Seoul (dpa) - Im Streit mit den USA um sein Atomwaffenprogramm sieht sich Nordkorea grundsätzlich nicht mehr an sein Moratorium für Tests von Atombomben und Interkontinentalraketen gebunden.
Es gebe keinen Grund, »länger einseitig an die Verpflichtungen gebunden zu sein«, erklärte Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un am Dienstag zum Abschluss einer viertägigen Sitzung des Zentralkomitees der Arbeiterpartei in Pjöngjang. Die Welt werde zudem in naher Zukunft eine »neue strategische Waffe« im Besitz seines Landes erleben, wurde er von den Staatsmedien am Mittwoch zitiert. Die kommunistische Führung hatte bereits gedroht, falls Washington in ihren Atomgesprächen keine Zugeständnisse mache, werde man einen neuen Weg einschlagen.
Die Schuld für den Stillstand in den Verhandlungen gab Kim den USA, die er für ihr Festhalten an den Sanktionen gegen Pjöngjang kritisierte. Nordkorea hatte den USA einseitig eine Frist bis zum Jahresende gesetzt und den Ton nach und nach wieder verschärft. Jetzt drohte Kim mit »einer schockierenden effektiven Aktion, um sie (die USA) für das Leid zahlen zu lassen, das unsere Bürger bisher ertrugen«. Konkret wurde er nicht.
US-Präsident Donald Trump, der sich guter persönlicher Beziehungen zu Kim rühmt, äußerte sich am Dienstag (Ortszeit) auf seinem Anwesen in Palm Beach mit Blick auf seine Nordkorea-Diplomatie zuversichtlich. Kim habe eine Vereinbarung über atomare Abrüstung unterzeichnet. »Ich denke, er ist ein Mann, der zu seinem Wort steht, wir werden das herausfinden.«
Pjöngjang fordert unter anderem eine Aufhebung internationaler Sanktionen. Trump lehnt dies ab. Seine Bemühungen, Nordkorea zu einer atomaren Abrüstung zu bewegen, blieben trotz dreier Treffen mit Kim und vieler warmer Worte erfolglos.
Es sei Teil der Bemühungen um gegenseitiges Vertrauen gewesen, die Atomversuche und Tests mit Interkontinentalraketen auszusetzen, sagte Kim bei dem Parteitreffen. Den USA warf er vor, sein Land militärisch zu bedrohen und es durch Sanktionen »abdrosseln« zu wollen.
Den Teststopp hatte Kim im April 2018 kurz vor einem Gipfel mit dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In und zwei Monate vor seiner ersten Zusammenkunft mit Trump in Singapur ausgerufen. Kim hatte das Moratorium unter anderem mit der Vollendung des Atomwaffenprogramms begründet.
Ob er jetzt weiter für Verhandlungen mit Washington bereit ist, ließ Kim offen. In welchem Ausmaß Nordkorea seine »nukleare Abschreckung« ausbaue, werde von der künftigen Haltung der USA abhängen, sagte er. Es werde niemals eine Denuklearisierung auf der koreanischen Halbinsel geben, und Nordkorea werde stetig strategische Waffen entwickeln, »solange die USA ihre feindselige Politik« nicht aufgäben.
Den USA warf Kim unter anderem vor, das Versprechen Trumps zum Stopp von gemeinsamen Militärmanövern mit Südkorea gebrochen zu haben. US-Außenminister Mike Pompeo widersprach Kim in einem Interview des Sender CBS News: Er sei dabei gewesen, als Kim zugesagt habe, keine Interkontinentalraketen zu testen oder Atomversuche zu unternehmen. »Er machte solche verbindlichen Zusagen zu Präsident Trump im Gegenzug zur Zusage Trumps, keine großangelegten militärischen Übungen abzuhalten. Wir haben uns an unsere Zusagen gehalten.« Die USA und Südkorea hatten seit 2018 den Umfang gemeinsamer Übungen reduziert oder auch Manöver komplett abgesagt.
Beim ersten Gipfel mit Trump in Singapur hatte sich Kim zur »vollständigen Denuklearisierung« bereiterklärt. Doch gab es keine konkreten Zusagen, bis wann Nordkorea sein Atomwaffenarsenal aufgeben wolle. Die Verhandlungen sind seit dem Scheitern des zweiten Gipfels im Februar dieses Jahres in Vietnam nicht mehr vorangekommen.