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Krieg in der Ukraine: So ist die Lage

Russland soll für Schäden in der Ukraine Hunderte Milliarden Euro zahlen. Aber das setzt einen Friedensvertrag voraus. Und Kiew ist über EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen irritiert. Die News im Überblick.

Ukraine-Krieg
Rettungskräfte im ukrainischen Saporischschja schauen auf die Trümmer eines zerstörten Wohnhauses. Foto: Ukrinform
Rettungskräfte im ukrainischen Saporischschja schauen auf die Trümmer eines zerstörten Wohnhauses.
Foto: Ukrinform

Während die russische Armee mit immer neuen Luftangriffen die zivile Infrastruktur der Ukraine zerstört, denkt die EU darüber nach, woher die Milliarden für einen Wiederaufbau kommen könnten.

Ins Visier geraten dabei rund 300 Milliarden Euro an eingefrorenen russischen Zentralbank-Reserven. Die Freigabe dieser Mittel könnte von einem Friedensabkommen abhängig gemacht werden, das auch russische Reparationszahlungen umfassen würde, erklärten EU-Beamte am Mittwoch.

Ein Ende des russischen Angriffskrieges ist jedoch auch nach mehr als neun Monaten nicht in Sicht. Die Verluste auf beiden Seiten steigen täglich. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach sogar von 100.000 angeblich getöteten ukrainischen Soldaten. Diese Aussage sorgte in Kiew für Irritationen und wurde kurz darauf korrigiert.

Selenskyj wird im »richtigen Moment« ukrainische Opferzahl nennen

Gegenüber dem ukrainischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen hob der ukrainische Präsidentensprecher Serhij Nykyforow hervor, dass nur der Oberkommandierende der Streitkräfte, der Verteidigungsminister oder der Präsident belastbare Zahlen über Verluste veröffentlichen können. Präsident Wolodymyr Selenskyj werde offizielle Daten publik machen, »wenn der richtige Moment« gekommen sei, da das eine sensible Information sei. Kiew habe bereits in Brüssel angefragt, woher von der Leyen ihre Informationen habe, sagte Nykyforow. Zuvor hatte eine beim Kurznachrichtendienst Twitter veröffentlichte und inzwischen gelöschte Ansprache von der Leyens für Aufregung gesorgt. Dabei sprach sie von angeblich über 100.000 getöteten ukrainischen Soldaten. Die Ukraine wehrt seit Ende Februar eine russische Invasion ab. Angaben zu eigenen Verlusten machen beide Seiten selten.

Blinken: Russlands Angriffe auf ukrainisches Energienetz »barbarisch«

US-Außenminister Antony Blinken verurteilte die russischen Angriffe auf das Energienetz in der Ukraine als »barbarisch«. »In den vergangenen Wochen hat Russland mehr als ein Drittel des ukrainischen Energiesystems lahmgelegt und Millionen von Menschen bei eisigen Temperaturen in Kälte und Dunkelheit gestürzt«, sagte er am Rande eines Nato-Treffens in der rumänischen Hauptstadt Bukarest. »Wärme, Wasser, Strom für Kinder, für alte Menschen, für Kranke - das sind die neuen Ziele von Präsident Putin. Er trifft sie hart.« Das Vorgehen sei »barbarisch«.

Russisches Militär meldet Erfolge im Donbass

In der Ostukraine gingen die Kämpfe am Boden weiter. Bei schweren Gefechten im Donbass drängten russische Truppen nach Moskauer Angaben die ukrainischen Verteidiger an zwei Stellen zurück. Zum einen sei das Dörfchen Andrijiwka etwa neun Kilometer südlich der Stadt Bachmut erobert worden, teilte das russische Verteidigungsministerium am Mittwoch mit. Russische Kräfte versuchen seit Monaten, Bachmut zu erobern, das den Weg zu den Großstädten Kramatorsk und Slowjansk versperrt. Das russische Militär meldete auch einen erfolgreichen Angriff auf Wodjane bei Donezk.

Lawrow beschuldigt den Westen

Das russische Außenministerium warf indes dem Westen vor, in der Ukraine einen Krieg gegen Russland zu führen. »Der Krieg, den der kollektive Westen gegen Russland losgetreten hat, wirkt sich auf die Lage der strategischen Stabilität aus«, sagte Außenminister Sergej Lawrow bei einer Konferenz in Moskau. Die Ukraine und ihre Bürger würden dabei als »Verbrauchsmaterial« verheizt. Die Ukraine werde vom Westen zur Fortsetzung des Kriegs gedrängt. Die Nato sei kein Verteidigungsbündnis mehr, sondern ein Aggressor, sagte Lawrow.

