Der senegalesische Präsident Macky Sall hat nach langen Spekulationen und blutigen Protesten eine Kandidatur für eine umstrittene dritte Amtszeit ausgeschlossen. »Meine lange und reiflich überlegte Entscheidung ist, bei der nächsten Wahl am 25. Februar 2024 nicht zu kandidieren«, sagte der 61-Jährige, der die westafrikanische Mehrparteiendemokratie seit 2012 regiert, gestern Abend in einer vom Fernsehen übertragenen Rede an die Nation. »Ich weiß, dass diese Entscheidung viele überraschen wird«, sagte Sall. »Der Senegal ist größer als meine Person und er wird Führer haben, die ebenfalls in der Lage sind, das Land zum Aufschwung zu führen.«
Sall beendete damit jahrelange Spekulationen darüber, ob er trotz einer unter ihm verabschiedeten Beschränkung auf zwei Amtszeiten von je fünf Jahren 2024 erneut antreten würde. Anfang Juni waren nach einer Verurteilung des Oppositionsführers Ousmane Sonko zu einer Haftstrafe in einem Missbrauchsprozess die schwersten Unruhen seit Jahrzehnten in dem Land mit rund 17 Millionen Einwohnern entbrannt.
Die Opposition beschuldigte den Staatschef, seinen aussichtsreichsten Herausforderer auszuschalten und an der Macht bleiben zu wollen. Mindestens 16 Menschen wurden getötet, Hunderte verletzt sowie Hunderte festgenommen. Die Regierung setzte die Armee auf den Straßen ein und sperrte zeitweise das mobile Internet. Die Behörden verboten seitdem alle Demonstrationen der Opposition in der Hauptstadt Dakar.
Der Senegal hat seit seiner Unabhängigkeit 1960 keinen Krieg oder gewaltsamen Umbruch erlebt. Sall ist der vierte Präsident des Landes an der Atlantikküste, das im Osten an den von Terrorismus und Instabilität heimgesuchten Sahelstaat Mali grenzt. Der Zentrumspolitiker Sall siegte 2012 in einer Stichwahl gegen seinen früheren Parteigenossen Abdoulaye Wade - gestützt von der Opposition, die eine umstrittene dritte Amtszeit Wades verhindern wollte.
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