erinnerte parallel zu Haleys Auftritt spottend daran, dass die 52-Jährige Trump zuvor für das höchste Amt im Staat als ungeeignet eingestuft habe.
Die Kritik von damals war bei ihrem Auftritt weit weg. Haley lobte stattdessen sogar Trumps Außenpolitik. Kremlchef Wladimir Putin habe die Ukraine während Trumps Präsidentschaft nicht angegriffen, weil er gewusst habe, dass der Republikaner stark sei, rief sie in die Menge. Im Vorwahlkampf hatte sie Trump noch eine besondere Nähe zu Putin oder Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un vorgeworfen.
»Schicken wir Joe Biden zurück in seinen Keller«
Auch DeSantis hatte es auf die Präsidentschaftskandidatur seiner Partei abgesehen, war aber schon nach der Vorwahl in Iowa im Januar aus dem Rennen ausgestiegen. Anders als Haley sprach er Trump damals sofort seine Unterstützung aus. Aber das Verhältnis zwischen Trump und dem Gouverneur aus Florida galt auch weiterhin als gestört - sie waren sich im Vorwahlkampf ebenfalls heftig angegangen. »Schicken wir Joe Biden zurück in seinen Keller und Donald Trump zurück ins Weiße Haus«, sagte DeSantis nun unter großem Jubel in Milwaukee.
Auf dem Parteitag wurde noch einmal besonders deutlich, wie sehr Trump die gesamte Partei im Griff hat. »Alle scharen sich um dieselbe Person. Es ist sehr beruhigend, diese Einigkeit zu sehen«, sagte der Delegierte Bill Swenson aus dem Bundesstaat Nebraska.
Trump war am Montag zu Beginn des Parteitags offiziell zum Präsidentschaftskandidaten seiner Partei ernannt worden und wird nach jetzigem Stand bei der Präsidentenwahl im November gegen den demokratischen Amtsinhaber Biden antreten. Trumps Nominierung war eine Formalie, Trump hatte bereits bei den Vorwahlen die nötigen Delegiertenstimmen gewonnen. Seine große Rede wird er in der deutschen Nacht zu Freitag halten.
»Trump Vance«-Schilder schon im Einsatz
Trump geht mit dem Senator und Bestseller-Autor J.D. Vance als Vizepräsidentschaftskandidat ins Rennen. Der 39-Jährige wurde in Milwaukee bejubelt. Als er in die Halle kam, lief der Countrysong »America First«. Die Menschen hielten Schilder mit der Aufschrift »Trump - Vance« in die Höhe. Dem Trump-Getreuen und Scharfmacher Vance wird nachgesagt, sich besonders gut mit Trumps Sohn Don Jr. zu verstehen. Bei einer Bühnenprobe scherzten die beiden vertraut miteinander. Trumps Ehefrau Melania und Tochter Ivanka traten dagegen bislang nicht öffentlich auf.
Der Ex-Präsident war bei einem Attentat am Wochenende während einer Wahlkampfveranstaltung am Ohr verletzt worden. Ein Trump-Anhänger kam ums Leben, zwei weitere wurden verletzt. Der Schütze wurde erschossen. Der Vorfall war eine Eskalation im ohnehin schon aufgeheizten US-Wahlkampf.
Chaos bei den Demokraten
Während die Republikaner in Milwaukee Geschlossenheit demonstrieren, bahnt sich vor dem Nominierungsparteitag der Demokraten im August Ärger an. Denn mitten in der Diskussion über das Alter und die Fitness Bidens treibt die Spitze seiner Partei Pläne voran, um den 81-Jährigen noch vor der Parteiversammlung in Chicago auf virtuellem Weg als Präsidentschaftskandidat zu nominieren. Unter Demokraten im Kongress gibt es Kritik an diesem Vorgehen. Biden steht derzeit wegen regelmäßiger Aussetzer und peinlicher Patzer massiv unter Druck aus den eigenen Reihen. Diverse Parteikollegen forderten ihn in den vergangenen Wochen auf, sich aus dem Präsidentschaftsrennen zurückzuziehen.
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