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Lambrecht setzt auf breite Nutzung der Corona-Warn-App

Nach langem Anlauf soll die deutsche Corona-Warn-App nun am Dienstag kommen. Ein Gesetz sei nicht nötig, meint die Bundesregierung. Nicht nur Linke und Grüne sehen dies anders.

Christine Lambrecht
»Jetzt hoffe ich, dass diese App von möglichst vielen genutzt wird«, sagt Christine Lambrecht. Foto: Kay Nietfeld/dpa
»Jetzt hoffe ich, dass diese App von möglichst vielen genutzt wird«, sagt Christine Lambrecht. Foto: Kay Nietfeld/dpa

BERLIN. Bundesjustizministerin Christina Lambrecht hofft auf eine breite Nutzung der geplanten Corona-Warn-App und weist datenschutzrechtliche Bedenken zurück.

»Es gelten die allgemeinen Vorschriften der Datenschutzgrundverordnung ohne Wenn und Aber auch für die Corona-Warn-App. Deshalb sind alle datenschutzrechtlichen Fragen abgedeckt, und es gibt keine Veranlassung für ein spezielles App-Gesetz«, sagte die SPD-Politikerin der »Neuen Osnabrücker Zeitung« (Montag) zu entsprechenden Forderungen von Grünen und Linken. »Jetzt hoffe ich, dass diese App auch rasch kommt und von möglichst vielen genutzt wird.«

Jeder könne sich frei entscheiden, die App auf sein Smartphone herunterzuladen und könne sie auch wieder löschen, betonte Lambrecht, die auch für den Verbraucherschutz zuständig ist. Es werde auch keine Vorzüge oder Belohnungen für diejenigen geben, die die Corona-Warn-App aktivieren. »Und genauso wollen wir auch keine Nachteile für diejenigen, die dies nicht tun - etwa ein Zugangsverbot für Restaurants«, sagte die Ministerin. Überdies treffe die App keinerlei Aussage zu einer Erkrankung von Nutzern. »Sie zeigt lediglich einen Kontakt mit einer infizierten Person an - nicht mehr und nicht weniger.«

Die offizielle Corona-Warn-App des Bundes wird am Dienstag vorgestellt und zur Benutzung freigeschaltet. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Sonntag in Berlin. Letzte Tests seien gut verlaufen, hieß es. Zum Herunterladen dürfte die App nach dpa-Informationen bereits am Montagabend in den Stores von Google und Apple bereitstehen. Die App soll am Dienstagvormittag von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), Innenminister Horst Seehofer (CSU), Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) und Vertretern der an der Entwicklung beteiligten Unternehmen - Telekom-Vorstandschef Timotheus Höttges und SAP-Chief Technology Officer (CTO) Jürgen Müller - präsentiert werden. Spahn sagte am Sonntagabend in der ARD, man sei im Zeit- und Kostenplan trotz hoher Anforderungen an den Datenschutz. Er wolle mit anderen für die App bei den Menschen werben.

FDP-Fraktionsvize Michael Theurer forderte im »Handelsblatt«, die Bundesregierung müsse schnellstens eine »durchschlagende Kommunikationskampagne« auf die Beine stellen. »Denn nur mit einer hohen millionenfachen Nutzung kann die App dabei helfen, die Infektionsketten zu durchbrechen«, sagte Theurer.

Anders als Lambrecht plädiert der Sachverständigenrat für Verbraucherfragen (SVRV) dafür, den Einsatz der Corona-Warn-App per Gesetz zu regeln. Mit einer gesetzlichen Grundlage würden die parlamentarische Diskussion und Kontrolle möglich werden. »Dies würde sich positiv auf die Legitimation auswirken«, sagte der Vorsitzende des Beratungsgremiums des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, Peter Kenning, dem »Handelsblatt«.

Der Wissenschaftler von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf hält es zudem für denkbar, dass bei einem Rückfall in eine Phase des exponentiellen Wachstums der Corona-Infektionen Druck auf die Politik ausgeübt werde, die App-Nutzung zur Pflicht zu machen. »Dies wäre sehr problematisch und zeigt, welche Bedeutung die parlamentarische Kontrolle in diesem Zusammenhang hat«, betonte Kenning. Die Bundesregierung hatte immer wieder die Freiwilligkeit der App-Nutzung unterstrichen.

Auch Grüne und Linke fordern, dass der Einsatz der App durch ein Gesetz geregelt wird. Die Linke-Netzpolitikerin Anke Domscheit-Berg sagte am Sonntagabend im ZDF-»heute journal«, ein solches Gesetz müsse ein Zweckentfremdungsverbot und eine harte Befristung enthalten. Ein Zwang zu solch einer App würde nicht funktionieren, gab Domscheit-Berg zu bedenken. Eine Pflicht könnte leicht unterlaufen werden, etwa indem man das Handy nicht dabei habe oder die Bluetooth-Funktion abschalte. Auch hätten nur etwa 80 Prozent der Menschen Handys mit Betriebssystemen, auf denen die App laufe.

Hinsichtlich des Datenschutzes habe sie »keine großen Bedenken«, sagte die Expertin weiter. Sie habe nicht das Gefühl, dass dies eine Überwachungs-App sei. Sie werde sie auch aller Voraussicht nach installieren. (dpa)