Das deutsche Seenotrettungsschiff »Humanity 1« hat mit knapp 400 Migranten an Bord die Zusage erhalten, in Süditalien anlegen zu dürfen. Wie die Berliner Organisation SOS Humanity am Dienstag mitteilte, wurde ihr der Hafen von Tarent (Taranto) in der Region Apulien zugewiesen.
Dies habe bei den 398 im Mittelmeer geretteten Menschen zwar für »freudige Erleichterung« gesorgt, weil manche bereits rund zwei Wochen auf dem Schiff verbracht hätten. Zugleich aber kritisierte die NGO, dass der zugeteilte Hafen 42 Stunden Fahrtzeit entfernt sei. Die »Humanity 1« war vor der Südküste Siziliens gekreuzt, ehe sie sich auf den Weg nach Apulien machte.
»Die Situation ist prekär, Wasser- und Essensversorgung wurden stark rationiert, das Wetter soll wieder schlechter werden«, twitterte die deutsche Organisation. Während die »Humanity 1« einen Hafen ansteuerte, wartete das spanische Rettungsschiff »Open Arms Uno« auf eine entsprechende Erlaubnis aus Italien. Nach Angaben der Crew sind an Bord 402 Migranten sowie eine Leiche, die bei einer Rettungsaktion auf einem Holzboot zwischen Überlebenden entdeckt worden war.
Zivile Rettungsschiffe müssen oft tagelang warten, ehe ihnen von Italien ein Hafen zugeteilt wird. Sie werfen Rom Schikane und Verzögerungen vor. Für die Behörden wiederum ist es dem Vernehmen nach oft schwierig, einen Hafen zu organisieren - muss dort doch die Aufnahme der Migranten und Flüchtlinge samt Registrierung und medizinischen Tests vorbereitet werden. Nach Angaben der Retter antwortet das EU-Land Malta seit langem gar nicht mehr auf Anfragen.
Viele Menschen wagen immer wieder von Nordafrika aus die gefährliche Überfahrt über das zentrale Mittelmeer, weil sie sich in der EU ein besseres Leben erhoffen. Nach Angaben der Vereinten Nationen kamen dabei allein in diesem Jahr 1039 Migranten ums Leben oder werden vermisst. Rom registrierte 2022 mehr als 68.200 Migranten, die an Italiens Küsten ankamen - im Vorjahreszeitraum waren es gut 43.200.
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