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Selenskyj erklärt Waffenruhe für gescheitert

Putin hatte zur orthodoxe Weihnachtszeit eine Feuerpause angeordnet - die als zynische Propaganda-Geste kritisiert wurde. Die Kämpfe gehen derweil auf dem üblichen Niveau weiter.

Ukraine-Krieg
Ein Anwohner läuft an einem brennenden Haus in Cherson vorbei, das nach ukrainischen Angaben bei russischem Beschuss am orthodoxen Weihnachtsabend getroffen wurde. Foto: Libkos
Ein Anwohner läuft an einem brennenden Haus in Cherson vorbei, das nach ukrainischen Angaben bei russischem Beschuss am orthodoxen Weihnachtsabend getroffen wurde.
Foto: Libkos

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die von Kremlchef Wladimir Putin über das orthodoxe Weihnachtsfest deklarierte Feuerpause für gescheitert erklärt. »Die Welt konnte einmal mehr sehen, wie falsch Aussagen aus Moskau auf jeder Ebene sind«, sagte der 44-Jährige in seiner Videobotschaft am Samstagabend - kurz bevor der von Putin genannte Zeitraum der versprochenen Waffenruhe um 22.00 Uhr MEZ offiziell enden sollte.

»Sie haben irgendetwas von einem angeblichen Waffenstillstand gesagt, doch die Realität ist, dass russische Geschosse erneut Bachmut und andere ukrainische Positionen getroffen haben«, sagte Selenskyj weiter. »Wieder einmal hat sich bestätigt: Nur die Vertreibung der russischen Besatzer von ukrainischem Land und die Beseitigung aller Möglichkeiten Russlands, Druck auf die Ukraine und ganz Europa auszuüben, wird die Wiederherstellung von Waffenstillstand, Sicherheit und Frieden bedeuten.«

Kritik an Feuerpause als Propaganda-Geste

Putin hatte am Donnerstag einseitig eine 36-stündige Feuerpause angeordnet und als Begründung das Weihnachtsfest genannt, das viele orthodoxe Christen am 7. Januar feiern. Kiew lehnte den russischen Vorstoß von Anfang an als Heuchelei ab und auch viele internationale Beobachter sprachen von einer reinen Propaganda-Geste. Noch während die Waffenruhe offiziell in Kraft war, räumte Moskau ein, ukrainische Angriffe weiter zu erwidern. Ukrainischen Angaben zufolge starben zudem durch russischen Beschuss in der Stadt Bachmut im östlichen Gebiet Donezk zwei Zivilisten.

Auch britische Geheimdienste sprachen am Samstag von Kampfhandlungen in der Ukraine auf dem üblichen Niveau. Eine der am härtesten umkämpften Gegenden sei weiterhin die um die Stadt Kreminna in der Region Luhansk, hieß es im täglichen Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums. »In den vergangenen drei Wochen haben sich die Kämpfe rund um Kreminna auf das dicht bewaldete Gebiet westlich der Stadt konzentriert.«

Einmal mehr wünschte Selenskyj den Ukrainern in seiner Ansprache darüber hinaus ein frohes Rest-Weihnachtsfest. Er habe sich gefreut, dass so viele Menschen am Morgen den Gottesdienst im Kiewer Höhlenkloster besucht hätten, erklärte er. In dem unter Unesco-Weltkulturerbe stehenden Gotteshaus hatte die neue Orthodoxe Kirche der Ukraine eine Weihnachtsmesse gefeiert - und das erstmals seit Jahrzehnten auf Ukrainisch statt auf Russisch.

© dpa-infocom, dpa:230107-99-136879/7