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Kritik: Politik gibt zu viel für Öffentlichkeitsarbeit aus

Im »Schwarzbuch« prangert der Bund der Steuerzahler jedes Jahr Steuerverschwendung an. Im Mittelpunkt diesmal: Werbekampagnen der Politik. Doch es gibt auch skurrilere Beispiele.

Schwarzbuch 2023/24
Eine Brücke (hinten) und eine spezielle Fledermausbrücke stehen einem Feld in Celle. Der Bund der Steuerzahler kritisiert in seinem Schwarzbuch die Verschwendung von Steuergeldern. Foto: Julian Stratenschulte/DPA
Eine Brücke (hinten) und eine spezielle Fledermausbrücke stehen einem Feld in Celle. Der Bund der Steuerzahler kritisiert in seinem Schwarzbuch die Verschwendung von Steuergeldern.
Foto: Julian Stratenschulte/DPA

Der Bund der Steuerzahler hat zu hohe Ausgaben der Politik bei Öffentlichkeitsarbeit und Imagepflege kritisiert. Dabei geht es neben PR-Kampagnen von Politikern auch um Informationskampagnen der Bundesregierung.

»Wir kritisieren nicht das Ob, sondern das Ausmaß, die Kosten und dass einige Politiker diese Ausgaben aus Steuermitteln als selbstverständlich erachten«, sagte Verbandspräsident Reiner Holznagel bei der Präsentation des »Schwarzbuches 2023/24« am Dienstag in Berlin.

Darin nimmt der Verein unter die Lupe, wo in Deutschland seiner Ansicht nach öffentliche Gelder verschwendet werden. So betreibe die Bundesregierung etwa 500 Social-Media-Accounts und 1000 eigene Internetseiten - jede davon koste Geld. Auch die Kosten für Print-, Online- und Außenwerbung seien angestiegen. »Wir akzeptieren und wir sehen natürlich den Kommunikationsbedarf. Aber das alles muss in Grenzen geschehen«, betonte Holznagel.

Energiespartipps mit »Binsenweisheiten«

Der Steuerzahlerbund kritisierte eine Informationskampagne der Bundesregierung, die zur Reduzierung des Energieverbrauchs animieren soll. Für die Kampagne, die Tipps wie »Fenster schließen« oder »Heizung herunterdrehen« enthielt, gebe der Staat bis zum geplanten Kampagnen-Ende 2025 insgesamt 83 Millionen Euro aus, die teilweise noch aus Notlagenschulden stammten. Kritisiert wurde dabei das Verhältnis zwischen Kosten und dem tatsächlichen Nutzen der Aktion. »Zumindest glaube ich nicht, dass man Binsenweisheiten für so viel Geld der Bevölkerung näherbringen muss«, sagte Holznagel.

Das Wirtschaftsministerium sagte dem Verband, die Tipps seien ein »wichtiger Baustein unter anderem zum kurzfristigen und niedriginvestiven Energiesparen«. Zugleich habe das Haus von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) aber eingeräumt, dass sich die Einsparwirkung durch die Kampagne nicht erfassen lasse.

Ein Weihnachtsbaum mit langer Anreise

In Oberstdorf im Allgäu wurde laut Steuerzahlerbund ein Weihnachtsbaum aufgestellt, der für 25.000 Euro aus dem Sauerland hergebracht wurde. Das bedeutet einen Schwertransport über eine Strecke von rund 600 Kilometern - obwohl es im Oberallgäu ebenfalls Wald und Nadelbäume gibt. »Statt in die Ferne zu schweifen, wäre ein rechtzeitiger Blick auf der Suche nach einem geeigneten Christbaum in den heimischen Wäldern sinnvoller und vor allem kostengünstiger gewesen«, argumentierte der Bund der Steuerzahler.

Die Gemeinde betonte, man habe vier Wochen vor dem ersten Advent keinen Unternehmer gefunden, der einen Baum aus heimischen Wäldern liefern konnte. Zudem seien die Kosten nicht allein für den Nadelbaum angefallen: Im »Gesamtpaket« seien zusätzlich Christbäume für die Ortsteile und weitere 30 Nordmanntannen enthalten gewesen. Für die kommende Weihnachtssaison sei bereits für einen Baum gesorgt: Man habe vier Angebote aus der näheren Umgebung.

Goldene Bänke

Unter der Überschrift »Vornehm geht der Haushalt zugrunde« wirft der Steuerzahlerbund die Frage auf, warum sich eine hoch verschuldete Stadt wie Wuppertal teure goldfarbene Sitzbänke in der Innenstadt leiste. Zehn Bänke kosteten zusammen 400.000 Euro, rechnet der Verein vor. Mit diesen Sonderanfertigungen habe Wuppertal »jedes Maß verloren«, kritisierte der Verband. Zudem seien die Bürger empört über »unbequeme Bänke ohne Rückenlehnen, die marode, alt, verschmutzt und verwahrlost erscheinen«.

Wuppertal weist die Kritik zurück. Die Bänke hätten keine Rückenlehnen, um von allen Seiten nutzbar zu sein, erklärte eine Sprecherin auf dpa-Anfrage. Der vom Steuerzahlerbund ins Feld geführte Wuppertaler Schuldenstand von 1,6 Milliarden Euro sei in Wirklichkeit nur etwa halb so hoch, und zudem sei der künstlerische Entwurf zu 80 Prozent aus Landesmitteln gefördert worden.

Die Krone von Fulda

Fulda will seinem Stadtschloss nach Meinung des Steuerzahlerbundes eine überflüssige und teure Krone aufsetzen. Eigentlich seien an dem Gebäude nur Instandsetzungsarbeiten vorgesehen gewesen. Mit Blick auf historische Skizzen hätten sich die Verantwortlichen aber zusätzlich für eine Überdachung des Turms in Form einer Krone aus rund 14 Meter hohen Stahl-Elementen entschieden. Das lasse die Gesamtkosten von 4,8 Millionen Euro noch einmal um 600.000 Euro wachsen. »Eine gesicherte Aussichtsplattform ohne Krone würde ihren Zweck auch erfüllen – für deutlich weniger Geld«, erklärte der Verband.

Die Stadt wies die Kritik zurück. Fast 500 Jahre lang sei die Stadtsilhouette Fuldas auch durch den Schlossturm geprägt gewesen. Ende des 18. Jahrhunderts sei das Dach verloren gegangen. »Im Rahmen der Sanierung ergab sich die wahrscheinlich einmalige Gelegenheit, die ursprüngliche Proportion des Schlossturms wiederherzustellen und an die eigentliche Wirkung des Turms zu erinnern«, hieß es.

Ein Nibelungen-Denkmal mit Blendwirkung

Auf dem Rhein in Worms soll eine Lichtinstallation das Glitzern des versenkten Nibelungenschatzes symbolisieren. Stündlich erscheint ein neuer Strahl grüngelben Lichts, das sich auf der Wasseroberfläche abzeichnet. »Die Installation soll das auratische Element des mythischen Schatzes mit Licht- und Klanginstallation in Szene setzen«, teilte die Stadtverwaltung dem Bund der Steuerzahler mit. Kosten demnach: Mehr als 100.000 Euro. Doch das Licht muss immer wieder abgeschaltet werden, denn je nach Wasserstand blendet es die Rheinschiffer.

© dpa-infocom, dpa:231017-99-595733/3