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Rot-Grün in Niedersachsen vereidigt - Entlastung angekündigt

Die neue rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen nimmt die Arbeit auf. Für ihr erstes großes Projekt bleibt nur wenig Zeit. Und der wiedergewählte Ministerpräsident Weil steht vor einem Rekord.

Tonne und Weil
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Grant Hendrik Tonne gratuliert Stephan Weil zur Wiederwahl zum Ministerpräsidenten. Foto: Sina Schuldt
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Grant Hendrik Tonne gratuliert Stephan Weil zur Wiederwahl zum Ministerpräsidenten.
Foto: Sina Schuldt

Niedersachsen hat rund einen Monat nach der Landtagswahl eine neue Landesregierung: Die Koalition aus SPD und Grünen wurde am Dienstag in Hannover offiziell vereidigt. Zuvor hatte die Mehrheit der Landtagsabgeordneten den SPD-Politiker Stephan Weil zum dritten Mal zum Ministerpräsidenten gewählt.

Der 63-Jährige erhielt in geheimer Wahl 82 Ja-Stimmen - eine mehr als die rot-grüne Koalition an Abgeordneten stellt. 63 Parlamentarier stimmten mit Nein, Enthaltungen gab es keine. Bleibt Weil die gesamte Legislaturperiode von fünf Jahren im Amt, winkt ihm ein Rekord: Dann würde er den früheren CDU-Politiker Ernst Albrecht als Ministerpräsident mit der längsten Amtszeit in Niedersachsen ablösen.

Bereits in seiner ersten Amtszeit von 2013 bis 2017 hatte Weil zusammen mit den Grünen regiert. Das Bündnis verlor seine Ein-Stimmen-Mehrheit damals vorzeitig, weil eine Grünen-Abgeordnete zur CDU gewechselt war. Es folgte eine große Koalition aus SPD und CDU. Vor der diesjährigen Landtagswahl hatte Weil jedoch früh klargemacht, dass er eine Rückkehr zu Rot-Grün anstrebt.

AfD schaffte Sprung in den Landtag

Mit 33,4 Prozent war die SPD bei der Wahl am 9. Oktober klar stärkste Kraft vor der CDU geworden. Die Grünen fuhren mit 14,5 Prozent ihr bisher bestes Ergebnis in Niedersachsen ein. Als vierte Fraktion schaffte die AfD den Sprung in den Landtag. FDP und Linke scheiterten hingegen an der Fünf-Prozent-Hürde. Als neue Landtagspräsidentin wurde die SPD-Politikerin Hanna Naber gewählt.

Eine erste Auseinandersetzung mit der AfD gab es in der Frage, wie viele Vizepräsidenten der Landtag haben soll. SPD, CDU und Grüne wollen die Zahl der Stellvertreter von vier auf fünf erhöhen. Die AfD will das verhindern und verwies auf die Kosten einer Erweiterung. Angesichts der Inflation sei das den Menschen nicht zu vermitteln. Die Fraktion will allerdings auch selbst einen Vizepräsidenten stellen. Der AfD-Antrag wurde an den Ältestenrat überwiesen.

In der neuen Landesregierung stellt die SPD sechs Ministerinnen und Minister in den Ressorts Wirtschaft, Inneres, Soziales, Justiz, Wissenschaft sowie Bundes- und Europaangelegenheiten. Die Grünen erhalten die Ressorts Finanzen, Kultus, Umwelt und Landwirtschaft. Weils Stellvertreterin ist die neue Kultusministerin Julia Willie Hamburg von den Grünen.

Entlastungspaket in der Energiekrise

Das erste große politische Projekt von Rot-Grün soll ein rund eine Milliarde Euro schweres Entlastungspaket in der Energiekrise werden. Profitieren sollen davon unter anderem kleine und mittlere Unternehmen, Kitas und Schulen, Kultur- und Sporteinrichtungen sowie der Gesundheits- und Pflegesektor.

»Noch in diesem Monat werden wir den Entwurf für einen Nachtragshaushalt vorlegen, mit dem wir ein Sofortprogramm in Höhe von etwa einer Milliarde Euro vorschlagen – genau so, wie im Wahlkampf angekündigt«, bekräftigte Ministerpräsident Weil in der ersten Regierungserklärung von Rot-Grün.

Darüber hinaus will die Regierung ein landesweit gültiges 29-Euro-Monatsticket im Nahverkehr für Schülerinnen und Schüler, Azubis und Freiwilligendienstler einführen. Außerdem sollen eine landeseigene Wohnungsgesellschaft für mehr bezahlbaren Wohnraum gegründet, die Ziele für den Klimaschutz und den Ausbau erneuerbarer Energien verschärft sowie die Einstiegsgehälter für viele Lehrerinnen und Lehrer angehoben werden.

Die erste Debatte über die künftige Regierungspolitik wird es am Mittwoch im Landtag geben. Dann könnte sich auch der neue Oppositionsführer Sebastian Lechner, der nach der Wahlniederlage der CDU den Fraktionsvorsitz seiner Partei übernommen hatte und auch den CDU-Landesvorsitz anstrebt, erstmals prominent in Szene setzen.

Im neuen Landtag hat die SPD 57 Sitze, die CDU kommt auf 47, die Grünen auf 24 und die AfD auf 18 Abgeordnete.

Koalitionsvertrag

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