EU will Reparationsplan mit Partnern abstimmen

Nach dem Willen der EU-Kommission sollen auch Erlöse aus eingefrorenen russischen Vermögenswerten für den Wiederaufbau in der Ukraine genutzt werden können. Kurzfristig könne eine Struktur geschaffen werden, um durch Sanktionen blockierte Mittel zu verwalten und zu investieren, erklärte von der Leyen. Fortschritte gibt es nach Angaben aus der EU-Kommission auch bei der Rechtsgrundlage für die Enteignung russischer Oligarchen. In welchem Maß die eingefrorenen Vermögenswerte dieser Oligarchen im Wert von knapp 19 Milliarden Euro davon betroffen sein könnten, blieb unklar. Die Regelung soll nicht rückwirkend gelten. Die Vorschläge sollen mit den EU-Staaten sowie internationalen Partnern abgestimmt werden. »Der Schaden der Ukraine wird auf 600 Milliarden Euro geschätzt«, sagte von der Leyen.

Reichster Russe Mordaschow beklagt hohe Verluste nach Sanktionen

Milliardär Alexej Mordaschow, vor dem Krieg der reichste Mann Russlands, hat sich über hohe Verluste durch die westlichen Sanktionen beklagt. »Wir bei Severstal haben etwas mehr als 400 Millionen Dollar (400 Millionen Euro) verloren - die sind in Europa hängengeblieben, wurden als Waren- und Geldreserven beschlagnahmt«, sagte der 57-Jährige am Mittwoch der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Es sei derzeit sehr schwer, Exporteinnahmen ins Land zurückzuführen, klagte er zugleich.

Ex-General Petraeus: Ukraine-Krieg wird mit Verhandlungslösung enden

Voraussetzung für den Reparationsplan der EU ist ein Friedensvertrag. Nach Meinung des früheren US-Viersternegenerals und einstigen CIA-Chefs David Petraeus wird der Krieg mit einer Verhandlungslösung enden. Einen militärischen Sieger werde es nicht geben, sagte Petraeus dem »Tagesspiegel« (Mittwoch). Aktuell seien allerdings weder der russische Präsident Wladimir Putin noch Selenskyj bereit, Verhandlungen aufzunehmen.

Deutschland will Ukraine weitere Gepard-Panzer liefern

Die Bundesregierung will der Ukraine weitere Flugabwehrkanonenpanzer Gepard zur Verteidigung gegen russische Angriffe geben. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe in einem Gespräch mit Selenskyj deutlich gemacht, »dass wir noch mal eine Anzahl von Gepard-Panzern Richtung Ukraine auf die Reise schicken werden können«, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwoch in Berlin. Aus dem Beständen des Herstellers KMW wurden bisher 30 der Panzer an die Ukraine geliefert.

Ukraine dringt auf deutsche Patriot-Flugabwehrsysteme

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba rief die Bundesregierung dazu auf, die Polen angebotenen Patriot-Flugabwehrsysteme an sein eigenes Land zu liefern. »Wenn Deutschland bereit ist, Patriots an Polen zu liefern, und Polen nichts dagegen hat, diese Patriots an die Ukraine zu übergeben, dann halte ich die Lösung für die Bundesregierung für offensichtlich«, sagte Kuleba am Rande eines Treffens mit den Kollegen von Nato-Staaten in Bukarest. Deutschland hatte zuvor Warschau angeboten, deutsche Flugabwehrbatterien vom Typ Patriot in Polen zu stationieren. Polens Regierung regte dann aber eine Verlegung direkt in die Ukraine an.

Briefbombe explodiert in Ukraine-Botschaft in Madrid: Ein Verletzter

Bei der Explosion einer Briefbombe in der Botschaft der Ukraine in der spanischen Hauptstadt Madrid ist ein Botschaftsmitarbeiter verletzt worden. Der Mann, der den Brief am Mittwochmittag geöffnet habe, sei nur leicht verletzt worden, berichteten Medien unter Berufung auf die spanische Nationalpolizei. Er habe sich trotzdem vorsichtshalber ins Krankenhaus begeben. Die Polizei bestätigte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur diese Berichte. Wer hinter der Tat steckte, war zunächst unbekannt.

© dpa-infocom, dpa:221130-99-716884/10