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Scholz trifft saudischen Kronprinz Mohammed

Ein Mord in Istanbul hat zur Isolation des Kronprinzen von Saudi-Arabien geführt. Inzwischen wird der Herrscher des öl- und gasreichen Landes wieder hofiert. Jetzt stattet ihm auch Kanzler Scholz einen Besuch ab.

Olaf Scholz
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wird in Saudi-Arabien den Kronprinzen Mohammed bin Salman treffen. Foto: Carsten Koall
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wird in Saudi-Arabien den Kronprinzen Mohammed bin Salman treffen.
Foto: Carsten Koall

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) reist am kommenden Wochenende nach Saudi-Arabien, Katar und in die Vereinigten Arabischen Emirate. In Saudi-Arabien wird er auch den Kronprinzen Mohammed bin Salman treffen, wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag in Berlin bekanntgab. Der faktische Herrscher des Königreichs wird vom US-Geheimdienst für den brutalen Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Generalkonsulat in Istanbul vor vier Jahren verantwortlich gemacht. Der Kronprinz bestreitet, die Tat genehmigt zu haben.

Der Mord hatte zu einer tiefen diplomatischen Krise zwischen Deutschland und Saudi-Arabien geführt. Hebestreit sagte, die Tat werde in den Gesprächen des Kanzlers in Saudi-Arabien »sicherlich auch eine Rolle« spielen. »Welche, das wage ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorzuerahnen.«

Der Kronprinz war nach dem Mord zunächst international weitgehend isoliert. Ein Treffen mit US-Präsident Joe Biden in Dschidda sowie eine Reise in die Europäische Union im Juli, bei der er unter anderem Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in Paris traf, haben eine Normalisierung seiner Beziehungen zu westlichen Staats- und Regierungschefs eingeleitet. Hebestreit sagte, man reihe sich in die vorangegangenen Besuche und Treffen ein.

Kritik wegen Lage der Menschenrechte

Das streng konservative Königreich Saudi-Arabien steht trotz einiger Reformen wegen der Lage der Menschenrechte weiter in der Kritik. Erst vor einigen Wochen wurden zwei Frauen zu 34 beziehungsweise 45 Jahren Haft verurteilt offenbar wegen ihrer Aktivitäten bei Twitter. Die US-Organisation Dawn, deren Gründung Khashoggi in die Wege geleitet hatte, sprach von »rachsüchtigen und übermäßigen Strafen« auch für die »mildeste Kritik« der Bürger.

Saudi-Arabien wird zudem wegen seiner Beteiligung am Jemen-Krieg kritisiert, wegen der die Bundesregierung einen weitgehenden Rüstungsexportstopp gegen das Land verhängt hat. Die saudische Luftwaffe bombardiert Stellungen der Huthi-Rebellen, die es als verlängerten Arm seines Erzfeindes Iran betrachtet. Bilanz von sieben Kriegsjahren sind 150.000 Todesopfer, darunter mehr als 14.000 Zivilisten, und eine humanitäre Katastrophe. Saudi-Arabien verteidigt sein Eingreifen in den Krieg damit, dass es von der legitimen jemenitischen Regierung zur Hilfe gerufen worden sei.

In Katar dürfte die Gasversorgung im Mittelpunkt des Kanzler-Besuchs stehen. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte bei einem Besuch in dem kleinen, aber sehr reichen Golf-Emirat im März eine Energiepartnerschaft vereinbart. Konkrete Vereinbarungen Katars mit deutschen Unternehmen sind bisher aber nicht bekannt. Katar hatte schon in den 1980er und 90er Jahren in Gas investiert und ist heute einer der weltweit größten Exporteure von Flüssiggas. Der allergrößte Teil geht nach Asien, vor allem nach Japan, Südkorea und Indien. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs Ende Februar suchen Deutschland und viele weitere Staaten händeringend nach Alternativen zu russischem Gas und Öl und blicken dabei auch nach Katar.

Erste Reise als Kanzler auf arabische Halbinsel

»Wir wollen Europa helfen und wir werden Europa in den kommenden Jahren mit Gas versorgen«, sagte Katars Emir Tamim Bin Hamad Al Thani kürzlich der französischen Wochenzeitung »Le Point«. »Aber wir können russisches Gas nicht ersetzen. Russisches Gas ist für den Weltmarkt unerlässlich.« Katar richtet ab 20. November auch die Fußball-WM aus, die erstmals in einem Land der arabischen Welt stattfindet.

Für Scholz ist es die erste Reise als Kanzler auf die arabische Halbinsel. Er wird von einer Wirtschaftsdelegation begleitet, die Mitglieder wurden am Montag aber noch nicht genannt.

© dpa-infocom, dpa:220919-99-817647/3