Logo
Aktuell Ausland

Moskau räumt Entsendung von 600 Wehrpflichtigen ein

Die Frage ist von großer Bedeutung für Putin: Hat Russland Wehrpflichtige in die Ukraine entsendet? Der Kreml schiebt die Schuld in die Schuhe von Offizieren.

Wehrpflichtige in der Ukraine
Russische Wehrpflichtige sind in die Ukraine entsendet worden. Foto: Uncredited
Russische Wehrpflichtige sind in die Ukraine entsendet worden.
Foto: Uncredited

Wegen der unerlaubten Entsendung von Wehrdienstleistenden in den Krieg gegen die Ukraine haben die russischen Behörden zwölf Offiziere bestraft.

»Etwa 600 Wehrdienstleistende sind zur militärischen Spezialoperation herangezogen worden, alle wurden innerhalb kürzester Zeit wieder zurückgeschickt«, sagte der Militärstaatsanwalt des russischen Wehrkreises West, Artur Jegijew, der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Die Offiziere seien deswegen zur Verantwortung gezogen worden, fügte er hinzu.

Kremlchef Wladimir Putin hatte versprochen, keine Wehrpflichtigen, sondern nur Zeit- und Berufssoldaten in der Ukraine einzusetzen. Als bekannt wurde, dass dennoch Wehrdienstleistende in den Krieg abkommandiert wurden, ordnete der russische Präsident öffentlich deren Rückholung an.

Putins Angst vor Mobilmachung gegen Krieg

Die Frage ist von großer symbolischer und politischer Bedeutung in Russland. Der Kreml hat den Krieg in der Ukraine als »militärische Spezialoperation« deklariert und zu verstehen gegeben, dass nur professionelle Militärs freiwillig dort kämpfen. Der Einsatz gewöhnlicher Soldaten, die zum Wehrdienst eingezogen wurden, birgt für die russische Führung die Gefahr, dass der Rückhalt in der Bevölkerung schwindet. Befürchtet wird, dass die Angst vor einer Mobilmachung wächst und der Krieg in der Ukraine ähnlich unbeliebt wird wie der in Tschetschenien oder in Afghanistan.

Schon jetzt deuten Aussagen von Soldaten darauf hin, dass der Einsatz keineswegs nur freiwillig ist. Viele Soldaten erklärten, sie seien zu einer Übung abkommandiert worden und hätten sich plötzlich im Krieg wiedergefunden. Andere berichten, sie seien unter Druck gesetzt worden, einen Vertrag als Zeitsoldat zu unterschreiben.

Nach Einschätzung von Bürgerrechtlern könnte die Zahl der tatsächlich in der Ukraine kämpfenden Wehrpflichtigen deutlich höher sein als offiziell angegeben. Allein auf dem Raketenkreuzer »Moskwa« haben einige gedient. Nach dem Untergang des Flaggschiffs der Schwarzmeerflotte erklärte das russische Verteidigungsministerium den Angehörigen der vermissten Matrosen, dass das Kriegsschiff nicht am Einsatz gegen die Ukraine beteiligt gewesen sei. Heute wurde immerhin bekannt, dass die Crew nun doch zu den Kriegsteilnehmern gerechnet wird. Das ist wichtig, damit die Angehörigen mit einer Kompensation rechnen können.

© dpa-infocom, dpa:220607-99-575200/2