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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Russland zielt auf die Energieversorgung der Ukraine: Strom gibt es nur noch stundenweise. Bundeskanzler Scholz wirft Moskau eine »Taktik der verbrannten Erde« vor. Die Entwicklungen im Überblick.

Ukraine-Krieg
Ukrainische Soldaten fahren in der Region Donezk auf einem Schützenpanzer. Foto: AP
Ukrainische Soldaten fahren in der Region Donezk auf einem Schützenpanzer.
Foto: AP

Russland hat mit massiven Luftangriffen auf Kraftwerke und andere Infrastruktur die Energieversorgung in der Ukraine weiter zerstört. Das ukrainische Versorgungsunternehmen Ukrenergo begann am Donnerstag mit Stromabschaltungen, weil bereits fast die Hälfte der Strominfrastruktur beschädigt sei. Präsident Wolodymyr Selenskyj rief die Bürger zudem auf, generell zwischen 7.00 Uhr und 22.00 Uhr möglichst wenig Strom zu verbrauchen.

Bundeskanzler Olaf Scholz warf Russland eine »Taktik der verbrannten Erde« vor. Aber auch damit werde Moskau nicht den Krieg gewinnen, sagte er am Donnerstag in einer Regierungserklärung im Bundestag. Bundespräsident Frank Walter Steinmeier verschob kurzfristig einen für Donnerstag geplanten Besuch in Kiew. Grund waren nach dpa-Informationen Sicherheitsbedenken.

Russland: Weitere Schläge gegen Energie-Infrastruktur in Ukraine

Das russische Militär hat nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau vom Donnerstag den elften Tag in Folge die Energie-Infrastruktur der Ukraine angegriffen. Betroffen waren demnach die Gebiete Charkiw, Donezk und Cherson. Es seien Hochpräzisionswaffen eingesetzt worden. Allerdings waren in den vergangenen Tagen bei russischen Luftangriffen auch zahlreiche Wohnhäuser, Straßenkreuzungen oder Spielplätze getroffen worden, die keine militärische Bedeutung oder wichtig für die Stromversorgung waren.

Scholz nennt Russlands Bomben- und Raketenterror Verzweiflungstat

Der Bundeskanzler betonte, die »Taktik der verbrannten Erde« stärke nur die Entschlossenheit und den Durchhaltewillen der Ukraine und ihrer Partner. »Am Ende ist Russlands Bomben- und Raketenterror eine Verzweiflungstat - genauso wie die Mobilisierung russischer Männer für den Krieg«, sagte Scholz in der Regierungserklärung im Bundestag. Putin überziehe die Ukraine mit Terror und drohe vollkommen verantwortungslos mit dem Einsatz von Nuklearwaffen. »Er will Angst säen, spalten und einschüchtern«, sagte Scholz. »Er spekuliert auf unsere Schwäche. Aber er irrt sich. Wir sind nicht schwach.«

Steinmeier verschiebt kurzfristig Ukraine-Reise

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verschob eine für Donnerstag geplante Reise in die Ukraine kurzfristig. Grund waren nach dpa-Informationen Sicherheitsbedenken. Steinmeier wollte sich in Kiew mit Präsident Wolodymyr Selenskyj treffen. Stattdessen telefonierten beide am Donnerstag miteinander. Selenskyj teilte anschließend mit, er habe seine Einladung bekräftigt: »Wir bereiten den Besuch des deutschen Präsidenten in der Ukraine vor.« Er habe Steinmeier auch für die Lieferung des deutschen Flugabwehrwehrsystems Iris-T gedankt. Die Ukraine brauche so schnell wie möglich einen Schutzschild für die Luftverteidigung. Es war schon das zweite Mal, dass ein geplanter Besuch Steinmeiers in der Ukraine kurzfristig nicht stattfand. Im April hatte Steinmeier gesagt, er sei von Kiew ausgeladen worden.

