Rolf Mützenich will für weitere zwei Jahre Vorsitzender der SPD-Fraktion im Bundestag bleiben. Der 64-Jährige kündigte am Dienstag in einer Fraktionssitzung an, im September ein weiteres Mal für den Posten kandidieren zu wollen. Er habe seiner Fraktion »weiterhin etwas anzubieten«, begründete Mützenich in der »Zeit« die Entscheidung. Dies sei, »den Zusammenhalt der Fraktion zu fördern und den Kurs einer sozialdemokratisch geführten Regierung zu stützen und mit anderen zu beeinflussen«. Eine Gegenkandidatur wird nicht erwartet.
Im vergangenen Jahr hatte es noch Spekulationen gegeben, dass Mützenich sich noch vor dem Ablauf der zweijährigen Wahlperiode von seinem Posten zurückziehen könnte. Daraufhin hatte er gesagt, dass er »überhaupt nicht amtsmüde« sei. Auf eine erneute Kandidatur für weitere zwei Jahre hatte er sich damals aber noch nicht festgelegt.
Als mögliche Nachfolger Mützenichs wurden bisher die stellvertretenden Fraktionschefs Matthias Miersch und Dirk Wiese gehandelt. Der Energie- und Umweltexperte Miersch gehört wie Mützenich zum linken Flügel der Fraktion. Wiese, der unter anderem für die Bereiche Inneres, Recht und Verbraucherschutz zuständig ist, ist Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises.
Noch auf der Höhe der Zeit?
Miersch hat Mützenich kürzlich bereits seine Unterstützung für eine erneute Kandidatur zugesagt. »Meine volle Unterstützung wird er immer haben«, sagte er der »Rheinischen Post«. Miersch verwies darauf, dass er an dem »für die Gesellschaft sehr entscheidenden« Heizungsgesetz habe mitarbeiten dürfen. »Und ich würde mich freuen, das auch künftig in der Rolle des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden tun zu dürfen, mit Rolf Mützenich an der Spitze der Fraktion.«
Mützenich sagte der »Zeit«, er denke immer wieder darüber nach, ob er noch »leistungsfähig und auf der Höhe der Zeit« sei, um weiter machen zu können. Das habe er mit sich selbst ausgemacht. Er habe aber auch »Meinungen und den Rat von Vertrauten und Weggefährten« eingeholt. »Dazu zählt vor allem Matthias Miersch, dessen Überlegungen und Arbeit ich überaus schätze.«
Mützenich war nach der Bundestagswahl 2021 zwischenzeitlich auch für den Posten des Parlamentspräsidenten im Gespräch, ließ aber dann seiner Fraktionskollegin Bärbel Bas den Vortritt, weil sonst die drei höchsten Staatsämter von Männern besetzt gewesen wären. Mit dem Beginn des Ukraine-Kriegs und der »Zeitenwende«-Rede von Kanzler Olaf Scholz begannen Spekulationen über seine Zukunft als Fraktionschef. Mützenich, der jahrzehntelang für Abrüstung eingetreten ist und im Wahlkampf noch den Abzug der US-Atombomben aus Deutschland gefordert hatte, musste jetzt die Zustimmung für das 100-Milliarden-Programm zur Aufrüstung der Bundeswehr organisieren.
Mit seiner Ankündigung einer erneuten Kandidatur hat er nun Klarheit geschaffen. Die Wahl soll turnusmäßig im September kurz nach der parlamentarischen Sommerpause stattfinden.
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