Der im Straflager ums Leben gekommene Kremlkritiker Alexej Nawalny soll nach Angaben seines Teams an diesem Freitag in Moskau beerdigt werden. Am 1. März solle es zuerst eine Trauerfeier in einer Kirche im südöstlichen Bezirk Marjino geben und anschließend die Beisetzung des Leichnams auf dem Borissowskoje-Friedhof, schrieb Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch auf der Plattform X. Zuvor hatten Nawalnys Unterstützer tagelang nach einem Ort für die Trauerfeier gesucht und beklagt, dass sie dabei von den russischen Behörden behindert wurden.
Nach russisch-orthodoxer Tradition ist es eigentlich üblich, Tote nach drei Tagen zu beerdigen und ihren Leichnam vorher aufzubahren, damit Trauernde sich verabschieden können. Ein Saal für ein solches Abschiedsritual sei aber nicht zur Verfügung gestellt worden, schrieb Iwan Schdanow, der Direktor des von Nawalny gegründeten Anti-Korruptions-Fonds. Er veröffentlichte auf X ein entsprechendes Schreiben eines kommunalen Unternehmens an Nawalnys Mutter, das das belegen soll. »Die Drecksäcke«, schimpfte er mit Blick auf Staatsvertreter und die vielen Hindernisse, die diese den Angehörigen in den Weg legten. Laut Brauch müsste Nawalnys Leichnam aber zumindest beim Gedenkgottesdienst in der Kirche aufgebahrt werden.
Witwe Nawalnaja: Weiß nicht, ob es friedlich bleibt
Nawalnys Witwe Julia Nawalnaja ist besorgt, dass es bei der anstehenden Beerdigung ihres Mannes zu Gewalt und Festnahmen kommen könnte. »Die Beerdigung wird übermorgen stattfinden, und ich weiß noch nicht, ob sie friedlich verlaufen oder ob die Polizei diejenigen verhaften wird, die gekommen sind, um sich von meinem Mann zu verabschieden«, sagte Nawalnaja im Europaparlament in Straßburg.
Nawalnaja warf Kremlchef Wladimir Putin vor, ein »blutiger Mafioso« zu sein. Man könne ihm nicht mit einer weiteren Resolution oder einer weiteren Reihe von Sanktionen schaden, die sich nicht von den vorherigen unterschieden. »Putin ist der Anführer einer organisierten Verbrecherbande, darunter auch Giftmischer«, sagte sie. »Wir alle müssen die kriminelle Bande bekämpfen.«
Nawalnys Mutter beklagt: Erpresst, einer heimlichen Beisetzung zuzustimmen
Nawalny war offiziellen Angaben zufolge am 16. Februar im Alter von nur 47 Jahren in einem Straflager nördlich des Polarkreises gestorben. Der scharfe Kritiker von Kremlchef Wladimir Putin war durch einen Giftanschlag im Jahr 2020 und ständige Einzelhaft im Lager körperlich sehr geschwächt. Seine Unterstützer und auch viele internationale Beobachter sind sich deshalb einig, dass von einer »natürlichen« Todesursache, wie es auf dem Totenschein heißen soll, nicht die Rede sein kann.
Für besonderes Entsetzen sorgte auch, dass die Behörden Nawalnys Leiche zunächst rund eine Woche unter Verschluss hielten und seine Mutter Ljudmila Nawalnaja gemeinsam mit einem Anwalt in der Polarregion nach dem Körper suchen musste. Nawalnaja beklagte auch, sie sei von Ermittlern bedrängt und erpresst worden, einer heimlichen Beisetzung zuzustimmen. Das aber tat sie nicht - stattdessen forderte sie öffentlich, dass Angehörige und Unterstützer die Möglichkeit haben sollten, sich von ihrem Sohn zu verabschieden.
Schließlich erklärte Nawalnys Team dann, einen Ort für die Trauerfeier organisieren zu wollen. Die Suche gestaltete sich in den vergangenen Tagen allerdings erwartungsgemäß schwierig. Kurz vor der Präsidentenwahl am 17. März sind dem Kreml jegliche größeren kritischen Veranstaltungen ein Dorn im Auge. Hunderte Menschen wurden zuletzt schon bei der Niederlegung von Blumen für Nawalny festgenommen.
© dpa-infocom, dpa:240228-99-152650/7