Russische Kräfte sind nach britischer Einschätzung in die seit Monaten umkämpfte Stadt Bachmut in der Ostukraine eingedrungen. »Die russische Infanterie hat jetzt wahrscheinlich in den östlichen Industriegebieten der Stadt Fuß gefasst und ist zeitweise in die Wohnviertel der Stadt vorgedrungen«, teilte das Verteidigungsministerium in London am Mittwoch unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse mit. »Straßenkämpfe dauern an.« Bei den russischen Truppen handele es sich um reguläres Militär als auch um Söldner der Gruppe Wagner.
Um Bachmut im Gebiet Donezk wird bereits seit Juni gekämpft. Bisher verlief die Frontlinie östlich der Stadt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte am Dienstag überraschend Bachmut besucht und unter Soldaten Orden und Geschenke verteilt.
Seit den Kämpfen um die Städte Lyssytschansk und Sjewjerodonezk im Juli habe es in dem Krieg nur wenige Gefechte in Ballungszentren gegeben, hieß es in London. Solche Schlachten erforderten gut trainierte Infanterie. »Es ist unwahrscheinlich, dass diese Art von Kampf schlecht ausgebildete Wagner-Kämpfer und die mobilisierten Reservisten der russischen Armee begünstigt«, so das Ministerium.
Artillerieüberfälle und russische Luftschläge gemeldet
Nach dem Besuch Selenskyjs in der Frontstadt Bachmut im Osten des Landes kam es in der Umgebung erneut zu schweren Kämpfen. »Der Feind setzt seine Bemühungen um Offensivoperationen gegen Bachmut und Awdijiwka fort«, teilte der Generalstab in Kiew gestern Abend mit. Unter anderem seien aus der Region Panzerangriffe gemeldet worden, ebenso wie Artillerieüberfälle und vereinzelte russische Luftschläge.
Nördlich davon hätten russische Truppen versucht, bei Kupjansk bessere Stellungen zu erreichen. Dort habe die russische Armee »ihr ganzes Spektrum« der Artillerie gegen mindestens 15 Siedlungen eingesetzt, hieß es weiter. Die Angaben aus Kiew ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.
Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.
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