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Orban sieht Trump als Friedenshoffnung

Das Treffen mit Kanzler Olaf Scholz bleibt beim Besuch von Viktor Orban in Berlin eine Randnotiz. Der ungarische Regierungschef schwärmt von Merkel und setzt große Hoffnung auf Trump.

Viktor Orban
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban. Foto: Britta Pedersen
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban.
Foto: Britta Pedersen

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban fordert Verhandlungen zwischen den USA und Russland über einen Waffenstillstand in der Ukraine - und setzt dabei auf den vor zwei Jahren abgewählten US-Präsidenten Donald Trump.

»Die Feuerpause muss nicht zwischen Russland und der Ukraine zustandekommen, sondern zwischen Amerika und Russland«, sagte Orban während seines Berlin-Besuchs.

Den derzeitigen US-Präsidenten Joe Biden sieht er wegen dessen scharfer Verbalattacken (»Kriegsverbrecher«, »Schlächter«, »mörderischer Diktator«) gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin aber nicht als geeigneten Verhandlungsführer auf US-Seite. »Das wird jetzt brutal klingen, was ich sage. Aber Hoffnung für den Frieden heißt Donald Trump«, sagte Orban bei einer Veranstaltung des Magazins »Cicero« und der »Berliner Zeitung« laut offizieller Übersetzung.

Orban nennt Merkels Agieren in Krim-Krise ein »Meisterwerk«

Geradezu ins Schwärmen geriet Orban, als es um die frühere Rolle von Kanzlerin Angela Merkel im Ukraine-Konflikt ging. Die Frage, ob es aus seiner Sicht keinen Ukraine-Krieg gegeben hätte, wenn Merkel Kanzlerin geblieben wäre, bejahte der ungarische Regierungschef. Merkel habe bereits 2014 durch ihr Agieren nach der russischen Annexion der Krim einen Krieg verhindert, sagte er.

»Was Angela Merkel gemacht hat zu Zeiten der Krim-Krise, das war ein Meisterwerk«, sagte Orban. Es sei damals nicht zu einem Krieg gekommen, weil der Konflikt durch die diplomatischen Bemühungen Deutschlands isoliert worden sei. »Sie haben nicht zugelassen, dass das hoch geht und wir alle involviert werden.« Als Russland im Februar die Ukraine angegriffen habe, habe es dagegen niemanden gegeben, der auch nur den Versuch unternommen hätte, das zu verhindern.

Nach Scholz-Gespräch: »Freue mich, ... dass er noch lebt«

Orban hatte Merkel am Sonntag während seines mehrtägigen Aufenthalts in Berlin getroffen. Über Inhalte des Gesprächs wurde zunächst nichts bekannt. Am Montag war Orban dann von Scholz im Kanzleramt empfangen worden. Anschließend sagte der Ministerpräsident: »Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass er (Scholz) noch lebt. Ich ebenfalls. Das Gespräch war also fruchtbar.«

Das Kanzleramt teilte nichts zu der Unterredung mit, die laut Orban zwei Stunden dauerte. Eine bei solchen Treffen übliche gemeinsame Pressekonferenz war ohne Begründung gar nicht erst angesetzt worden.

Der ungarische Regierungschef gilt vielen in der EU als rechtsnationaler Querulant. Immer wieder werden ihm Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit vorgeworfen, er steht aktuell wegen mutmaßlichen Missbrauchs von EU-Geldern in der Kritik.

Orban: Sanktionen gegen Russland »bringen uns um«

Zuletzt machte er vor allem mit seiner Kritik an den EU-Sanktionen gegen Russland auf sich aufmerksam. Diese Kritik bekräftigte er in Berlin. »Die Sanktionen in dieser Form, die bringen uns um«, sagte er. Sie würden auch die deutsche Wirtschaft zugrunde richten. »Das was die (EU-)Kommission in Sachen Sanktionen jetzt macht, das ist katstrophal.«

Orban vertrat die Auffassung dass die Sanktionen der EU in ihrer jetzigen Form mehr schaden würden als Russland. Wenn sie intelligenter gestaltet worden wären, wären die Energiepreise heute nicht so hoch. »In der Energiefrage sind wir Zwerge und die Russen Riesen. Ein Zwerg sanktioniert einen Riesen. Und dann sind erstaunt, dass der Zwerg dann stirbt.«

Orban: USA und Russland müssen sich einigen

Orban plädierte vehement dafür, über Verhandlungen zu einem Waffenstillstand zu kommen. Die Ukraine sollte seiner Meinung nach aber nicht daran beteiligt werden. »Wer denkt, dass dieser Krieg durch russisch-ukrainische Verhandlungen abgeschlossen wird, der lebt nicht auf dieser Welt. Die Machtrealität ist anders.« Die Ukraine könne ihren Abwehrkampf gegen die russischen Invasoren nur führen, weil sie von den USA militärisch unterstützt werde. »Deswegen müssen sich die Amerikaner mit den Russen einigen. Und dann ist der Krieg zu Ende.«

© dpa-infocom, dpa:221011-99-85614/5