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Rechnungsprüfer rügen Millionenverschwendungen beim Bund

Erst Ende 2022 präsentierte der Bundesrechnungshof seinen neuen Mängelbericht zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes. Vier Monate später legen die Rechnungsprüfer nach.

Oldtimer
Ein Jaguar E-Type und andere Oldtimer auf der Oldtimermesse Techno-Classica in Essen. Foto: Roland Weihrauch
Ein Jaguar E-Type und andere Oldtimer auf der Oldtimermesse Techno-Classica in Essen.
Foto: Roland Weihrauch

Der Bundesrechnungshof hat dem Bund in zahlreichen Fällen eine ineffiziente und nicht zielgerichtete Haushalts- und Wirtschaftsführung vorgeworfen. Die Rechnungsprüfer verlängerten am Dienstag die erst Mitte Dezember mit den »Bemerkungen 2022« vorgestellte Mängelliste um 18 weitere Beiträge. Der Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestages soll sich noch im ersten Halbjahr dieses Jahres damit befassen.

So rügte der Bundesrechnungshof nun, dass sich der Bund in Zeiten zunehmender Digitalisierung zu viele Büros leiste. Die Prüfer schätzten, dass der Bund pro Jahr 300 Millionen Euro Kaltmiete einsparen könnte, wenn 20 Prozent der Büroflächen aufgegeben würden. Außerdem würde der Ausstoß klimaschädlicher Gase reduziert. Die Rechnungsprüfer monierten ferner, dass der Bund zwar viele Milliarden Euro in den Klimaschutz investiere, aber nicht wisse, wie erfolgreich die Investitionen seien.

Gerügt wird auch die günstige Besteuerung von Oldtimern mit dem Historien-Kennzeichen. Der Vorteil, den Autos mindestens 30 Jahre nach Zulassung genießen können, sei eigentlich für »historische Sammlerstücke zur Pflege des kraftfahrzeugtechnischen Kulturguts« gedacht gewesen. Ihn nutzten jetzt aber auch viele Autos im Alltagsverkehr. Steuerlich begünstigt sind den Prüfern zufolge fast 400 000 Fahrzeuge mit H-Kennzeichen, das Dreifache der ursprünglich angenommenen Zahl. Das führe zu jährlichen Mindereinnahmen bei der Kraftfahrzeugsteuer um 170 Millionen Euro.

Klimaschädliches Fliegen gefördert

Drohende Mindereinnahmen des Bundes in dreistelliger Millionenhöhe verursache auch die jährliche Absenkung bei der Luftverkehrsteuer, kritisierte der BRH weiter. Auch werde damit das Ziel konterkariert, klimaschädliches Fliegen zu verteuern.

Beklagt wird überdies, dass das Bundesfinanzministerium seit Jahren falsche Angaben zu Einnahmeausfällen in den Haushaltsrechnungen des Bundes mache. Der Bund komme so seiner Rechenschaftspflicht gegenüber der Öffentlichkeit und dem Bundestag nicht angemessen nach.

Auch im Sozialbereich haben die Rechnungsprüfer mehrere Beanstandungen. So fördere der Bund den Ausbau der Ganztagsbetreuung teilweise am Bedarf vorbei. Der Verteilungsschlüssel der Finanzhilfen ignoriere, dass in fünf Bundesländern die Zahl der Grundschulkinder in den nächsten Jahren voraussichtlich sinken werde. Das Familienministerium gehe derzeit von 185.000 Plätzen zu viel aus. Eine Anpassung würde laut Rechnungshof bis zu 700 Millionen Euro einsparen.

Kommunen rechnen Kosten falsch ab

Missbilligt werden ferner falsche Abrechnungen von Kommunen bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung für Arbeitsuchende in der Grundsicherung. Die Rechnungsprüfer beziehen sich auf 32 der 405 Kommunen, vermuten aber ähnliche Fehler bei den nicht geprüften Kommunen. Hier müsse das Bundessozialministerium zusammen mit den Ländern für eine korrekte Abrechnung sorgen. Leistungen für Unterkunft und Heizung zahlen die Jobcenter im Auftrag der Kommunen aus. Diese meldeten ihre Ausgaben den Ländern, die wiederum den Bundesanteil mit dem Sozialministerium abrechnen.

Auch das Verkehrsministerium wird in mehreren Punkten kritisiert. Moniert wird etwa eine zu hohe Förderung des Schienengüterverkehrs. Dieser habe beim Ausgleich von Folgen der Corona-Pandemie 340 Millionen Euro mehr als notwendig erhalten. Das Ministerium habe zudem im Zusammenhang mit dem Klimaschutz-Sofortprogramm 300 Millionen Euro »zweckentfremdet«.

Schließlich übt der Rechnungshof Kritik an der teuren Rekonstruktion von zerrissenen Stasi-Unterlagen. In 28 Jahren seien nur insgesamt 3,2 Prozent der Schriftstücke wiederhergestellt worden. Dabei sei der 17 Millionen Euro teure Versuch, Akten digital wiederherstellen, nur in 0,1 Prozent des Gesamtbestandes gelungen. Die Rechnungsprüfer fordern, die Rekonstruktion zerrissener Unterlagen »umgehend neu auszurichten«.

© dpa-infocom, dpa:230418-99-360959/2