Die USA haben der Türkei im Zusammenhang mit dem gerichtlich angeordneten Politikverbot für den Istanbuler Bürgermeister »Schikane« vorgeworfen. Man sei »zutiefst beunruhigt und enttäuscht über das Urteil« sowie »anhaltende gerichtliche Schikane von Vertretern aus Zivilgesellschaft, Medien, Politik und Wirtschaft«, hieß es gestern in einer Mitteilung des US-Außenministeriums.
Ekrem Imamoglu, Politiker der landesweit stärksten Oppositionspartei CHP, war am Mittwoch zu einer Haftstrafe von zweieinhalb Jahren und einem Politikverbot verurteilt worden. Er habe Beamte der Wahlbehörde beleidigt, indem er sie als »Idioten« bezeichnet habe, so das Urteil. Erst wenn das Urteil rechtskräftig ist, muss Imamoglu sein Amt als Bürgermeister von Istanbul aufgeben.
Der nun 52-Jährige hatte das politisch enorm einflussreiche Amt 2019 gewonnen und Präsident Recep Tayyip Erdogan und dessen islamisch-konservativer Partei AKP damit eine herbe Niederlage zugefügt. Imamoglu galt bisher als aussichtsreicher Erdogan-Herausforderer für die Präsidentenwahl im kommenden Jahr. Laut Istanbuler Stadtverwaltung hat die Staatsanwaltschaft bereits Einspruch gegen das Urteil eingelegt, weil ihr die Strafe zu niedrig sei.
Kritiker nannten das Verfahren gegen Imamoglu »politisch motiviert«. Die türkische Regierung kritisierte diese Darstellung wiederum als »Lynchkampagne« gegen Erdogan und die Regierung.
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