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Scholz wirbt für bundeseinheitliche Notbremse

Die Corona-Zahlen müssen sinken, darin sind sich fast alle einig. Die bundeseinheitliche Notbremse soll das bewerkstelligen, wird aber seit Tagen heftig kritisiert. Auch die Landkreise bringen mehrere Argumente vor.

Olaf Scholz
Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) kommt zu einer Pressekonferenz. Foto: Kay Nietfeld/dpa
Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) kommt zu einer Pressekonferenz. Foto: Kay Nietfeld/dpa

BERLIN. Die Debatte über den Nutzen der geplanten bundeseinheitlichen Corona-Notbremse reißt nicht ab. Vizekanzler Olaf Scholz warb in der »Welt am Sonntag« erneut für die entsprechenden Neuerungen des Infektionsschutzgesetzes.

Wichtig seien ihm klare, einheitliche und lebensnahe Regelungen: »Für die privaten Kontakte, für das Einkaufen, für Ausgangsbeschränkungen, von deren Nutzen ich weiterhin überzeugt bin. Es muss für jede und jeden nachvollziehbar sein, was gilt.«

Mit dem Gesetz soll es künftig bundeseinheitliche Regelungen für Corona-Maßnahmen geben. Überschreitet die Zahl der Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen in einer Stadt oder einem Landkreis den Wert von 100 an drei aufeinander folgenden Tagen, müssen etwa Geschäfte geschlossen werden und es greifen Ausgangsbeschränkungen zwischen 21.00 und 5.00 Uhr.

Über mögliche Änderungen am bisherigen Entwurf des Infektionsschutzgesetzes könnte der Gesundheitsausschuss am Montag befinden. Eine Verabschiedung im Bundestag ist für Mittwoch vorgesehen. Der Bundesrat will sich am Donnerstag damit befassen.

Scholz sagte, sicherlich werde in den laufenden Beratungen des Bundestags an der einen oder anderen Stelle noch ein wenig gefeilt. »Ich erwarte aber keine wesentlichen Änderungen gegenüber dem Entwurf.«

Genau das fordern aber unter anderem die deutschen Landkreise. »Der Gesetzentwurf muss an vielen Stellen korrigiert werden«, sagte der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Online Sonntag, Print Montag). »Die reine Anknüpfung an Inzidenzen wird dem Pandemiegeschehen nach mehr als einem Jahr und den regional sehr unterschiedlichen Situationen nicht gerecht.«

Sager kritisierte die geplanten Ausgangsbeschränkungen. »Diese wären in Ihrer Pauschalität ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Freiheitsrechte der Menschen, weil dem kein überlegener Effekt zur Verhinderung von Neuinfektionen gegenübersteht.«

Der Landkreistag befürchtet zudem eine weitere Verkomplizierung der Regeln und geht nicht - wie eigentlich von der Bundesregierung gewünscht - von mehr Einheitlichkeit aus. Hintergrund ist, dass es Ländern und Kommunen freisteht, härter durchzugreifen und auch weitere Bereiche zu reglementieren. »Insofern wird es mit dem Bundesgesetz und mit einer absehbaren Bundesverordnung noch einmal unübersichtlicher. Auch das ist schädlich für die Akzeptanz«, sagte Sager.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich wiederholte in der »Bild am Sonntag« die Forderung seiner Fraktion, Abendspaziergänge grundsätzlich zu erlauben. »Es muss möglich sein, dass sich Erwachsene auch trotz aller Beschränkungen die Beine vertreten.« Zudem sagte Mützenich: »Kinder müssen in Kleinstgruppen Sport treiben können. Zumal wir von Experten wissen, dass das Ansteckungsrisiko draußen um ein Vielfaches geringer ist als in geschlossenen Räumen.«

Die Corona-Inzidenzzahl steigt in Deutschland seit Wochen. Fest steht laut Virologen deshalb seit langem, dass im Kampf gegen die dritte Welle Maßnahmen ergriffen werden müssen, Intensivmediziner warnen seit Tagen vor immer voller werdenden Intensivstationen.

Auch der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert ist weiterhin hoch. Er lag nach dem RKI-Lagebericht von Samstagabend bei 1,22 (Vortag: 1,24). Das bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 122 weitere Menschen anstecken. »Der Sieben-Tage-R-Wert liegt über 1. Dies bedeutet weiterhin eine Zunahme der Fallzahlen«, hieß es im Lagebericht. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab; liegt er anhaltend darüber, steigen die Fallzahlen. (dpa)