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Selenskyj fordert Koalition für Ukraine wie im Fall Israel

Der ukrainische Präsident Selenskyj wünscht sich eine starke Flugabwehr für sein Land, wie sie Israel hat. Dabei richten sich seine Hoffnungen vor allem auf ein Treffen nächste Woche in Ramstein.

Wolodymyr Selenskyj
Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert vom Westen eine starke Flugabwehr für sein Land, wie sie Israel hat. (Archivbild) Foto: Efrem Lukatsky/DPA
Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert vom Westen eine starke Flugabwehr für sein Land, wie sie Israel hat. (Archivbild)
Foto: Efrem Lukatsky/DPA

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat angesichts der schwierigen militärischen Lage im Kampf gegen den russischen Angriffskrieg vom Westen eine entschlossenere Hilfe wie im Fall Israels gefordert. »Jedes Mal im Nahen Osten während der brutalen iranischen Angriffe sehen wir die Zusammenarbeit der internationalen Koalition«, sagte Selenskyj in seiner in Kiew veröffentlichten abendlichen Videoansprache. Er dankte allen Staaten, die dabei helfen, die ukrainische Flugabwehr zu stärken. Aber es sei mehr möglich.

»Und wir können eine noch größere Wirksamkeit erreichen. Wir können dem russischen Terror ein Ende setzen, indem wir Shahed-Drohnen abschießen, indem wir in Zusammenarbeit Raketen abschießen«, sagte Selenskyj mit Blick auf russische Angriffe auch nahe der Grenze von Nato-Mitglied Rumänien. Dort hätten die russischen Drohnen zivile Infrastruktur, einen Fährhafen, Lastwagen und eine Lagerhalle mit Getreide im Visier gehabt.

Es sei nötig, die Partner im Westen von jenen Schritten zu überzeugen, die die militärische Lage radikal und strategisch ändern können. Dafür brauche es Waffen mit großer Reichweite, sagte Selenskyj. Er fordert bereits seit Monaten vom Westen die Freigabe der Waffen für Angriffe auf Ziele weit im russischen Hinterland, um Moskau in dem Krieg zu schwächen. »Wir brauchen wirklich diese Entschlossenheit von unseren Partnern«, betonte er.

Verletzte nach Bombentreffer in Wohnviertel in Charkiw

Unterdessen wurden bei einem neuen russischen Bombenangriff auf das Wohnviertel Saltiwka im Norden der ostukrainischen Großstadt Charkiw mindestens zehn Menschen verletzt, darunter ein drei Jahre altes Kind. Die Bombe habe ein fünfstöckiges Wohngebäude getroffen, teilte der ukrainische Rettungsdienst in der Nacht bei Telegram mit. Dabei wurden den Angaben zufolge die Fassade und mehrere Wohnungen in den oberen Stockwerken schwer beschädigt. Es brach ein Brand aus. Auch mehrere Autos fingen demnach Feuer.

Selenskyj hatte am Abend im sozialen Netzwerk X ein Video von dem Vorfall veröffentlicht, auf dem unter anderem schwere Zerstörungen und ein brennendes Auto zu sehen waren. 

Rettungskräfte seien im Einsatz, um nach möglichen weiteren Betroffenen zu suchen, hieß es. »Damit solche russischen Angriffe aufhören, muss die Ukraine die erforderliche und vor allem ausreichende Unterstützung aus der Welt, von Partnern, erhalten«, sagte Selenskyj. Die Staatenführer wüssten genau, was zu tun ist und müssten noch entschlossener handeln, meinte er. 

Selenskyj: Schwierige Lage im Gebiet Donezk

Der Präsident räumte nach Gesprächen mit dem Oberkommandierenden der Streitkräfte, Olexander Syrskyj, erneut ein, dass die Lage besonders im Gebiet Donezk schwierig sei für das Militär. Zuvor hatte die ukrainische Armee den Verlust der strategisch wichtigen und seit langem umkämpften Stadt Wuhledar bestätigt.

Ukraine-Krieg - Wuhledar
Die seit langem umkämpfte strategisch wichtige Stadt Wuhledar im Osten der Ukraine ist nach Angaben beider Kriegsparteien unter russischer Kontrolle. (Archivbild) Foto: Evgeniy Maloletka/DPA
Die seit langem umkämpfte strategisch wichtige Stadt Wuhledar im Osten der Ukraine ist nach Angaben beider Kriegsparteien unter russischer Kontrolle. (Archivbild)
Foto: Evgeniy Maloletka/DPA

Der Präsident betonte in Kiew, dass nun auf allen Ebenen und in jedem Bereich Vorbereitungen getroffen würden, um in diesem Herbst noch maximale Ergebnisse zu erreichen. Am 12. Oktober ist ein großes Treffen der Ukraine-Unterstützergruppe im rheinland-pfälzischen Ramstein geplant. Die Ukraine will laut Selenskyj dort erklären, welche Chancen es noch gebe. Zudem informierte er über personelle Veränderungen beim Auslandsgeheimdienst, um diesen weiter zu stärken.

Selenskyj trifft erneut USAID-Chefin

Selenskyj traf in Kiew erneut die Leiterin der Behörde für internationale Entwicklung USAID, Samantha Power, mit der er erst Ende September in den USA Gespräche über den Wiederaufbau des Landes geführt hatte. Bei dem jetzigen Treffen sei es um die Stärkung des Energiesystems der Ukraine und um den Bau von Schutzbunkern für Schulkinder gegangen, teilte er auch im sozialen Netzwerk X mit. 

Viele Kinder lernen in Schulräumen unter der Erde wegen der russischen Bombardierungen. Die Ukraine braucht nach eigenen Angaben vor allem auch zur Vorbereitung auf den Winter Hilfe bei der Instandsetzung der nach russischen Angriffen zerstörten Energie-Infrastruktur.

»Wir wissen die gesamte Unterstützung der Vereinigten Staaten für die Ukraine - militärisch, politisch, wirtschaftlich und humanitär - sehr zu schätzen«, sagte Selenskyj bei dem Treffen mit Power. »Gemeinsam verteidigen wir nicht nur die Ukraine, sondern jede Nation, die in Freiheit, Demokratie und Frieden leben möchte.«

Selenskyj: Waffenproduktion wächst beachtlich

Nach einem Treffen mit Spitzenvertretern von Rüstungskonzernen in Kiew kündigte Selenskyj weitere Kooperationen mit den Unternehmen zur Stärkung des ukrainischen Verteidigungssektors an. Schon seit Beginn der russischen Invasion vor mehr als zweieinhalb Jahren habe die Waffenproduktion ein beachtliches Wachstum gezeigt, sagte er. 

»Wir brauchen ausländisches Fachwissen, Zugang zu Lieferketten und Technologie, um dieses Wachstum fortzusetzen«, sagte Selenskyj. Er hatte immer wieder angekündigt, das Land zu einem der führenden Waffenproduzenten der Welt machen zu wollen. Dagegen hat Russland das Kriegsziel genannt, das in die Nato strebende Nachbarland auch »entmilitarisieren« zu wollen.

Nach Selenskyjs Angaben waren Vertreter aus mehr als 30 Ländern und von fast 300 Unternehmen nach Kiew gekommen, um am zweiten internationalen Forum der Verteidigungsindustrie teilzunehmen. Die Ukraine hatte zuletzt vor allem ihre Drohnenproduktion deutlich ausgebaut, um auch Ziele auf russischem Staatsgebiet zu treffen. Dabei waren zuletzt immer wieder große russische Munitions- und Treibstoffdepots zerstört worden.

 

© dpa-infocom, dpa:241002-930-250423/3