Während die UN-Vollversammlung wegen der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen einen sofortigen Waffenstillstand fordert, testen die israelischen Streitkräfte US-Medienberichten zufolge die Flutung der Tunnel der islamistischen Hamas.
Es werde Meerwasser in einige Tunnel gepumpt, um herauszufinden, ob sich die Methode zur großflächigen Zerstörung des unterirdischen Systems eigne, berichteten der US-Fernsehsender CNN und die Zeitung »The Wall Street Journal«.
Eine von Ägypten eingebrachte Resolution für einen humanitären Waffenstillstand erreichte gestern bei der Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York die notwendige Zweidrittelmehrheit. 153 Länder stimmten dafür, 10 dagegen. 23 Länder enthielten sich, darunter auch Deutschland. Resolutionen der UN-Vollversammlung sind nicht rechtlich bindend, sondern gelten als symbolisch.
Hamas-Tunnel sollen 500 Kilometer lang sein
Zuletzt hatte Israels Generalstabschef Herzi Halevi die Überlegung, das ausgedehnte Hamas-Tunnelsystem mit Meerwasser zu fluten, als gute Idee bezeichnet. Die Hamas hat nach Angaben des israelischen Militärs unter dem Gazastreifen ein weit verzweigtes Tunnelsystem angelegt. Es wird auf rund 500 Kilometer Länge geschätzt. Die israelische Armee geht allerdings davon aus, dass auch viele der noch 135 aus Israel entführten Geiseln in den Tunneln festgehalten werden.
Bei einer Pressekonferenz wurde US-Präsident Joe Biden am Dienstag zu den Flutungen befragt. Er antwortete: "Es ist sehr schwierig, was die Flutung der Tunnel angeht: Es wird behauptet, dass es ganz sicher keine Geiseln in diesen Tunneln gibt. Aber das weiß ich nicht mit Sicherheit." Dann fügte er hinzu: "Was ich sicher weiß: Jeder Tod von Zivilisten ist eine absolute Tragödie.
Auslöser des Gaza-Kriegs war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen der islamistischen Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober in Israel nahe der Grenze zu Gaza verübt hatten. Auf israelischer Seite sind in der Folge mehr als 1200 Menschen getötet worden, darunter mindestens 850 Zivilisten.
Enthaltung: Deutschland »vor schwerer Entscheidung«
Die UN-Resolution stellte Deutschland »vor eine schwere Entscheidung«, wie das Auswärtigen Amt auf dem Kurznachrichtendienst X, vormals Twitter, mitteilte. »Wir wollen das unerträgliche Leid der Menschen beenden - in Israel und in Gaza«.
Die Resolution fordere einen »pauschalen Waffenstillstand, sagt aber nicht, warum Israel gezwungen ist, sich zu verteidigen: Weil die Hamas Israel am 7.10. barbarisch angegriffen hat. Und weil die Hamas Israel weiterhin vernichten will.« Deswegen habe Deutschland nicht zustimmen können - aber weil man sich dafür einsetzen wolle, das Leid der Palästinenser zu beenden, habe man auch nicht dagegen stimmen können.
Israel greift Ziele im Libanon und in Syrien an
Die israelische Luftwaffe griff nach eigenen Angaben Stellungen der Schiiten-Miliz Hisbollah im Nachbarland Libanon an. Ein Kampfflugzeug habe eine Abschussbasis und militärische Infrastruktur bombardiert, nachdem von dort Raketen und Mörsergranaten auf Israel abgefeuert worden seien, teilte das Militär in der Nacht mit. Als Reaktion auf Beschuss aus Syrien feuerten israelische Flugzeuge und Panzer zudem auf Stellungen der syrischen Streitkräfte.
Biden will Veränderung der israelischen Regierung
US-Präsident Joe Biden forderte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu zugleich auf, er müsse die israelische Regierung verändern, um eine langfristige Lösung für den israelisch-palästinensischen Konflikt zu finden. Die »konservativste Regierung in der Geschichte Israels« wolle keine Zweistaatenlösung. Israel beginne, in der ganzen Welt an Unterstützung zu verlieren. Zuvor hatte Biden Israel weitere Unterstützung im Kampf gegen die Hamas zugesagt. Sein »Engagement für die Sicherheit des jüdischen Volkes« sei unerschütterlich.
Trudeau für dauerhaften Waffenstillstand
Der kanadische Premierminister Justin Trudeau setzt sich im Gazakrieg für einen dauerhaften Waffenstillstand ein. Das habe er dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in einem Telefonat gesagt, teilte Trudeaus Büro mit. Trudeau habe seine Unterstützung für dringende internationale Bemühungen um einen dauerhaften Waffenstillstand zum Ausdruck gebracht. Darüber hinaus habe er das Recht Israels unterstrichen, sich im Einklang mit dem Völkerrecht zu verteidigen.
Berichte: Hunderte protestieren in Israel für neues Geisel-Abkommen
Hunderte Menschen haben am Mittwoch in Jerusalem für ein neues Abkommen mit der islamistischen Hamas protestiert, damit die im Gazastreifen noch festgehaltenen Geiseln freikommen. Israelischen Medien zufolge bildeten Angehörige und Unterstützer eine Menschenkette vom Parlament bis zum Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Einige Angehörige hatten demnach dort in der Nähe in Zelten übernachtet. Sie waren am Tag zuvor nach Jerusalem marschiert.
UN: Menschen flehen um Sicherheit
Nach einem Besuch in dem abgeriegelten Küstenstreifen postete der Generalkommissar des Palästinenserhilfswerks UNRWA, Philippe Lazzarini, auf X (ehemals Twitter): »Menschen sind überall, sie leben auf der Straße, sie brauchen alles.« Sie flehten um Sicherheit. »Von unseren Kollegen wird verlangt, dass sie in einer unmöglichen Situation das Unmögliche tun.«. Laut Vereinten Nationen hungert inzwischen die Hälfte der Bevölkerung im Gazastreifen.
WHO: Krankenhaus ist »humanitäre Katastrophenzone«
Das Al-Ahli-Krankenhaus in der Stadt Gaza gleicht nach einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) einer humanitären Katastrophenzone. Das Krankenhaus könne nur noch 40 seiner 80 Betten belegen, habe aber mehr als 200 Patienten, berichtete Richard Peeperkorn, der WHO-Vertreter für die von Israel besetzten palästinensischen Gebiete. Ärzte behandelten Schwerverletzte teils auf dem Boden und auf dem Bürgersteig.
Ministerium: Zahl der Toten steigt auf 18.400
Die Zahl der im Gazastreifen getöteten Palästinenser stieg seit Kriegsbeginn nach Angaben der Gesundheitsbehörde in Gaza auf 18.412. Mehr als 50.000 weitere Menschen seien verletzt worden, teilte das Ministerium mit. Die Zahlen lassen sich gegenwärtig nicht prüfen, die UN und andere Beobachter weisen aber darauf hin, dass sich die Zahlen der Behörde in der Vergangenheit als insgesamt glaubwürdig herausgestellt hätten.
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