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Putin will Afrika militärisch aufrüsten

Kremlchef Putin inszeniert sich bei seinem Afrika-Gipfel einmal mehr als Wohltäter für den Kontinent. Aber die Gäste pochen auf eine Lösung des Angriffskrieges gegen die Ukraine. Und auch Kiew reagiert.

Wladimir Putin
Kremlchef Wladimir Putin spricht beim Russland-Afrika-Gipfel in St. Petersburg. Foto: Mikhail Tereschenko/DPA
Kremlchef Wladimir Putin spricht beim Russland-Afrika-Gipfel in St. Petersburg.
Foto: Mikhail Tereschenko/DPA

Ungeachtet seines Krieges gegen die Ukraine will sich der russische Präsident Wladimir Putin militärisch weiter in afrikanischen Staaten engagieren. »Für eine Stärkung der Verteidigungsfähigkeit der Länder des Kontinents entwickeln wir die Partnerschaft in der militärischen und in der militär-technischen Zusammenarbeit mit mehr als 40 Staaten Afrikas«, sagte Putin am letzten Tag des zweiten Russland-Afrika-Gipfels. Der Westen kritisierte das Spitzentreffen als »PR-Show« und als Versuch Putins, afrikanische Länder noch abhängiger zu machen von Russland.

Die afrikanischen Staaten erhielten ein breites Spektrum an Waffen und Technik, sagte Putin. »Ein Teil dieser Lieferungen läuft auf einer unentgeltlichen Grundlage mit dem Ziel einer Stärkung der Sicherheit und der Souveränität der Staaten«, betonte Putin. Zudem nähmen Vertreter afrikanischer Staaten aktiv an den von Russland organisierten militär-technischen Foren und Manövern teil, wo sie mit den Waffen und ihrem Einsatz vertraut gemacht würden. Experten hingegen bezweifeln, dass das durch den seit mehr als 17 Monaten andauernden Krieg gegen die Ukraine militärisch geschwächte Russland seine Versprechen einhalten kann.

Gipfel-Teilnehmer fordern Ende des Krieges

Putin sah sich zudem einmal mehr von einzelnen Gipfelteilnehmern mit der Forderung konfrontiert, seinen Krieg zu beenden. »Wir haben mehrfach gesagt, ich habe offiziell mitgeteilt, dass wir bereit sind zu diesen Verhandlungen«, sagte Putin. Russland habe aber keine Möglichkeit, eine Seite zu solchen Gesprächen zu zwingen. Putin machte erneut seine Sicht auf die Dinge deutlich: Hintergrund des Konflikts seien die »Sicherheitsbedrohungen für Russland seitens der USA und der Nato«, sagte er bei einer Plenarsitzung mit Vertretern afrikanischer Staaten, die ihn aufriefen, ihre Initiative für eine Lösung des Konflikts aufzunehmen.

Putin behauptet immer wieder, die USA und die Nato nutzten die Ukraine für ihre geopolitischen Ziele, um Russland zu schwächen. Er hatte seinen Krieg auch damit begründet, dass die von der Ukraine angestrebte Nato-Mitgliedschaft eine Gefahr für Russland darstelle. Das Militärbündnis weist das zurück. Putin, der für Freitagabend noch Sondertreffen mit afrikanischen Vertretern zu seinem Krieg gegen die Ukraine geplant hatte, sagte, dass Russland dankbar sei für die Initiative. Dazu hatte es bereits im Juni ein Treffen in St. Petersburg gegeben, nachdem die Initiatoren in Kiew gewesen waren. Neue Entwicklungen dazu gibt es laut Kreml nicht.

Der Westen wirft Putin immer wieder vor, nicht ernsthaft an Verhandlungen interessiert zu sein. Zudem hat der Kremlchef selbst das Existenzrecht der Ukraine infrage gestellt. Die USA, Deutschland und andere Nato-Mitglieder hatten Russland immer wieder zum Truppenabzug aus der Ukraine aufgerufen - als Vorbedingung für Verhandlungen. Das lehnt Moskau ab. Die Kriegsparteien hatten zuletzt erklärt, den Konflikt auf dem Schlachtfeld auszutragen. Die Ukraine führt aktuell mit militärischer Hilfe aus Nato-Staaten ihre Gegenoffensive zur Befreiung ihrer Gebiete von russischer Besatzung.

Kiew an Putin: Schluss mit der »Jammerei«!

Der Berater des ukrainischen Präsidentenbüros, Mychajlo Podoljak, bezeichnete Putins Aussagen als »Jammerei«. Verhandlungen hätten keinen Sinn, »weil die Russische Föderation das internationale Recht und die globale Sicherheitsordnung untergräbt«. Russland habe einen großen blutigen, nicht provozierten Krieg begonnen. »Was gibt es da zu reden und mit wem?«, meinte Podoljak auf Twitter.

»Wenn Moskau verhandeln will, ist der Weg klar: 1. Raus aus der Ukraine. 2. Auswechseln der politischen Elite. 3. Eingeständnis der Kriegsverbrechen. 4. Auslieferung der Initiatoren des Krieges an ein Tribunal«, schrieb er.

AA-Vorsitzender: Russland ein wichtiger Partner

Seinen Gipfel in St. Petersburg nutzte Putin dagegen einmal mehr, um sich als guter Gastgeber zu inszenieren, der bereit ist zu einer breiten Zusammenarbeit mit freundlich gesinnten Staaten. Der Vorsitzende der Afrikanischen Union und Präsident der Komoren, Azali Assoumani, hatte einen »brüderlichen Empfang« in Russland gelobt - wie beim ersten Gipfel vor vier Jahren in Sotschi am Schwarzen Meer. Russland habe immer an der Seite Afrikas gestanden, habe ungeachtet aller Schwierigkeiten den Unabhängigkeitskampf der Länder unterstützt und sei ein wichtiger Partner, sagte Assoumani.

Putin kündigte wie am ersten Gipfeltag am Donnerstag erneut russische Hilfen an beim Streben der Länder, sich von den »Überbleibseln des Kolonialismus« zu befreien. Dabei versicherte der Kremlchef abermals, dass Russland verlässlicher Lieferant von Getreide für die Staaten des Kontinents bleiben werde. Zugleich kam von den afrikanischen Vertretern teils deutliche Kritik an Putins Aufkündigung des Schwarzmeer-Abkommens zum Export ukrainischen Getreides, auf das viele ärmere Länder angewiesen sind. Russland wolle zudem seine Präsenz in Afrika ausbauen, kündigte Putin an.

Putin wollte bei dem Afrika-Gipfel zeigen, dass er trotz seines Angriffskrieges und der Sanktionen des Westens international nicht isoliert ist. Vertreten waren laut Kreml 49 der 54 Länder. Nur aus 17 kamen demnach Staats- und Regierungschefs. Das sind weniger Teilnehmer als bei der Gipfelpremiere 2019.

© dpa-infocom, dpa:230728-99-579315/4