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Scholz sichert Bürgern Hilfen und der Ukraine Waffen zu

Olaf Scholz war schon 33 Mal in der Bundespressekonferenz. Jetzt kommt er erstmals als Kanzler und setzt die Tradition der Sommerpressekonferenzen seiner Vorgängerin fort. Bei einem Thema wird er schmallippig.

Bundeskanzler Scholz
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht in der Bundespressekonferenz während der Sommer-Pressekonferenz über Themen der Innen-und Außenpolitik. Foto: Wolfgang Kumm
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht in der Bundespressekonferenz während der Sommer-Pressekonferenz über Themen der Innen-und Außenpolitik.
Foto: Wolfgang Kumm

Bundeskanzler Olaf Scholz hat den Menschen in Deutschland erneut Unterstützung angesichts der Belastungen durch die hohe Inflation zugesichert. »Wir werden alles dafür tun, dass die Bürgerinnen und Bürger durch diese schwierige Zeit kommen«, sagte der SPD-Politiker bei seiner Sommerpressekonferenz in Berlin.

Der von Russland angegriffenen Ukraine versprach er massive weitere Hilfe auch durch Waffen. In der Hamburger Steueraffäre, in der es auch um sein damaliges Verhalten als Erster Bürgermeister geht, wies er eine Einflussnahme der Politik erneut zurück.

Scholz stellte sich erstmals als Kanzler in der Bundespressekonferenz den Fragen der Hauptstadt-Journalisten. Seine Vorgängerin Angela Merkel (CDU) hatte dies regelmäßig vor oder nach ihrem Sommerurlaub getan. Der russische Angriffskrieg und seine Folgen für Deutschland waren diesmal das zentrale Thema. Große Themen der vergangenen Jahre wie die Corona-Pandemie spielten kaum eine Rolle.

Regierung schnürt Gesamtpaket für Entlastungen

Scholz betonte, man werde über die schon beschlossenen Entlastungen hinaus weitere Maßnahmen ergreifen müssen. »Dazu ist die Regierung auch fest entschlossen.« Der Kanzler machte zugleich deutlich, dass er nicht mit massiven gesellschaftlichen Verwerfungen wegen der Krise rechnet. Auf die Frage, ob er wegen steigender Energiepreise soziale Unruhen erwarte, antwortete er: »Nein, ich glaube nicht, dass es in diesem Land zu Unruhen in dieser skizzierten Form kommen wird. Und zwar deshalb, weil Deutschland ein Sozialstaat ist.«

Scholz betonte, es gehe ihm um diejenigen, »die ganz wenig haben«. Deshalb werde die Regierung beim Wohngeld etwas machen und das Bürgergeld einführen. Ein persönliches Anliegen seien ihm aber auch jene, die mit ihrem Einkommen knapp über der Grenze für solche Leistungen liegen - »die auch rechnen müssen jeden Tag, wie sie zurechtkommen«. Zu einem Gesamtpaket gehörten auch steuerliche Entlastungen. Die Vorschläge von Finanzminister Christian Lindner (FDP) hierfür seien ein »guter Aufschlag«, sagte Scholz. »Ich finde das sehr, sehr hilfreich, weil wir ja ein Gesamtpaket schnüren müssen, das alle Bevölkerungsgruppen umfasst.«

Scholz versicherte, die Regierung habe sich auf die bevorstehenden Schwierigkeiten vorbereitet, etwa in der Energiefrage. »Wir arbeiten sämtliche Versäumnisse der letzten Jahre ab, die in dieser Hinsicht wirklich groß waren.« Scholz gehörte als Finanzminister selbst der schwarz-roten Vorgängerregierung an.

