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Selenskyj beschwört ukrainisch-polnische Brüderschaft

Polen hat so viele Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen wie kein anderes EU-Land. Dafür dankt Wolodymyr Selenskyj in Warschau - und prophezeit den Sieg der Freiheit im Osten Europas.

Selenskyj  in Polen
Wolodymyr Selenskyj spricht vor dem Warschauer Königsschloss. Foto: Czarek Sokolowski
Wolodymyr Selenskyj spricht vor dem Warschauer Königsschloss.
Foto: Czarek Sokolowski

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat in einer emotionalen Rede vor dem Königsschloss in Warschau das enge Bündnis mit Polen beschworen. »Die ukrainischen und polnischen Herzen schlagen für eine Freiheit, für die beiderseitige Unabhängigkeit unserer Staaten, für unser heimatliches Europa, unser gemeinsames Haus, und wir werden siegen!« sagte Selenskyj am Mittwoch.

Aus der Menschenmenge im Schlosshof wurde der ukrainische Präsident mehrfach mit dem Ruf »Slawa Ukrajini!« (Ruhm der Ukraine) begrüßt; er antwortete mit »Ruhm den Helden!«. Dann scherzte er aber, dass dies noch bis zum Morgen so gehen könne, und ging zu seiner Rede über.

Selenskyj dankte Polen für ein mächtiges Rüstungspaket, das beide Seiten bei dem Besuch vereinbart haben. Er erwähnte auch Städte wie Rzeszow und Lublin in Ostpolen nahe der Grenze. Sie seien erste Anlaufstelle für Flüchtlinge aus der Ukraine und Drehscheibe für die ausländische Militärhilfe. Er danke jedem einzelnen Polen für diese Brüderschaft. »Es gibt keine Kraft mehr, welche die ukrainisch-polnische Freundschaft überwinden kann.«

Das Nachbarland zeigte viel Hilfsbereitschaft

Es war der erste offizielle Besuch Selenskyjs in Polen seit dem Beginn des russischen Überfalls auf sein Land am 24. Februar 2022. In Warschau sprach er unter anderem mit Präsident Andrzej Duda und Ministerpräsident Mateusz Morawiecki.

Für die Polen war der Besuch in erster Linie eine wichtige symbolische Geste. Von den ersten Kriegstagen an sind die Polen den Kriegsflüchtlingen mit beispielloser Hilfsbereitschaft begegnet. Millionen kamen über die Grenze, viele zogen weiter in Richtung Westen, manche gingen zurück in ihre Heimat. Derzeit haben nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) rund 1,6 Millionen Menschen aus der Ukraine Schutzstatus in Polen.

Polen, das sich noch 2015 geweigert hatte, Geflüchtete aufzunehmen, und noch 2021 hart gegen Migranten an der belarussischen Grenze vorging, ist damit zu einer »humanitären Supermacht« geworden, wie es der US-Botschafter in Warschau, Mark Brzezinski, formuliert hat.

Acht Kampfjets sind schon übergeben

Auch Polens militärische Unterstützung für die Ukraine spielte bei dem Besuch Selenskyjs eine wichtige Rolle. Vor wenigen Wochen hatte Duda angekündigt, dass man der Ukraine Kampfjets vom Typ MiG-29 liefern werde. Bei Selenskyjs Besuch wurde er nun konkret: Die Ukraine habe von Polen bereits acht MiG-29 geliefert, vier davon »im Verlauf der vergangenen Monate«, weitere vier erst »kürzlich«. Darüber hinaus würden derzeit noch sechs MiG-29 für die Übergabe vorbereitet, kündigte Duda an.

Polens Präsident bekräftigte, dass sein Land dem Nachbarn weiter mit schweren Waffen helfen werde und dies auch von anderen Nato-Mitgliedern einfordere. »Wir geben den anderen Ländern ein Beispiel und brechen ihre Sturheit und ihren Widerstand, was die Lieferung von Waffen angeht.«

Mit Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki unterzeichnete Selenskyj zudem einen Vorvertrag über den Kauf neuer polnischer Radschützenpanzer. Morawiecki hatte vor ein paar Tagen angekündigt, dass die Ukraine hundert Radschützenpanzer vom Typ KTO Rosomak bestellen wolle. Der Auftrag wird demnach mit EU-Geldern für Polen und US-amerikanischen Hilfen für die Ukraine finanziert. Der Preis für die Bestellung und der Zeitplan für die Auslieferung der Radschützenpanzer wurden nicht genannt.

Blick auf weitere von Russland bedrohte Länder

In seiner mit viel Applaus begleiteten Rede im Hof des Warschauer Königsschlosses betonte Selenskyj, das enge polnisch-ukrainische Bündnis sei ein Eckstein für die Freiheit im Osten Europas. »Wenn wir mit Euch zusammen frei sind, ist das die Garantie, dass die Freiheit stark sein wird bei allen unseren Nachbarländern, den Nachbarn der Europäischen Union - Rumänien, der Slowakei, Litauen und anderen Ländern des Baltikums«, sagte Selenskyj.

Und er fügte hinzu: »Wenn wir frei sind, ist das die Garantie, dass die Freiheit sich auch in Moldau behauptet und Georgien nicht verlässt und unbedingt nach Belarus kommt.« Die Republik Moldau steht unter russischem Druck. In Georgien im Südkaukasus hatte es zuletzt Proteste gegen die Regierung gegeben, die eine Gängelung der Zivilgesellschaft wie in Russland einführen wollte. Belarus ist unter Staatschef Alexander Lukaschenko eng mit Moskau verbündet und in den Angriffskrieg gegen die Ukraine eingebunden.

© dpa-infocom, dpa:230405-99-221668/4