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Mehr Tempo beim Impfen gefordert

Noch sind die Impfzentren bundesweit längst nicht ausgelastet, doch mit neuen Impfstoffen kann sich das bald ändern. Die Kommunen drücken aufs Tempo, aus Sorge vor Ausbreitung eines mutierten Coronavirus.

Impfzentrum Hamburger Messehallen
Der Eingangsbereich des Corona-Impfzentrums in den Messehallen in Hamburg. Foto: dpa/Wendt
Der Eingangsbereich des Corona-Impfzentrums in den Messehallen in Hamburg.
Foto: dpa/Wendt

BERLIN. Der Deutsche Städtetag hat Bund und Länder zu mehr Tempo bei den Corona-Impfungen aufgefordert.

Städtetagspräsident Burkhard Jung sagte der Deutschen Presse-Agentur: »Derzeit impfen überwiegend mobile Teams in Pflege- und Altenheimen. Das ist wichtig. Dadurch stehen aber die Impfzentren überwiegend leer. Hier muss die Impfkampagne zügig an Fahrt gewinnen.« Die Menschen setzten große Hoffnungen in rasche, flächendeckende Impfungen. »Diese dürfen nicht enttäuscht werden.« Vizekanzler Olaf Scholz sagte der dpa, noch gebe es nicht genügend Impfstoff, deshalb erscheine manches Impfzentrum möglicherweise zu groß. »Doch bald wird sich das ändern«, betonte der Finanzminister.

An der Impfstrategie hatte es zuletzt große Kritik wegen bisher knapper Impfstoffmengen gegeben. Der Leipziger Oberbürgermeister Jung betonte: »Die kommunalen Impfzentren stehen bereit, in großem Umfang und rasch zu impfen. Pro Tag könnten dort bundesweit einige hunderttausend Menschen geimpft werden. Aber wir können erst richtig durchstarten, wenn mehr Impfstoff vor Ort ankommt.« Zuversichtlich stimme ihn, dass bald zwei Hersteller in großem Umfang liefern würden.

In den vergangenen Tagen hatte es mehrere gute Nachrichten gegeben, um beim Impfen voranzukommen. Seit Freitag kann aus den gelieferten Ampullen der Mainzer Firma Biontech und ihres US-Partners Pfizer mehr Impfstoff entnommen werden als bisher. Mengensteigerungen um bis zu 20 Prozent sollen möglich sein. EU-weit gibt es zudem eine neue Vereinbarung über bis zu 300 Millionen weiteren Biontech/Pfizer-Dosen.

Zudem soll der zweite in Europa zugelassene Impfstoff, der des US-Herstellers Moderna, ab kommenden Dienstag an die Bundesländer geliefert werden. Nach einer der dpa vorliegenden Aufstellung sollen zunächst 63.600 Dosen ankommen. Größere Lieferungen sind in der vierten, sechsten und achten Kalenderwoche geplant, dann von 674.400 Dosen. Ende Januar könnte zudem die Zulassung eines dritten Impfstoffs des Herstellers Astrazeneca folgen. Die EU hat von dem Präparat 400 Millionen Dosen bestellt.

Auch CSU-Generalsekretär Markus Blume mahnte mehr Tempo beim Impfen an. »Wir brauchen mehr Impfstoff und müssen die Produktion ankurbeln. Da passiert inzwischen sehr viel. Und wo bisher zu langsam geimpft wird, muss man schneller werden«, sagte Blume der »Rheinischen Post« (Samstag).

Sorgen bereitet Kommunen der mutierte Corona-Erreger, der bereits in mehreren Bundesländern nachgewiesen wurde, zuletzt am Freitag in Berlin. »Die Pandemie ist noch lange nicht vorbei. Das zeigen uns neue Herausforderungen wie die durch Mutationen des Erregers«, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städtetages, Helmut Dedy, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, forderte im RND, dass in größerem Umfang analysiert wird, »ob bei einer positiven Testung bereits die mutierte Variante festgestellt werden kann«.

Die deutschen Gesundheitsämter meldeten dem Robert Koch-Institut (RKI) 24.694 Corona-Neuinfektionen binnen eines Tages. Außerdem wurden 1083 neue Todesfälle innerhalb von 24 Stunden verzeichnet, wie das RKI am Samstagmorgen bekanntgab. Der Höchststand von 1188 neuen Todesfällen war am Freitag erreicht worden. Bei den binnen 24 Stunden registrierten Neuinfektionen war mit 33.777 am 18. Dezember der höchste Wert gemeldet worden - darin waren jedoch 3500 Nachmeldungen enthalten. Eine Interpretation der Daten bleibt schwierig, weil um Weihnachten und den Jahreswechsel Corona-Fälle laut RKI verzögert entdeckt, erfasst und übermittelt wurden.

Vizekanzler Olaf Scholz mahnte angesichts der Corona-Krise Transparenz gegenüber den Bürgern an. »In Zeiten von großer Unsicherheit ist Vertrauen eine ganz zentrale Kategorie des Regierens«, sagte der SPD-Politiker der dpa. Deshalb müsse der Grundsatz gelten: »Wenn sich Fragen aufdrängen, werden sie gestellt«. »Sonst entsteht leicht Misstrauen«, mahnte Scholz.

Die SPD-geführten Bundesländer hatten in der vergangenen Woche einen Fragenkatalog zu den Problemen bei der Impfung an Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geschickt. Scholz verteidigte dieses Vorgehen. Die gute Arbeit der schwarz-roten Regierung in der Krise enthebe nicht von der Pflicht, wenn nötig auch unbequeme Fragen zu stellen.

CSU-Generalsekretär Markus Blume entgegnete, die SPD übe sich als Regierungsteil in Opposition. »Wer mitten in der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg von Corona-Kampf auf Wahlkampf umschaltet, der muss sich fragen lassen, ob er das Format für größere Aufgaben hat«, sagte Blume der »Rheinischen Post«.

Scholz betonte, »die Impfstoff-Produktion muss endlich oberste Priorität haben.« Deshalb sei auch der neue Kabinettsausschuss mit Kanzlerin Angela Merkel, Spahn, Wirtschaftsminister Peter Altmaier, Kanzleramtschef Helge Braun (alle CDU) und ihm gebildet worden. »Wir bündeln die Kräfte, sprechen mit den Unternehmen in Deutschland und Europa und bemühen uns um weitere Produktionsstätten, damit in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Impfstoff bereit steht.«

Michael Kretschmer, Ministerpräsident des derzeit besonders stark von der Pandemie betroffenen Sachsen, räumte unterdessen erneut Fehler in der Corona-Politik ein. Im Herbst sei die Landespolitik aufgrund der allgemeinen Stimmung zu zögerlich gewesen, mit harten Maßnahmen auf die Pandemie zu reagieren, sagte der CDU-Politiker der Chemnitzer »Freien Presse« (Samstag). In der Rückschau wäre es besser gewesen, das Land deutlich früher herunterzufahren, »auch wenn das bestimmt viel Unverständnis in der Bevölkerung ergeben hätte«. Das Landeskabinett beschloss, den Lockdown bis zum 7. Februar zu verlängern. Bund und Länder hatten sich auf Maßnahmen bis Ende Januar verständigt. Am 25. Januar wollen Bund und Länder erneut beraten. (dpa)