USA: Iraner helfen Russland in Ukraine bei Einsatz von Kampfdrohnen

Nach Erkenntnissen der US-Regierung setzt Russland Kampfdrohnen aus dem Iran im Ukraine-Krieg ein - mit Unterstützung iranischer Kräfte vor Ort. »Wir können heute bestätigen, dass russische Militärangehörige, die auf der Krim stationiert sind, iranische Drohnen gesteuert haben und diese für Angriffe in der gesamten Ukraine eingesetzt haben, darunter auch für Angriffe auf Kiew in den letzten Tagen«, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby. »Wir gehen davon aus, dass iranisches Militärpersonal auf der Krim stationiert war und Russland bei diesen Operationen unterstützt hat.«

Die neuen EU-Sanktionen gegen den Iran wegen der Unterstützung des russischen Kriegs gegen die Ukraine traten derweil in Kraft. Wie aus dem EU-Amtsblatt vom Donnerstag hervorgeht, sind das Unternehmen Shahed Aviation Industries sowie drei ranghohe Militärs betroffen. Sie sind nach Auffassung der EU an der Entwicklung und Lieferung von Kampfdrohnen an Russland beteiligt.

Russland bestreitet, iranische Drohnen einzusetzen und der Iran, sie an Russland geliefert zu haben.

Energiekrise im Mittelpunkt des EU-Gipfels

Beim EU-Gipfel in Brüssel ging es um die Suche nach dem richtigen Weg durch die Energiekrise. Im Zentrum der Aufmerksamkeit dürfte wieder einmal Scholz stehen. Grund dafür ist, dass Berlin einen von vielen Staaten geforderten Höchstpreis auf Gas und die Aufnahme neuer europäischer Schulden zur Bewältigung der Krise ablehnt. Ungarns Regierungschefs Viktor Orban deutete an, dass er dagegen ist. Für Streit dürfte auch der von mehr als der Hälfte der EU-Staaten geforderte Gaspreisdeckel. Deutschland und die Niederlande lehnen einen solchen Markteingriff ab und verweisen auf mögliche Probleme bei der Versorgung mit Gas, weil Verkäufer den Rohstoff dann an andere Länder liefern könnten, die mehr zahlen.

EU-Sanktionen gegen Iran wegen Lieferung von Kampfdrohnen

Die neuen EU-Sanktionen gegen den Iran wegen der Unterstützung des russischen Kriegs gegen die Ukraine sind beschlossen. Wie die tschechische EU-Ratspräsidentschaft mitteilte, richten sich die Strafmaßnahmen gegen Personen und Organisationen, die an der Lieferung von Drohnen für den Angriff auf die Ukraine beteiligt sind. Sie werden mit Einreisesperren belegt und mögliche Vermögenswerte von ihnen in der EU werden eingefroren. Russland hatte die Ukraine in den vergangenen Tagen mehrfach mit sogenannten Kamikaze-Drohnen vom Typ Schahed 136 aus dem Iran angegriffen. Russland bestreitet jedoch, iranische Drohnen einzusetzen und der Iran, sie an Russland geliefert zu haben.

Russland: Ukrainische Armee rückt bei Cherson weiter vor

Ukrainische Einheiten rücken nach Angaben des Sprechers des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, in der Region Cherson im Süden des Landes weiter vor. Zugleich sagte er aber auch etwas widersprüchlich, bei russischen Panzerangriffen seien dem ukrainischen Militär schwere Schläge versetzt worden, die Einheiten Kiews hätten sich in der Folge aufgelöst. Die russischen Stellungen würden gehalten. Angaben aus den Kriegsgebieten sind nur schwer überprüfbar. Die Ukraine hat seit Tagen eine Nachrichtensperre verhängt, um die eigene Offensive nicht zu gefährden. Russland hatte als Besatzungsmacht in der gleichnamigen Gebietshauptstadt am Vortag damit begonnen, Zivilisten aus der Stadt wegzubringen. Die Ukraine sprach von Deportationen.

Spanien, Frankreich, Portugal einigen sich auf Gaspipeline

Spanien, Frankreich und Portugal einigten sich zur Verbesserung der europäischen Energiesicherheit auf den Bau einer dritten Pipeline zwischen der iberischen Halbinsel und Frankreich. Die von der Regierung in Paris abgelehnte Midcat-Pipeline über die Pyrenäen werde durch eine neue Pipeline zwischen Barcelona und Marseille ersetzt. Durch sie werde zunächst Erdgas und dann grüner Wasserstoff fließen, sagte Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez nach einem Treffen mit seinen Kollegen aus Frankreich und Portugal, Emmanuel Macron und António Costa.

© dpa-infocom, dpa:221020-99-190703/6