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Premier Sunak will Scherben seiner Vorgängerin aufkehren

Großbritannien hat - schon wieder - einen neuen Premier. Nach dem beispiellosen Regierungschaos der vergangenen Monate soll mit Rishi Sunak Stabilität in die Downing Street einkehren.

Rishi Sunak vor der 10 Downing Street
Großbritanniens neuer Premierminister Rishi Sunak bei seiner Ansprache vor der 10 Downing Street. Foto: Stefan Rousseau
Großbritanniens neuer Premierminister Rishi Sunak bei seiner Ansprache vor der 10 Downing Street.
Foto: Stefan Rousseau

Nach dem Scheitern seiner Vorgängerin hat der neue britische Premierminister Rishi Sunak zum Amtsantritt der Nation eine Bewältigung der enormen Probleme im Land versprochen. Es wurden Fehler gemacht", sagte Sunak in seiner ersten Ansprache in der Downing Street mit Blick auf die kurze Amtszeit von Liz Truss. Diese war mit ihrer radikalen Wirtschaftspolitik nach nur rund sechs Wochen gescheitert. Er wolle den Schaden reparieren, sagte der 42-Jährige.

Die Konservative Partei hatte Sunak Anfang der Woche zum neuen Parteichef gekürt - und damit auch zum Premier. König Charles III. beauftragte ihn am Dienstagvormittag im Buckingham-Palast offiziell mit der Bildung einer Regierung.

Sunak ist der erste indischstämmige britische Regierungschef und außerdem der jüngste Premier seit mehr als 200 Jahren. Der Vater zweier Töchter hat einen beispiellosen Aufstieg hingelegt. 2015 erstmals ins Parlament gewählt, zieht er nur sieben Jahre später bereits in die Downing Street ein - so schnell wie kein anderer in der jüngeren Geschichte. Er ist bereits der dritte Premierminister in nur zwei Monaten, nachdem Truss als Regierungschefin mit der kürzesten Amtszeit in die Geschichtsbücher eingeht.

Truss verteidigt eigene Politik

Trotzdem verteidigte die 47-Jährige am Dienstagmorgen noch einmal ihre Politik, bevor sie in einer Audienz bei König Charles formell ihren Rücktritt einreichte. »Aus meiner Zeit als Premierministerin bin ich mehr überzeugt denn je, dass wir mutig sein müssen angesichts der Herausforderungen, denen wir uns gegenüber sehen«, sagte Truss. Sie glaube noch immer an Wirtschaftswachstum durch niedrige Steuern, außerdem müsse Großbritannien seine »Brexit-Freiheiten« ausnutzen.

Truss hatte mit radikalen Steuerreformen, die allein mit neuen Schulden gegenfinanziert werden sollten, Turbulenzen an den Finanzmärkten ausgelöst. Nach scharfer Kritik auch aus den eigenen Reihen musste sie zurückrudern - ihre Autorität war beschädigt. Sunak versprach dem Land nun mehr Stabilität in einer »ernsthaften Wirtschaftskrise«, warnte jedoch auch, dafür müssten »schwierige Entscheidungen« getroffen werden.

Kabinettsumbildung

Mit der Ernennung seiner Kabinettsmitglieder setzte Sunak am Dienstag bereits erste Akzente. Das Festhalten an Finanzminister Jeremy Hunt, der nach seiner Ernennung in einer spektakulären 180-Grad-Wende Truss' Wirtschafsreform fast vollständig zurücknahm, gilt als Garant für Stabilität. Er soll bereits Anfang nächster Woche einen mittelfristigen Finanzplan vorlegen. Der Sunak-Verbündete Dominic Raab kehrt als Justizminister und Vize-Premier zurück. Anders als erwartet bekam Penny Mordaunt - Rivalin im Rennen um die Downing Street - kein Schlüsselministerium, sondern bleibt Ministerin für Parlamentsfragen.

Für Erstaunen sorgte die Ernennung von Suella Braverman aus dem rechten Parteiflügel als erneute Innenministerin. Diese war erst vor sechs Tagen wegen eines Regelbruchs aus dem Truss-Kabinett ausgeschieden. Braverman steht für einen extrem harten Kurs in der Einwanderungspolitik. Die Personalie gilt als Versuch, die verschiedenen Flügel der Tory-Partei hinter sich zu vereinen. Grant Shapps, der für wenige Tage an der Spitze des Innenministeriums stand, wird unter Sunak nun Wirtschafts- und Energieminister. Ben Wallace bleibt Verteidigungsminister. Sunak versprach nach Amtsantritt, die Regierung mit Integrität anführen und Vertrauen wieder herstellen zu wollen.

Die frühere Staatssekretärin Atkins zeigte sich am Dienstag überzeugt, dass die Tories ihre Streitigkeiten beenden könnten. An der Parteibasis aber gibt es Kritik, weil Sunak ohne Abstimmung der Mitglieder ins Amt kommt. Die Opposition fordert Neuwahlen, was der Premier aber bereits abgelehnt hat. In Umfragen liegen die Tories abgeschlagen hinter der größten Oppositionspartei Labour und dürften im Fall einer vorgezogenen Parlamentswahl etliche Mandate verlieren.

Boris Johnson gratuliert

Unter den ersten Gratulanten war Sunaks Vor-Vorgänger: Trotz einer schwierigen Beziehung der beiden Politiker beglückwünschte Ex-Premier Boris Johnson den neuen Regierungschef. »Dies ist der Moment für alle Konservativen, unseren neuen Premierminister von ganzem Herzen zu unterstützen«, schrieb Johnson auf Twitter. Er bezeichnete den Amtsantritt Sunaks als »historischen Tag«.

© dpa-infocom, dpa:221025-99-254583/12