Nach einer tödlichen Razzia im Westjordanland hat sich die Gewalt in Nahost erneut hochgeschaukelt. Nach einem Raketenangriff aus dem Gazastreifen griff die israelische Luftwaffe in der Nacht auf Donnerstag mehrere Ziele in dem Palästinensergebiet an. Einen Tag zuvor war ein israelischer Militäreinsatz in der palästinensischen Stadt Nablus eskaliert. Elf Palästinenser wurden getötet, mehr als 100 nach palästinensischen Angaben verletzt.
Bei dem israelischen Angriff in der Nacht im Gazastreifen wurden nach Armeeangaben eine Waffenfabrik sowie ein Militärgelände der dort herrschenden islamistischen Hamas zerstört. Mehrere Häuser in der Nähe seien leicht beschädigt worden. Wenige Stunden zuvor hatten militante Palästinenser im Gazastreifen sechs Raketen auf Israel abgefeuert. Fünf Raketen seien abgefangen worden, eine sei in offenes Gebiet gefallen, teilte die israelische Armee mit. Offiziell bekannte sich keine palästinensische Gruppierung zu dem Angriff.
Wenige Stunden zuvor hatten militante Palästinenser im Gazastreifen sechs Raketen auf Israel abgefeuert. Fünf Raketen seien abgefangen worden, eine Rakete sei in offenes Gebiet gefallen, teilte die israelische Armee mit. Offiziell bekannte sich zunächst keine palästinensische Gruppierung zu dem Angriff.
Drohung der Hamas: »Geduld ist am Ende«
Ein Hamas-Sprecher sagte, die »bewaffneten Widerstandsgruppen im Gazastreifen sind das Schild und Schwert« des palästinensischen Volkes. »Ihre Geduld ist am Ende.« Die militante Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad teilte mit, dass die Angriffe eine Warnung an die israelische Regierung seien, ihre Aggressionen einzustellen, »da die Situation sonst explodieren und weiter eskalieren wird«. Medienberichten zufolge bemühten sich am Donnerstag die Vereinten Nationen und Ägypten, in Gaza zu vermitteln, um eine weitere Eskalation zu vermeiden.
Ziel des tödlichsten Militäreinsatzes seit Jahren am Mittwoch im besetzten Westjordanland war israelischen Angaben zufolge die Festnahme von drei Terrorverdächtigen. Dabei sei es zu heftigen Konfrontationen mit bewaffneten Palästinensern gekommen, hieß es von der Armee. Insgesamt dauerte das Feuergefecht rund vier Stunden. Unter den elf Toten waren palästinensischen Angaben zufolge auch mindestens drei Zivilisten, darunter ein 72-Jähriger.
Im Westjordanland und in Ost-Jerusalem wurde am Donnerstag wegen der Razzia gestreikt. Betroffen waren den Behörden zufolge Schulen, Universitäten, Geschäfte, Banken und der öffentliche Nahverkehr.
Keine Entspannung absehbar
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu lobte am Tag nach der Razzia die Einsatzkräfte: »Wir sagen immer, dass wir mit denen, die israelische Zivilisten und Soldaten angreifen, abrechnen werden, und das haben wir wieder getan«. Das Land wolle »weiterhin an allen Fronten, nah und fern, hart durchgreifen«.
Derweil hieß es aus seinem Büro, dass Israels Finanzminister Bezalel Smotrich künftig für ein Teil der Zivilverwaltung in den besetzten Palästinensergebieten zuständig sein werde. Smotrich gilt als glühender Verfechter des Siedlungsausbaus und erhält damit Einfluss auf die Genehmigung von Siedlungsbauplänen. Die Verwaltung ist zudem für das Vorgehen gegen illegal gebaute Außenposten zuständig.
Israel hatte 1967 das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Dort leben heute mehr als 600.000 israelische Siedler. Die Palästinenser beanspruchen die Gebiete für einen unabhängigen Staat Palästina mit dem arabisch geprägten Ostteil Jerusalems als Hauptstadt.
Tödliche Monate auf beiden Seiten
Die Sicherheitslage in Israel und den Palästinensergebieten ist seit langem extrem angespannt. Seit Beginn des Jahres wurden zehn Israelis und eine Ukrainerin in Zusammenhang mit palästinensischen Anschlägen getötet. Im gleichen Zeitraum kamen 61 Palästinenser ums Leben - sie wurden etwa bei Konfrontationen mit der israelischen Armee oder nach eigenen Anschlägen erschossen. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums wurden noch nie seit dem Jahr 2000 so viele Palästinenser in den ersten zwei Monaten eines Jahres getötet.
Nach einer tödlichen Razzia in der palästinensischen Stadt Dschenin vor wenigen Wochen war die ohnehin schon angespannte Lage weiter eskaliert. Zehn Palästinenser wurden dabei getötet, darunter auch mindestens eine Zivilistin. Nur einen Tag später erschoss ein palästinensischer Attentäter bei einer Synagoge in Ost-Jerusalem acht Menschen - es war der schwerste Anschlag seit 2008.
© dpa-infocom, dpa:230223-99-703077/8