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Politiker: Rettung afghanischer Helfer »trauriges Kapitel«

SPD-Politiker Michael Müller fordert von der Bundesregierung eine schnellere Umsetzung von Sicherheitsverfahren, um weitere afghanische Helfer rasch aufzunehmen.

Michael Müller
SPD-Außenpolitiker Michael Müller Michael Müller fordert die Rettung afghanischer Helfer. Foto: Fabian Sommer/DPA
SPD-Außenpolitiker Michael Müller Michael Müller fordert die Rettung afghanischer Helfer.
Foto: Fabian Sommer/DPA

Der SPD-Außenpolitiker Michael Müller hat die schleppende Rettung von Afghanen kritisiert, die für die Bundeswehr und andere deutsche Organisationen in dem Land gearbeitet haben. Dies sei ein »trauriges Kapitel«, sagte der Vorsitzende der Enquete-Kommission »Lehren aus Afghanistan« dem »Tagesspiegel«.

»Ich habe großes Verständnis dafür, dass die Bundesregierung wissen will, wer ins Land kommt. Sicherheitsverfahren sind richtig, aber sie müssen schneller umgesetzt werden«, mahnte Müller. Man habe 30.000 von 40.000 Afghanen, die für Deutschland tätig waren, aufgenommen. »Aber wir dürfen auch die restlichen 10.000 Menschen dort nicht allein lassen, sondern müssen ihnen nun rasch helfen.«

Fehler in der Afghanistan-Politik

Müller verteidigte zwei Jahre nach der Machtübernahme der Taliban in Kabul den jahrelangen Auslandseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan. »Wir haben für fast eine Generation Freiheiten, Bildungsangebote, Infrastruktur und ein besseres Lebensumfeld schaffen können«, sagte der Kommissionsvorsitzende. »Ist das nichts? Und manche Grundlage wirkt fort. Es war nicht umsonst«, stellte Müller fest.

Der SPD-Politiker räumte aber auch schwere Fehler in der Afghanistan-Politik ein. »Es war vermutlich eine Ursünde, die Taliban nicht einzubeziehen, das haben uns auch angehörte Experten so bestätigt«, sagte Müller. »Der Kampf gegen den Terror war nachvollziehbar. Der Aufbau eines Staates nach westlichem Modell war jedoch unrealistisch. Es konnte auf Dauer nicht funktionieren.«

Zu starke Abhängigkeit vom US-Militär

Es habe Deutschland und seinen Alliierten an Kenntnis und an Sensibilität für das Land und die Kultur gemangelt, aber auch an dem Willen wichtiger Entscheider in der afghanischen Bevölkerung. Beim Einsatz selbst sei Deutschland zu stark vom US-Militär abhängig gewesen. »Unsere Abhängigkeit vom politischen Willen der USA war damit eindeutig zu groß«, sagte Müller.

Die Enquete-Kommission des Bundestages hatte im September 2022 ihre Arbeit aufgenommen. Sie soll nicht nur den Einsatz in Afghanistan aufarbeiten, sondern Vorschläge für eine kritischere Begleitung laufender und künftiger Bundeswehr-Einsätze liefern.

Parallel beleuchtet ein Untersuchungsausschuss des Bundestages die hektische Evakuierung aus Kabul im Sommer 2021. Die militant-islamistischen Taliban hatten am 15. August vor zwei Jahren nach einer Blitzoffensive Kabul praktisch ohne Gegenwehr eingenommen.

© dpa-infocom, dpa:230812-99-811442/2