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Nach Protest gegen Flüchtlingsunterkunft: Appell von Landrat

Ein Protest gegen den Beschluss zum Bau einer Flüchtlingsunterkunft in Mecklenburg führt zu Tumulten. Die Kreistagssitzung muss von der Polizei geschützt werden. Beobachter sehen Rechtsextreme am Werk.

Flüchtlingsunterkunft: Tumulte
Bei einer Versammlung gegen die Einrichtung einer Flüchtlingsunterkunft in Mecklenburg-Vorpommern kommt es zu tumultartigen Szenen. Foto: Malte Behnk
Bei einer Versammlung gegen die Einrichtung einer Flüchtlingsunterkunft in Mecklenburg-Vorpommern kommt es zu tumultartigen Szenen.
Foto: Malte Behnk

Nach den tumultartigen Protesten gegen den Bau einer Flüchtlingsunterkunft im Kreis Nordwestmecklenburg hat der dortige Landrat die Bundesregierung zum Handeln aufgefordert. »Der Bund muss endlich die Lage der Kommunen erkennen«, sagte der CDU-Politiker Tino Schomann am Freitagabend in den ARD-»Tagesthemen« mit Blick auf die Situation bei der Flüchtlingsunterbringung. »Der Bund muss begrenzen und steuern, muss die illegale Migration stoppen und muss die Abschiebeoffensive endlich starten, um auch Kapazitäten freiwerden zu lassen.«

»Wir laufen in eine Situation, die die Gesellschaft nicht mehr verstehen kann«, warnte Schomann. Er forderte: »Wir brauchen die Ressourcen und wir brauchen die Möglichkeiten, um das umzusetzen.«

120 Polizeibeamte schirmten Sitzung ab

Am Donnerstagabend hatten 700 Menschen während einer außerordentlichen Kreistagssitzung in Grevesmühlen gegen den geplanten Bau demonstriert. Einige versuchten, sich Zugang zum nicht-öffentlichen Teil der Sitzung zu verschaffen. 120 Polizeibeamte schirmten die Sitzung ab. Der Kreistag stimmte in der Sitzung dem Bau der Container-Unterkunft im Dorf Upahl zu.

400 Menschen unterzubringen in einer Gemeinde, wo 1600 Bürgerinnen und Bürger wohnten - »das ist ein Verhältnis, was nicht passt«, räumte Schomann ein. »Aber die Lage ist so brisant, weil wir keine Unterkunftskapazitäten haben, und schon Sporthallen belegt haben seit November (...).« Er bekomme keine Grundstücke angeboten - »ich höre immer nur: nein, nein, nein«.

Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, hatte jüngst gewarnt, viele Kommunen seien bei der Unterbringung von Flüchtlingen und Vertriebenen »längst an ihrer Leistungsgrenze«. In Deutschland hatten im vergangenen Jahr so viele Menschen Asyl beantragt wie seit 2016 nicht mehr. 217 774 Menschen stellten erstmalig in Deutschland ein solches Schutzersuchen, knapp 47 Prozent mehr als im Jahr davor. Zudem fanden 2022 rund eine Million Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland Aufnahme, die keinen Asylantrag stellen mussten.

© dpa-infocom, dpa:230128-99-387009/3