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Scholz im Windpark - Gefordert ist »Mut auf allen Ebenen«

Gegen Windräder gibt es viele Einwände. Doch ein Ort in der Eifel ist mit einem Windpark reich geworden und hat deshalb die Steuern gesenkt. Kanzler Scholz hat sich das Projekt angesehen - und war angetan.

Bundeskanzler Scholz
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht bei seinem Besuch eines Bürgerwindparks zu Journalisten. Foto: Bernd Thissen/DPA
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht bei seinem Besuch eines Bürgerwindparks zu Journalisten.
Foto: Bernd Thissen/DPA

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat am Dienstag beim Besuch eines Windparks in der Eifel zu Mut beim Ausbau der erneuerbaren Energien aufgerufen. Er verwies auf Gesetze des Bundes und der Länder, die eine weitere Beschleunigung brächten. »Was dann noch notwendig ist, ist Mut auf allen Ebenen. Dann kann man die Gesetze auch schnell nutzen«, sagte Scholz.

Der Kanzler war mit Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) in dem Windpark in Simmerath. Die 22, bis zu 196 Meter hohen Windräder stehen auf gemeindeeigenem Waldgebiet und bringen der Eifel-Kommune jährlich einen Millionenbetrag.

Im Gegensatz zu anderen Standorten habe es hier keine großen Vorbehalte gegen die Windräder gegeben, berichtete der Geschäftsführer des Aachener Energieunternehmens Stawag, Frank Brösse, dem Kanzler. »Wir hatten von Anfang an eine hohe Akzeptanz der Bürger von Simmerath«. Der 15.800-Einwohner-Ort erhebt unter anderem wegen der Einnahmen aus dem Bürger-Windpark niedrigere Grund- und Gewerbesteuern. In anderen Orten aber stehe nach elf Jahren Planung immer noch kein Windrad, beklagte Brösse.

Scholz traf auch mit Bürgern, Waldbesitzern und Mitarbeitern der Forstverwaltung zusammen. Er hörte von ihnen, sie hätten mit zahlreichen Vorbehalten gegen den Ausbau zu kämpfen: von Eifel-Wanderern bis zu Astrophysikern, die um die Messgenauigkeit ihrer Geräte fürchteten. Es gebe immer neue Aspekte, die den Ausbau behinderten. Gegen Mittag fuhr Scholz nach Düren weiter, um Vertreter von Kommunen aus dem Braunkohlegebiet zu treffen.

Besuch im Rheinischen Revier

Ministerpräsident Wüst sagte, insgesamt seien in NRW in diesem Jahr 178 Windenergieanlagen genehmigt worden. NRW sei als Industrieland ein großer Energieverbraucher und wolle auch selbst etwas dafür leisten, sagte Wüst.

Der Bürgermeister von Simmerath, Bernd Goffart (CDU), forderte bei dem Treffen schnellere Entscheidungswege. »In allen Bereichen brauchen wir zu lange.« Der Bürger-Windpark produziert 184 Prozent des Strombedarfs von Simmerath regenerativ. Dass die Gemeinde daran verdient, hat nach Einschätzung von Goffart zur Akzeptanz der Riesen im Wald beigetragen.

Von Simmerath aus fuhr Scholz weiter nach Düren, wo er mit Oberbürgermeistern aus der rheinischen Braunkohleregion zusammentraf. Scholz bezeichnete den Strukturwandel in der Region als »gemeinsames Anliegen des ganzen Landes«. Auf keinen Fall werde das Rheinische Revier allein gelassen, sicherte er zu. »Unser Ziel muss sein, dass wenn die Kohleverstromung endgültig endet, wir mit dem Strukturwandel so weit vorangekommen sind, dass genügend neue Arbeitsplätze entstanden sind. Das ist unser Ziel.« Er sei sicher, dass dieses große Vorhaben gelingen werde.

Dürener Bürgermeister: »Große Opfer« gebracht

Das Ende der Braunkohleförderung ist für 2030 vorgesehen. Um den Strukturwandel zu gestalten, stellt die Bundesregierung dem Rheinischen Revier für die nächsten beiden Jahrzehnte bis zu 14,8 Milliarden Euro zur Verfügung. Dennoch fühle sich die Region mitunter »ein bisschen allein gelassen«, sagte der Dürener Bürgermeister Frank Peter Ullrich (SPD). Beklagt wird unter anderem, dass die Bearbeitung von Förderanträgen teils äußerst schleppend verlaufe.

Ullrich rief noch einmal in Erinnerung, dass die Region jahrzehntelang »große Opfer« gebracht habe. »Nicht nur die Landschaft wurde verändert, sondern auch ein Stück Heimat wurde zerstört, Dörfer wurden abgebaggert, soziale Strukturen wurden zerschlagen und sind zum Teil bis heute nicht in der Qualität wieder entstanden«, sagte er. »Das sitzt tief bei vielen Menschen.« Jetzt dürften diese Menschen nicht erneut in große Unsicherheit gestürzt werden.

© dpa-infocom, dpa:230822-99-918757/3