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Proteste in Libyen nach Berichten über Israel-Treffen

Israels Außenministerium zufolge gibt es mit Libyen Gespräche über eine mögliche Zusammenarbeit. Die libysche Regierung bestreitet dies. In Tripolis brechen gewaltsame Proteste aus.

Proteste in Libyen
Menschen verbrennen Fotos, die den israelischen Außenminister Eli Cohen und seine libysche Amtskollegin Nadschla al-Mankusch zeigen. In Libyen ist es in der Nacht zum Montag zu gewaltsamen Protesten gekommen. Foto: Yousef Murad/DPA
Menschen verbrennen Fotos, die den israelischen Außenminister Eli Cohen und seine libysche Amtskollegin Nadschla al-Mankusch zeigen. In Libyen ist es in der Nacht zum Montag zu gewaltsamen Protesten gekommen.
Foto: Yousef Murad/DPA

In Libyen ist es in der Nacht zum Montag zu gewaltsamen Protesten gekommen. Zuvor war bekannt geworden, dass sich die libysche Außenministerin Nadschla al-Mankusch vergangene Woche inoffiziell mit ihrem israelischen Amtskollegen Eli Cohen getroffen haben soll, obwohl die beiden Länder keine offiziellen diplomatischen Beziehungen unterhalten, wie libysche Medien am Montag berichteten. Israels Außenministerium zufolge sprachen die Vertreter beider Staaten in Italien über eine mögliche Zusammenarbeit.

Ministerpräsident Abdul Hamid Dbaiba hatte seine Außenministerin Berichten zufolge am Sonntag von ihren Aufgaben freigestellt, um den Fall zu untersuchen. Die libysche Nachrichtenseite Al-Wasat meldete am Montag unter Berufung auf Sicherheitskreise, die Außenministerin sei inzwischen mit einem Regierungsflugzeug in die Türkei geflogen.

Augenzeugen zufolge zündeten Demonstranten in Tripolis Reifen an und blockierten Straßen. Demonstranten forderten demnach den Rücktritt der Regierung von Ministerpräsident Dbaiba. Ein im Internet verbreitetes Video soll zeigen, wie Menschen die Residenz von Dbaiba in Brand setzen. Es war unklar, ob sich der Regierungschef zu dem Zeitpunkt in dem Gebäude befand. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Große Freude unter den Feinden Dbaibas

Der Libyen-Experte Jalel Harchaoui vom britischen Royal United Services Institute (RUSI) schrieb auf der Plattform X, ehemals Twitter, Feinde Dbaibas nutzten die Meldung über das Treffen aus und führten die Proteste an. Dbaibas Feinde könnten ihr Glück kaum fassen und betrachteten seinen Fehltritt als ein Geschenk des Himmels.

Das Außenministerium in Tripolis dementierte Gespräche mit Cohen in Rom. Bei dem Treffen in der italienischen Hauptstadt habe es sich lediglich um eine »informelle« und »unvorbereitete« Zusammenkunft gehandelt. In einer Stellungnahme des Ministeriums hieß es, man lehne eine Normalisierung der Beziehungen mit Israel kategorisch ab. Laut einem Gesetz von 1957 sind solche Kontakte zu Israel strafbar.

Israels Außenministerium hatte am Sonntagabend mitgeteilt, Al-Mankusch und Cohen seien in der vergangenen Woche in Italien zusammengekommen, um die Möglichkeit einer Zusammenarbeit zu besprechen. Es sei das erste Treffen der Außenminister beider Länder gewesen. Dabei sei es um die Erhaltung jüdischer Kulturdenkmäler in Libyen sowie eine mögliche Unterstützung Israels für das Bürgerkriegsland Libyen gegangen. Cohen sprach den Angaben nach von einem »historischen Treffen«. Es sei der erste Schritt in der Etablierung von Beziehungen zwischen beiden Staaten gewesen.

Werden Fortschritte in den Beziehungen zerstört?

Israelische Medien werteten die Reaktion aus Tripolis allerdings als Zunichtemachen der Fortschritte in den Beziehungen der beiden Staaten. Israels Außenministerium äußerte sich bislang nicht zu den jüngsten Entwicklungen in Libyen.

Kontakte zwischen Vertretern beider Ländern hatte es Berichten zufolge bereits zuvor gegeben - wenn auch nicht auf dieser hochrangigen Ebene. Israelische Medien meldeten vor knapp zwei Jahren, der mächtige und vor allem im Osten des Landes einflussreiche General Chalifa Haftar, der damals seine Kandidatur für die Präsidentenwahl bekanntgab, habe militärische und diplomatische Unterstützung in Israel gesucht. Im Gegenzug wolle er Beziehungen zu Israel aufnehmen, sollte er die Wahl gewinnen. Diese fand allerdings niemals statt.

Das Parlament im Osten Libyens kündigte an, am Montag zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenzukommen.

Faktisch gespaltenes Land

In Libyen war nach dem Sturz von Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 ein Bürgerkrieg ausgebrochen. In dem faktisch gespaltenen Land ringen zwei Regierungen und etliche Milizen um die Macht. 2020 trat eine Waffenruhe in Kraft. Vereinzelt kommt es aber immer wieder zu Gewalt und Zusammenstößen verfeindeter Milizen. Mehrere ausländische Staaten, darunter die Türkei und Russland, sind an dem Konflikt beteiligt. Alle diplomatischen Bemühungen, den Konflikt friedlich beizulegen, scheiterten bisher.

Im September 2020 hatte Israel unter US-Vermittlung die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie Bahrain vereinbart. Marokko und der Sudan kündigten solche Schritte danach ebenfalls an. Zuvor unterhielten mit Ägypten und Jordanien nur zwei arabische Staaten Beziehungen zu Israel.

© dpa-infocom, dpa:230828-99-983822/4