CDU-Chef Friedrich Merz hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) angesichts der Belastungen der Bürger durch Inflation und drohender Energiekrise mangelnde Bereitschaft zur Zusammenarbeit vorgeworfen. »Wir sehen auf allen Ebenen ein auffallend schlechtes, zum Teil aggressiv ablehnendes Verhalten der SPD uns gegenüber«, sagte Merz, der auch Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag ist, in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. »Wir bedauern das und hätten es uns auch anders vorstellen können.«
Scholz selbst nehme das Angebot der Kooperation bei wichtigen Projekten »seit Anfang Mai nicht mehr an«, kritisierte Merz. »Ich beklage mich darüber nicht, ich stelle es nur fest.« Es sei »die Entscheidung der SPD und ihrer Führungsspitze, sich der Union gegenüber so zu verhalten, wie sie das gegenwärtig tut«.
Von den SPD-Ampelpartnern FDP und Grünen werde die Kommunikation mit der Union dagegen auf mehreren Ebenen aktiv gesucht - »und von uns natürlich aktiv erwidert«, ergänzte der Chef der größten Oppositionsfraktion im Parlament. Es sei auffällig, dass Grüne und FDP einen ganz anderen Umgang praktizierten als die SPD.
Merz kritisiert speziell Verteidigungsministerin Lambrecht
Woran das liege, könne er nicht abschließend beurteilen, sagte Merz. »Aber die SPD ist natürlich auch seit den verlorenen Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen und mit den schlechten Umfragewerten im Bund in einer sehr prekären Situation.« Im Grunde sei die SPD in den Umfragen wieder da, wo sie vergangenes Jahr um diese Zeit gestanden habe. »Sie stellt den Kanzler mit 18 Prozent in den Umfragen. Das hat es in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland noch nie gegeben, dass die Partei des Bundeskanzlers unter 20 Prozent liegt«, sagte Merz. »Dass das zu einer gewissen Nervosität in den Reihen der SPD führt, kann ich gut verstehen.«
Merz kritisierte besonders das Verhältnis zu Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) als »sehr kompliziert, sehr sperrig und wenig kooperativ«. Dies sei »ein Ausdruck ihrer eigenen Unsicherheit, ihrer eigenen Unkenntnis in Detailfragen«. Daher gehe Lambrecht jeder Debatte wenn möglich aus dem Weg und lese vorbereitete Sprechzettel vor. »Das ist die Folge dieser Fehlbesetzung. Sie ist in diesem Amt nicht angekommen und objektiv vollkommen überfordert.« Merz sprach von typischen Verhaltensweisen »von jemandem, der sich seiner Sache nicht sicher ist«. »Die Schuhe einer Verteidigungsministerin sind ihr zu groß.«
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