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Sieben Tote bei Terroranschlag auf Synagoge in Jerusalem

Es ist Schabbat, die Menschen kommen am Abend gerade aus der Synagoge im Ostteil Jerusalems, als ein Angreifer das Feuer auf sie eröffnet. Es ist einer der schwersten Anschläge in Israel seit langem.

Schüsse bei Synagoge
In einer israelischen Siedlung in Ost-Jerusalem sind mehrere Menschen durch Schüsse getötet worden. Foto: Mahmoud Illean
In einer israelischen Siedlung in Ost-Jerusalem sind mehrere Menschen durch Schüsse getötet worden.
Foto: Mahmoud Illean

Bei einem Terroranschlag auf Besucher einer Synagoge in einer israelischen Siedlung in Ost-Jerusalem sind nach Angaben der Polizei sieben Menschen erschossen worden. Drei weitere wurden verletzt, wie die israelische Polizei am späten Freitagabend mitteilte. Der Attentäter hatte das Feuer in dem Moment eröffnet, als die Menschen das Gotteshaus nach dem Schabbat-Gebet verließen. Der Mann wurde den Angaben zufolge erschossen, als er fliehen wollte. Nach ersten Erkenntnissen handelte es sich um einen 21-Jährigen aus Ost-Jerusalem.

Jerusalem war in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Schauplatz schwerer Anschläge gewesen - insbesondere während des zweiten Palästinenseraufstandes Intifada zwischen 2000 und 2005. Zuletzt wurden im vergangenen November bei Bombenanschlägen an zwei Bushaltestellen ein Jugendlicher getötet und mindestens 18 weitere Menschen verletzt.

Der Sprecher des US-Außenministeriums, Vedant Patel, sprach von einer »absolut entsetzlichen« Tat und verurteilte den »offensichtlich terroristischen Anschlag aufs Schärfste«. Der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, sprach auf Twitter von einem »bösen Terrorakt gegen Juden am Holocaust-Gedenktag«. »Mein Mitgefühl gilt den Familien der ermordeten Opfer, und ich bete für die Gesundheit der Verletzten.« Grünen-Chef Omid Nouripour schrieb: »Ein Terrorangriff in der Nähe einer Synagoge am Gedenktag des Holocaust ist an Grausamkeit nicht zu übertreffen.«

Lage deutlich verschärft

Die Sicherheitslage in Israel und den palästinensischen Gebieten hatte sich in den vergangenen Tagen deutlich zugespitzt. Militante Palästinenser im Gazastreifen und in größeren Städten im Westjordanland hielten am Freitagabend kurz nach dem Terroranschlag Freudenfeiern ab. Augenzeugen berichteten, wie Militante in die Luft schossen und auf die Straßen strömten.

Im Westjordanland und Ost-Jerusalem leben heute mehr als 600.000 israelische Siedler. Die Palästinenser beanspruchen die Gebiete für einen unabhängigen Staat Palästina mit dem arabisch geprägten Ostteil Jerusalems als Hauptstadt.

Ein Sprecher der im Gazastreifen herrschenden, radikalislamischen Hamas teilte mit, der Anschlag sei »eine Vergeltung für den Überfall der israelischen Armee auf das Flüchtlingslager Dschenin am Donnerstag«. Bei einem Feuergefecht mit israelischen Soldaten in der Stadt waren neun Palästinenser getötet und 20 weitere verletzt worden. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Betselem war es der tödlichste Militäransatz in dem Gebiet seit mehr als 20 Jahren.

In der Nacht auf Freitag feuerten daraufhin verbündete militante Gruppen aus dem Gazastreifen mindestens sieben Raketen auf Israel ab. Israelische Kampfflugzeuge zerstörten danach in der Küstenenklave unter anderem eine unterirdische Raketen-Produktionsstätte.

Droht eine neue Eskalation?

Die Gewaltspirale schürt Befürchtungen vor einer weiteren Eskalation der ohnehin schon angespannten Sicherheitslage. »Wir bewegen uns auf einem ganz schmalen Grat«, sagte Michael Kobi vom israelischen Institut für Nationale Sicherheitsstudien (INSS) der Deutschen Presse-Agentur. Die Dynamik könne nicht mehr vollständig kontrolliert werden und jederzeit kippen. Bedenklich sei vor allem, dass sich immer mehr junge Palästinenser dem Aufstand anschließen und bereit seien, zu kämpfen - und zu sterben. »Sie sind frustriert und bereit, alles zu tun, um ihre aktuelle Situation zu verändern.«

Die Stadt Dschenin liegt keine 80 Kilometer Luftlinie von Jerusalem entfernt und gehört zu den allein von der Palästinensischen Autonomiebehörde kontrollierten Zonen. Die Stadt gilt als Hochburg militanter Palästinenser. Diese sind eng mit Gruppierungen im Gazastreifen verknüpft. Der vom Iran finanzierte Islamische Dschihad ist dort hauptsächlich aktiv und greift Israel von der Küstenenklave regelmäßig mit Raketen an. Ob die Organisation für die Raketenangriffe am Freitag verantwortlich ist, war zunächst unklar.

Ägypten und Katal bemühen sich um Deeskalation

Berichten aus dem Gazastreifen zufolge bemühten sich Ägypten und der Golfstaat Katar am Donnerstag und Freitag unter Hochdruck, eine weitere Eskalation zu vermeiden. Auch aus den USA kamen bereits Forderungen zur Deeskalation. Kommende Woche wird US-Außenminister Antony Blinken in der Region erwartet. Dabei stehen auch Gespräche mit den israelischen und palästinensischen Führungen an. Ein Sprecher des US-Außenministeriums teilte mit, alle Parteien müssten zusammenarbeiten, um weitere Todesfälle zu verhindern.

Die Kooperation mit Israel in Sicherheitsfragen kündigte die Palästinensische Autonomiebehörde am Donnerstagabend bereits auf. Als Grund nannte die Behörde einseitige Schritte und Maßnahmen Israels im Westjordanland sowie die Vorfälle in Dschenin. Ähnliche Ankündigungen hatte die Autonomiebehörde schon bei früheren Gelegenheiten gemacht - sie wurden allerdings de facto nicht umgesetzt.

Seit fast einem Jahr kommt es im Westjordanland beinahe täglich zu tödlichen Konfrontationen zwischen israelischen Sicherheitskräften und Palästinensern. Seit einer Serie von Anschlägen, die Palästinenser im Frühjahr verübt haben, unternimmt Israels Armee dort vermehrt Razzien. Allein in diesem Jahr wurden in dem Zusammenhang oder bei eigenen Anschlägen rund 30 Palästinenser getötet, unter ihnen fünf Jugendliche.

© dpa-infocom, dpa:230126-99-362580/24