Papst Franziskus hat beim Weltjugendtag der Katholiken (WJT) in Lissabon einen mutigen Friedenskurs Europas angemahnt. Zugleich forderte er neue politische Zukunftsvisionen. Der Kontinent müsse sich seinen Problemen stellen, sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche im Kulturzentrum von Belém.
Angesichts von Kriegen und Konflikten sowie dem dadurch ausgelösten Leid und der Migration sparte Franziskus nicht mit Kritik an Europa, das es an Anstrengungen zur Lösung der Probleme der Welt mangeln lasse. »Wohin steuerst du, Europa, wenn du der Welt keinen Friedenskurs vorschlägst, keine kreativen Wege, um den Krieg in der Ukraine zu beenden und die vielen Konflikte, die die Welt mit Blut beflecken?«, fragte er. Vor allem das Fehlen eines mutigen Friedenskurses sei spürbar. Es werde mehr Geld in Waffen investiert, als in die Zukunft der Kinder.
Europa müsse sich außerdem seinen Problemen stellen, sagte er. Er kritisierte den Umgang mit Migranten an den Außengrenzen und im Mittelmeer, den Geburtenrückgang sowie die Diskussionen über die Sterbehilfe. Zusätzlich scheine es ihm, dass die »weltweiten Ungerechtigkeiten, die Kriege, die Klima- und Migrationskrisen schneller voranschreiten als die Fähigkeit und oft auch der Wille, diesen Herausforderungen gemeinsam entgegenzutreten«, so Franziskus.
Papst: Europa könnte Treiber für weltweite Öffnung sein
Er träume stattdessen von einem »Europa als dem Herzen des Westens«, das seinen Einfallsreichtum dafür einsetzt, um Kriegsherde zu löschen und Hoffnungslichter zu entzünden. Der Kontinent könne ein Treiber für die weltweite Öffnung sein, die auf der Welt gebraucht werde. Die Welt brauche Europa, »das wahre Europa«, als Brückenbauer und Friedensstifter.
Der 86-jährige Argentinier erwähnte zudem drei »Baustellen der Hoffnung«, die Fragen der Umwelt, Zukunft und der Geschwisterlichkeit umfassen. Daran müsse man gemeinsam arbeiten. Er forderte etwa Anstrengungen zum Klimaschutz, Bemühungen gegen Geburtenrückgänge sowie die Förderung des Sinns für Gemeinschaft unter den Menschen. Angesichts von »verschiedenen Arten des Populismus und Verschwörungstheorien« sei der Weltjugendtag eine Gelegenheit, etwas gemeinsam aufzubauen.
Fünftägige Pilgerreise in Portugal
Der Pontifex hält sich für eine fünftägige Pilgerreise in Portugal auf. Bei seiner Ankunft am Morgen wurde er von portugiesischen Spitzenpolitikern und Klerikern begrüßt. Zwei Kinder überreichten ihm in Tracht Blumen. Zehntausende Gläubige jubelten dem Pontifex zu und begrüßten ihn mit Fahnen und Postern. Angesichts des WJT sagte er bereits zuvor im Flugzeug, er werde »verjüngt« zurückkehren.
Bei der Willkommenszeremonie mit dem portugiesischen Staatspräsidenten Marcelo Rebelo de Sousa im Palácio Nacional de Belém lobte Franziskus den Charakter der westlichsten Hauptstadt Europas als »Stadt der Begegnung«. Lissabon könne Wege aufzeigen, »wie wir uns gemeinsam den großen Fragen Europas und der Welt stellen können«.
Bereits seit längerer Zeit wurde die Anwesenheit von Papst Franziskus beim Weltjugendtag in Lissabon mit großer Freude von den Jugendlichen und jungen Menschen erwartet. Die diesjährige Ausgabe ist die vierte für Franziskus. Zuvor nahm er in Rio de Janeiro (2013), Krakau (2016) und Panama (2019) an dem Glaubensfest teil.
Zu den Höhepunkten seiner Reise zählen sein Besuch im Wallfahrtsort Fátima, das Abendgebet am Samstag sowie die Heilige Messe am Sonntag. Franziskus ist es seit jeher ein besonderes Anliegen, mit jungen Menschen zusammenzukommen. Kardinal-Staatssekretär Pietro Parolin sagte dem Nachrichtenportal »Vatican News«, der Papst habe sehr große Erwartungen an den WJT.
© dpa-infocom, dpa:230802-99-660966/9