Noch vor ihrer geplanten Vereidigung hat die rechts-religiöse Regierung des designierten israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu eine höchst umstrittene Gesetzesänderung durchgesetzt. 63 der 120 Abgeordneten stimmten am Dienstagmorgen in der Knesset nach stundenlangen Debatten dafür und 55 dagegen.
Die Gesetzesänderung soll es dem Vorsitzenden der strengreligiösen Schas-Partei, Arie Deri, ermöglichen, trotz einer Verurteilung wegen Steuervergehen Innenminister zu werden. Außerdem kann Bezalel Smotrich von der Religiös-Zionistischen Partei dadurch neben dem Amt des Finanzministers auch einen Ministerposten im Verteidigungsministerium erhalten.
Smotrich gilt als glühender Verfechter des Siedlungsausbaus im besetzten Westjordanland. Künftig soll er auch Einfluss auf die Verwaltung des Westjordanlandes und das Leben der Palästinenser erhalten. Smotrich strebt die Legalisierung weiterer israelischer Siedlungen an.
Rechtsextremer als Minister für Nationale Sicherheit vorgesehen
Die neue Regierung soll am Donnerstag vereidigt werden. Zuvor sollen noch die Befugnisse des Ministers für Nationale Sicherheit durch eine weitere Gesetzesänderung ausgeweitet werden. Das Amt soll der rechtsextreme Politiker Itamar Ben-Gvir erhalten. Neben der Polizei soll er nach der Gesetzesänderung auch für die Grenzpolizei im Westjordanland zuständig sein.
Der scheidende Verteidigungsminister Benny Gantz warnte angesichts der Änderungen vor einer weiteren Eskalation der Gewalt und vor Blutvergießen in der Region.
Nach seinem Wahlsieg am 1. November war es dem 73-jährigen Netanjahu gelungen, eine rechts-religiöse Koalition zu bilden. Seine Regierung plant weitreichende Gesetzesänderungen und eine gezielte Schwächung des Justizsystems. Die Änderungen könnten nach Ansicht von Experten auch eine Aufhebung des laufenden Korruptionsprozesses gegen Netanjahu bewirken.
Israels scheidender Regierungschef Jair Lapid sagte nach den bisherigen Gesetzesänderungen, die neue Regierung habe sich bereits vor ihrer Vereidigung als »die korrupteste aller Zeiten« erwiesen.
© dpa-infocom, dpa:221227-99-24521/5