Weitere Unterstützung der Ukraine im Kampf gegen Russland

Scholz kündigte eine weitere massive Unterstützung der Ukraine in deren Abwehrkampf gegen die russischen Angreifer an. Der Krieg von Kreml-Chef Wladimir Putin verlange unverändert, »dass wir weitreichende Entscheidungen treffen, um die Ukraine in ihrem Kampf um Unabhängigkeit zu unterstützen«. Die Regierung tue das durch einen »massiven Bruch mit bisheriger Praxis, indem wir Waffen liefern, sehr, sehr viele, sehr weitreichende, sehr effiziente«. Scholz ergänzte: »Und das werden wir auch die nächste Zeit weiter tun.«

Der Kanzler bot Warschau eine rasche Einigung im Streit um einen Ringtausch von Waffen an, mit dem polnische Lieferungen an die Ukraine durch Ersatz aus Deutschland ausgeglichen werden sollen. Deutschland mache dies gern. »Und Vereinbarungen, wie wir sie mit Tschechien gemacht haben, mit der Slowakei anstreben, mit Griechenland machen, sind mit Polen auch möglich.«

Auf die Frage, ob Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) im Konflikt zwischen der Ukraine und Russland noch einmal nützlich sein könne, antwortete Scholz: »Ich wüsste nicht.« Es wäre aber »mal ein verdienstvolles Geschäft«, dafür zu sorgen, dass Russland die Einfuhr der Turbine für die Gasleitung Nord Stream 1 erlaube. Die von Siemens-Energy gewartete Turbine ist derzeit in Deutschland.

Scholz weist jede Verantwortung in Steueraffäre von sich

In der Steueraffäre um die Hamburger Warburg Bank wies Scholz weiter jede Verantwortung in seiner Zeit als Erster Bürgermeister von sich. »Es gibt keine Erkenntnisse darüber, dass es eine politische Beeinflussung gegeben hat«, sagte er. Das hätten die umfangreichen Untersuchungen der vergangenen zweieinhalb Jahre gezeigt. »Ich bin sicher, dass diese Erkenntnis nicht mehr geändert werden wird.«

In der Affäre geht es um sogenannte Cum-Ex-Geschäfte, bei denen Finanzakteure Aktienpakete rund um den Dividenden-Stichtag in einem vertrackten System so verschoben, dass ihnen Steuern erstattet wurden, die sie nie gezahlt hatten. Nach Treffen 2016 und 2017 mit den Bank-Gesellschaftern Christian Olearius und Max Warburg im Amtszimmer von Scholz hatte die Finanzverwaltung eine Steuerrückforderung in Höhe von 47 Millionen Euro gegen die Bank verjähren lassen. Weitere 43 Millionen Euro wurden 2017 erst nach Intervention des Bundesfinanzministeriums kurz vor Eintritt der Verjährung eingefordert.

Die Treffen sollen vom damaligen Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs mit angebahnt worden sein. Zuletzt wurde bekannt, dass in einem Schließfach des SPD-Politikers mehr als 200.000 Euro in bar gefunden wurden. Auf die Frage, was er über das Geld wisse, antwortete Scholz: »Nichts.« Zur möglichen Herkunft des Geldes äußerte er sich ebenfalls wortkarg: »Keine Ahnung - ich nehme an, Sie wissen das eher als ich.«

Kanzler gibt Ampel volle vier Jahre

Ungeachtet erkennbarer Differenzen zwischen SPD, Grünen und FDP antwortete Scholz auf die Frage, ob die Ampel vier Jahre durchhalten werde: »Ja.« Er habe sogar eine Perspektive, die darüber hinaus reiche. »Es ist ja nicht so, dass mit dem Koalitionsvertrag da ein Vereinigungsparteitag stattgefunden hat. Sondern das sind drei unterschiedliche Parteien, die auch mit unterschiedlichen politischen Programmen angetreten sind.« Gemeinsam halte man an dem Anspruch fest, eine »Fortschrittskoalition« zu sein. »Das Thema, Fortschritt in Deutschland zu bewerkstelligen, steht unverändert als große Aufgabe für uns an. Und das eint die drei Koalitionsparteien auch«, sagte Scholz.

© dpa-infocom, dpa:220811-99-345529/24