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Söder: Regierung muss »Zukunftsmannschaft« nach 2021 sein

Zurückhaltend bis ironisch waren die Reaktionen auf den Vorstoß von CSU-Chef Söder nach einer Auffrischung des Bundeskabinetts. Er nennt keinen Namen, aber viele ahnen, wer gemeint ist.

Markus Söder
Markus Söder beim Auftakt der Winterklausur der CSU-Landesgruppe im Kloster Seeon. Foto: Matthias Balk/dpa
Markus Söder beim Auftakt der Winterklausur der CSU-Landesgruppe im Kloster Seeon. Foto: Matthias Balk/dpa

Seeon (dpa) - CSU-Chef Markus Söder hat die Debatte über eine Umbildung des Bundeskabinetts noch in diesem Jahr weiter angeheizt.

Eine Umbildung und eine Verjüngung der Regierung sei erforderlich, denn mit dieser Mannschaft werde man 2021 in die Bundestagswahl gehen, machte Söder zum Auftakt der Klausur der CSU-Landesgruppe im oberbayerischen Kloster Seeon deutlich. Er nannte als möglichen Zeithorizont für eine Umbildung Mitte dieses Jahres. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ mitteilen, sie arbeite gut mit ihren Ministern zusammen, sehe aber an manchen Stellen Luft nach oben. Letzteres sah Söder als Bestätigung für seinen Vorstoß.

Der bayerische Regierungschef räumte ein, dass eine Umbildung für die große Koalition in Berlin nicht einfach sei. Jedoch sollte alles im Einvernehmen geschehen, »aber natürlich über die Parteien«. Deren ureigenste Aufgabe sei, »über so etwas nachzudenken«. Söder hatte seinen Vorstoß weder mit Merkel noch mit CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer abgestimmt. Die Verteidigungsministerin wird an diesem Dienstag als Gast auf der CSU-Klausur in Seeon erwartet.

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte: »Die Kanzlerin arbeitet mit allen Ministerinnen und Ministern gut und gerne zusammen.« An manchen Stellen könne die Regierung gewiss an »Tempo und Dynamik zulegen«, erklärte er zugleich und nannte als Beispiel die Digitalisierung.

Söder nannte in Seeon erneut keine Namen. Er ließ aber erkennen, in welchen Bereichen er Änderungsbedarf sieht: bei Innovation, Wissenschaft und Wirtschaft. »Es fällt auf, dass wir wirtschaftlich etwas schwächer werden, dass wir technologisch im internationalen Wettbewerb zulegen müssen.« Alles bis zum Ende so zu belassen, wie es jetzt sei, schien für ihn jedenfalls keine Option. Er glaube, »dass die eine oder andere Verstärkung« allen Beteiligten nützen könne: »So eine zweite Luft, die kann am Schluss nochmals allen Beteiligten etwas helfen.«

Wirtschaftsminister ist Merkels langjähriger Vertrauter Peter Altmaier, Wissenschaftsministerin ist Anja Karliczek (beide CDU). Die drei Koalitionsparteien entscheiden über die von ihnen zu besetzenden Ministerposten allerdings jeweils selbst. In Eigenregie auswechseln könnte Parteichef Söder also allenfalls die CSU-Minister.

Eine solche Debatte könnte auch Söders Parteifreund Andreas Scheuer treffen. Der Verkehrs- und Digitalminister muss sich in einem Untersuchungsausschuss wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten bei der letztlich gescheiterten Maut verantworten.

Ältester in der Kabinettsriege ist mit 70 Jahren Söders Vorgänger als CSU-Vorsitzender und heutiger Innenminister Horst Seehofer. Seehofer reagierte mit einer guten Portion Ironie. Bei der Jahrestagung des Beamtenbunds dbb in Köln sagte er: »In meinem Alter, das werden Sie alle noch erleben, müssen Sie täglich nach dem Aufstehen prüfen, ob Sie noch im Amt sind.« Söders Vorstoß erwähnte Seehofer jedoch nicht ausdrücklich. Der 70-Jährige stellte aber klar, dass er sich als Chef des Innenministeriums wohl fühle: »Ich hoffe, ich darf Euch noch einige Tage leiten«, sagte er an die Adresse seiner Mitarbeiter.

Seehofer warnte die Union aber auch vor Selbstbeschäftigung nach Art der SPD. Die Genossen hatten sich unter anderem eine monatelange Auswahl ihrer neuen Parteispitze geleistet. »Ich glaube ohnehin, dass die Bevölkerung in erster Linie will, dass wir gute Arbeit leisten und weniger uns mit uns selbst beschäftigen.«

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt wich der Debatte im ARD-»Morgenmagazin« weitgehend aus. Auf wiederholte Nachfrage, welche CSU-Minister denn etwa ausgetauscht werden müssten, antwortete er: »Es wäre doch recht unfair, wenn man jetzt Namen benennt, wenn wir eigentlich inhaltliche Debatten führen wollen.« Auf nochmalige Nachfrage sagte er aber auch: »Markus Söder hat recht.«

Söder forderte eine »inhaltliche Zukunftsdebatte« - und politische Konzepte und Perspektiven für die kommenden Jahre und das gesamte Jahrzehnt, nicht nur bis zur nächsten Wahl. Die Frage sei deshalb: »Wird die große Koalition dieses und nächstes Jahr, wenn sie denn bleibt, in erster Linie eine Art administrative Einrichtung, in der sie versucht, quasi es mit Anstand zu Ende zu bringen, nach dem Motto: Danach kommt etwas ganz anderes.« Oder gebe es nochmal einen neuen Aufbruch.

Dobrindt warf der SPD unterdessen einen Linksruck vor - und kritisierte insbesondere Äußerungen von SPD-Chefin Saskia Esken. Esken hatte die Polizeitaktik beim Leipziger Silvestereinsatz infrage gestellt - bei dem Einsatz war ein Polizist angegriffen und schwer verletzt worden. Dobrindt sagte dazu, man könne an der Stelle nur darauf hinweisen, »dass so manche über die Feiertage zum Nachdenken kommen - Teile der SPD offensichtlich nicht einmal zur Besinnung«.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen warb bei einem Auftritt in Seeon, Klimaschutz koste zwar viel Kraft, biete aber auch große Chancen. Mit seinem Ziel, 2050 klimaneutral zu sein, könne Europa eine Vorreiterrolle einnehmen bei klimaneutralen Technologien. Zudem kündigte von der Leyen in Seeon an, die EU wolle ihre Gesprächskanäle in den Nahen Osten nutzen, um im Iran-Konflikt zu deeskalieren.

CSU im Bundestag