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Lindner: Haushaltspolitischer Kurswechsel notwendig

Die Opposition wirft dem Finanzminister Haushaltstricks vor. Es geht vor allem um »Sondervermögen«. Lindner kontert. Und er hat eine Kernbotschaft.

Christian Lindner
»Vererbt der arme Onkel Schulden, kann man das Erbe ausschlagen, beim Bundeshaushalt kann man das nicht«: Bundesfinanzminister Christian Lindner im Bundestag. Foto: Kay Nietfeld/DPA
»Vererbt der arme Onkel Schulden, kann man das Erbe ausschlagen, beim Bundeshaushalt kann man das nicht«: Bundesfinanzminister Christian Lindner im Bundestag.
Foto: Kay Nietfeld/DPA

Bundesfinanzminister Christian Lindner hat die Notwendigkeit eines haushaltspolitischen Kurswechsels betont. Der FDP-Chef sagte im Bundestag bei der Einbringung des Haushaltsentwurfs 2024: »Es geht jetzt um die Anerkennung finanzieller Realitäten nach Jahren, in denen Geld scheinbar keine Rolle spielte.« Lindner machte deutlich, der Haushalt 2024 sei erst der Beginn einer Konsolidierung der Staatsfinanzen. Die Opposition kritisierte den Haushaltsentwurf.

Lindner sagte, das deutlichste Zeichen für den notwendigen haushaltspolitischen Kurswechsel sende die Zinslast des Bundes. Die Bundesregierung habe sich im vergangenen Jahr noch vor einer »Steilwand« befunden, sei nun aber auf dem Hochplateau angekommen. Die Luft sei merklich dünner geworden. Die Zinskosten lägen 2024 bei 37 Milliarden Euro, dies sei eine Verzehnfachung im Vergleich zum Jahr 2021. »Wir können uns uferlos neue Schulden schlicht nicht erlauben, sie wären nicht finanzierbar«, sagte Lindner.

Weniger Ausgaben, weniger Schulden

Nach dem Entwurf des Bundeshaushalts 2024 soll die Neuverschuldung bei 16,6 Milliarden Euro liegen, das sind rund 30 Milliarden weniger als in diesem Jahr geplant. Damit soll die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse eingehalten werden, die nur in sehr begrenztem Umfang neue Schulden vorsieht. Geplant sind insgesamt Ausgaben des Bundes im kommenden Jahr in Höhe von 445,7 Milliarden Euro - mehr als 30 Milliarden weniger als in diesem Jahr.

Lindner machte deutlich, es gehe nach krisenbedingten Mehrausgaben nun um die Rückkehr zu langfristig tragfähigen Staatsfinanzen. »Wer den Ausstieg aus der Krisenpolitik nicht findet, der gefährdet dauerhaft die Stabilität unseres Gemeinwesens.«

Alle Ressorts außer Verteidigung müssten 2024 und 2025 eine Summe von insgesamt 3,5 Milliarden Euro beitragen. Lindner verwies zudem auf einen weiteren »Handlungsbedarf«: Bis zum Jahr 2027 klaffe jedes Jahr eine Lücke von 5 Milliarden Euro zwischen erwarteten und geplanten Einnahmen sowie Ausgaben. Prioritäten müssten neu fokussiert werden. Die Entwicklung des Sozialstaats müsse gebremst werden - aber nicht durch die Streichung von Leistungen, sondern durch mehr Erwerbsanreize.

Der arme Onkel

Die Konsolidierung der Bundesfinanzen sei auch wichtig für die junge Generation, sagte Lindner: »Vererbt der arme Onkel Schulden, kann man das Erbe ausschlagen, beim Bundeshaushalt kann man das nicht.«

Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg sagte mit Blick auf die Konjunkturflaute, die deutsche Wirtschaft stehe am Scheideweg. Die Bundesregierung müsse eigentlich radikal das Ruder herumreißen Richtung Wachstum. Die Pläne von Lindner zur Entlastung von Firmen gingen zwar in die richtige Richtung, seien aber eine »Bonsai-Lösung«. Lindner plant Steuererleichterungen pro Jahr bis 2028 von im Schnitt rund 7 Milliarden Euro.

Der CDU-Haushälter Christian Haase sprach mit Blick auf »Sondervermögen« von »Verschiebebahnhöfen« und Haushaltstricks. Die Bundesregierung hatte zum Beispiel ein kreditfinanziertes 100-Milliarden-Euro schweres Sondervermögen für die Bundeswehr aufgelegt. Der AfD-Haushälter Peter Boehringer sprach von einer verschleierten Riesenverschuldung. Die Linke-Haushälterin Gesine Lötzsch kritisierte, die Bundesregierung habe 100 Milliarden zur Aufrüstung zur Verfügung - aber nicht genügend Geld, um Kinderarmut oder Wohnungsmangel wirksam zu bekämpfen.

Lindner sagte, die meisten Sondervermögen seien zu Regierungszeiten der Union geschaffen worden. Die Bundesregierung wolle ihre Zahl verringern. Es gebe eine klare Zweckbindung. Lindner sprach sich erneut gegen Forderungen etwa der Grünen aus, den Wirtschaftsstabilisierungsfonds, über den Energiepreisbremsen gezahlt werden, zur Finanzierung eines Industriestrompreises zu nutzen. Eine Zweckänderung des Fonds wäre verfassungsrechtlich nicht zulässig.

© dpa-infocom, dpa:230905-99-81604/3