BERLIN. In weiteren Bundesländern treten an diesem Sonntag schärfere Corona-Regeln in Kraft. Nachdem sie in Hamburg bereits seit Freitag gelten, ziehen nun Berlin, Niedersachsen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern nach. Weitere Bundesländer folgen am Montag.
Bund und Länder hatten am Dienstag eine Verlängerung des Lockdowns bis Ende Januar mit verschärften Kontaktbeschränkungen beschlossen. Diese seien »leider erforderlich«, sagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet der »Bild am Sonntag«.
Die Ende Dezember gestarteten Impfaktionen gegen das Coronavirus haben die Lage in Deutschland bislang nicht entspannt. Am Samstag meldete das Robert Koch-Institut 24.694 Corona-Neuinfektionen und 1083 neue Todesfälle binnen eines Tages, die von den Gesundheitsämtern übermittelt worden waren. Eine Interpretation der Daten bleibt schwierig, weil um Weihnachten und den Jahreswechsel Corona-Fälle laut RKI verzögert entdeckt, erfasst und übermittelt wurden.
Mittlerweile wurden 532.878 Impfungen beim RKI erfasst. Das waren mehr als 50.000 mehr als am Tag zuvor. Die meisten Impfungen pro 1000 Einwohner wurden laut der Statistik bisher für Mecklenburg-Vorpommern erfasst (15,6), die wenigsten für Sachsen (4,4). Bundesweit liegt der Wert bei 6,4. In absoluten Zahlen kommt laut RKI Nordrhein-Westfalen auf den höchsten Wert mit 98.950 Geimpften. Mehr als 260.000 Personen wurden aus beruflichen Gründen geimpft, etwa Mediziner und Pflegekräfte. Mehr als 206.000 Bewohner in Pflegeheimen haben ebenfalls eine Impfung erhalten. Bundesweit haben auch zahlreiche Impfzentren ihre Arbeit aufgenommen, um zunächst hochbetagte Menschen zu immunisieren.
An dem schleppenden Start der Impfungen hatte es Kritik gegeben, so aus der SPD an die Adresse von Gesundheitsminister Jens Spahn. Der CDU-Politiker räumte in der »Welt am Sonntag« ein: »Ich sage nicht, dass alles perfekt gelaufen ist. Es gibt Dinge, insbesondere bei der Information zum Impftermin, die man besser machen kann.« Er betonte aber auch: »Wir haben jetzt eine Struktur, die funktioniert und die hochfahren kann und wird.«
Am Samstag hatte auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) betont, das Tempo beim Impfen werde zunehmen. »Wir werden in Deutschland genügend Impfstoff für alle verfügbar haben. Wir werden Monat für Monat mehr Menschen und schließlich jedem, der es möchte, ein Impfangebot machen können«, sagte Merkel in ihrem neuen Podcast.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder forderte mehr Schnelligkeit bei der Zulassung von neuen Corona-Impfstoffen. »Wir sollten alle Möglichkeiten nutzen, rasch Impfstoff zu bekommen«, sagte der CSU-Chef der »Welt am Sonntag«. Die verlässliche Zulassung sei wichtig, aber jeder Impfstoff rette Leben. »Deshalb sollte man nicht die typischen bürokratischen Verfahren wählen, sondern sich in der Tat offensiv um eine Zulassung bemühen. Ein Impfstoff, der in einem Land schon zugelassen ist, könnte auch in der EU schnell zur Zulassung gebracht werden.«
Bisher wird in Deutschland der Impfstoff der Mainzer Firma Biontech und ihres US-Partners Pfizer verwendet. Der zweite in Europa zugelassene Impfstoff, der des US-Herstellers Moderna, soll ab Dienstag an die Bundesländer geliefert werden. Ende Januar könnte zudem die Zulassung eines dritten Impfstoffs des Herstellers Astrazeneca folgen.
Gesundheitsminister Spahn hatte am Samstag ferner deutlich gemacht, dass die Bürger den Impfstoff vorerst nicht auswählen können. Eine solche Auswahl zu treffen, sei aufgrund der derzeit noch herrschenden Knappheit »im Moment und auch absehbar« nicht möglich, betonte Spahn in einer Online-Diskussionsrunde. In Berlin sollen Impfwillige laut Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) aber wählen können, mit welchem Impfstoff sie immunisiert werden wollen.
Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission, Thomas Mertens, sagte, die beiden bislang in Europa zugelassenen Impfstoffe der Firmen Biontech und Moderna seien »äquivalent in Wirksamkeit und Sicherheit«. Mertens zufolge sollte auch der empfohlene Abstand zur zweiten erforderlichen Impfung nicht überschritten werden. Ansonsten drohe ein zu schwacher Schutz. Auf die Frage, ob es möglich wäre, einer Person Impfstoffe verschiedener Hersteller zu verabreichen, sagte Mertens, dies sei auch bei Impfstoffen, die auf einem gleichen Wirkprinzip basierten, »auf keinen Fall« möglich. Denn dazu gebe es bislang »Null Daten«. (dpa)