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Polens Parlament beschließt Referendum zum EU-Asylkompromiss

Zeitgleich mit der Parlamentswahl im Oktober sollen die Polen in einer Volksabstimmung ihre Meinung zum EU-Asylkompromiss äußern. Die Opposition äußert massive Vorwürfe gegen die nationalkonservative PiS-Regierung.

Przemyslaw Czarnek
Polens Bildungsminister Przemyslaw Czarnek spricht bei einer Pressekonferenz. Foto: Piotr Nowak/DPA
Polens Bildungsminister Przemyslaw Czarnek spricht bei einer Pressekonferenz.
Foto: Piotr Nowak/DPA

Polen wird parallel zur Parlamentswahl am 15. Oktober ein Referendum über den EU-Asylkompromiss und drei weitere Themen abhalten. Einen entsprechenden Entschluss verabschiedete das Parlament mit 234 von 451 Stimmen.

Vertreter der Opposition warfen der nationalkonservativen PiS-Regierung vor, sie wolle mit der Volksabstimmung das Ergebnis der Wahl beeinflussen und staatliche Ressourcen für den Wahlkampf einsetzen.

Nach dem Vorschlag der PiS enthält das Referendum vier Fragen. Eine davon bezieht sich auf den EU-Asylkompromiss und die verpflichtende Aufnahme von Flüchtlingen. Konkret soll sie lauten: »Unterstützen Sie die Aufnahme von Tausenden illegalen Einwanderern aus dem Nahen Osten und Afrika nach dem von der europäischen Bürokratie auferlegten Mechanismus der verpflichtenden Aufnahme?« Der Ausgang des Referendums hat keinen Einfluss auf den Entscheidungsprozess innerhalb der EU.

Reform der Asylpolitik

Anfang Juni hatten sich die EU-Innenminister auf eine Reform der Asylpolitik geeinigt. Diese sieht vor, dass die Aufnahme von Flüchtlingen künftig nicht mehr freiwillig, sondern verpflichtend sein soll. Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, würden zu Ausgleichszahlungen gezwungen. Polens Regierung widersetzt sich.

Bei der Vorstellung der Referendumsfragen im Parlament kritisierte Bildungsminister Przemyslaw Czarnek die aus seiner Sicht »absurde Migrationspolitik« Deutschlands. Er verglich Kriminalitätsstatistiken aus westeuropäischen Ländern mit denen aus Polen. »Sie wollen, dass Frauen in Polen vergewaltigt werden wie in Frankreich, Belgien oder Deutschland. Die Polen werden dazu «Nein» sagen«, rief er in Richtung Opposition.

Die anderen Fragen in der geplanten Volksabstimmung beziehen sich auf die Privatisierung staatlicher Unternehmen, die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters und die Befestigung an der Grenze zu Belarus. Alle Fragen sind sehr suggestiv formuliert und lassen eigentlich nur die Antwort »Nein« zu. So lautet die Frage zur Privatisierung: »Unterstützen Sie den Verkauf von Staatsvermögen an ausländische Unternehmen, der zum Verlust der Kontrolle von Polinnen und Polen über strategische Wirtschaftsbereiche führt?«

Fragen seien »ideologisiert und europafeindlich«

Die Fragen seien »grenzenlos dumm, tendenziös, ideologisiert und europafeindlich«, kritisierte die Abgeordnete Joanna Senyszyn von der Demokratischen Linken. Es gehe der PiS nicht um die Meinung der Bürger. »Sie wollen mit Mitteln aus dem Staatshaushalt, die für das Referendum ausgegeben werden, illegal Ihren Wahlkampf finanzieren.« Parteichef Wladyslaw Kosiniak-Kamysz von der Bauernpartei PSL warf der PiS vor, sie wolle mit dem Referendum die Parlamentswahl manipulieren.

Die seit 2015 regierende PiS war zuletzt wegen hoher Inflation, eines strengen Abtreibungsrechts und diverser Skandale um Vetternwirtschaft unter Druck geraten. Vor diesem Hintergrund brachte Parteichef Jaroslaw Kaczynski im Juni die Idee eines Referendums parallel zur Parlamentswahl ins Spiel. Zunächst sollte es dabei nur um die EU-Migrationspolitik gehen, dann wuchs die Zahl der Fragen auf vier.

Seit dem Ende des Kommunismus 1989 hat es öfter Referenda in Polen gegeben, etwa 1997 über die Annahme einer neuen Verfassung und 2003 über den Beitritt Polens zur EU. Allerdings wurde kein Referendum parallel zu einer Wahl abgehalten.

© dpa-infocom, dpa:230817-99-869399/3