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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Erneuter Beschuss des ukrainischen Kernkraftwerks Saporischschja lässt die Alarmglocken läuten. Und deutsche Gaskunden wissen nun, was ihnen blüht. Die News im Überblick.

Saporischschja
Das von russischen Truppen besetzte ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja ist trotz des Beschusses weiter in Betrieb. Foto: Uncredited
Das von russischen Truppen besetzte ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja ist trotz des Beschusses weiter in Betrieb.
Foto: Uncredited

In der Ukraine gehen die schweren Kämpfe mit den russischen Invasoren auch um das Atomkraftwerk Saporischschja weiter, während in Deutschland die Gaspreise infolge des Krieges bald noch mal kräftig zulegen werden.

Die Höhe der Gasumlage wurde mit 2,419 Cent pro Kilowattstunde festgelegt, das bedeutet jährliche Mehrkosten für einen Haushalt mit Einfamilienhaus und einem Jahresverbrauch von 20 000 Kilowattstunden von rund 484 Euro. Mit der Umlage werden erhöhte Beschaffungskosten von Importeuren an die Kunden weitergegeben. Die Umlage gilt ab Anfang Oktober und wird wahrscheinlich erstmals im November/Dezember auf den Rechnungen auftauchen.

Um das von russischen Truppen besetzte Atomkraftwerk Saporischschja waren nach Behördenangaben am Montag wieder Explosionen zu hören. Das Gebiet des Kernkraftwerks, das in der Stadt Enerhodar liegt, und Wohnviertel seien 25 Mal mit schwerer Artillerie beschossen worden, teilte der Besatzungsvertreter Wladimir Rogow am Montag auf Telegram mit. Der aus Enerhodar geflohene ukrainische Bürgermeister Dmytro Orlow bestätigte, dass in der Kraftwerksstadt Explosionen zu hören gewesen seien.

Kiew spricht von »atomarem Terror«

Die Ukraine wirft Russland vor, mit dem Beschuss »atomaren Terror« zu betreiben. Besatzungsvertreter Rogow wiederum hatte mitgeteilt, ukrainische »Terroristen« würden die Schüsse abfeuern. Er hatte zuvor auch eine Feuerpause vorgeschlagen. Für die russischen Truppen wäre das auch deshalb vorteilhaft, weil sie dann bei dem AKW einen vor Beschuss sicheren Stützpunkt in Frontnähe hätten. Die Ukraine forderte ebenso wie 42 andere Staaten und die EU den Abzug russischer Truppen aus dem größten europäischen Kraftwerk. Russland lehnt eine Übergabe des Kernkraftwerks ab. Kiew hat das Kraftwerksgelände nach eigenen Angaben bereits mit Kampfdrohnen angegriffen. Eine erhöhte Radioaktivität wurde nach Expertenangaben bisher nicht registriert.

Angesichts anhaltender Vorwürfe wegen der Verzögerung einer internationalen Experten-Mission zum ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja haben die UN russischen Vorwürfen widersprochen. Die Vereinten Nationen hätten eine Operation der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA anders als von Moskau dargestellt weder verhindert noch blockiert. »Das UN-Sekretariat ist nicht befugt, Aktivitäten der IAEA zu blockieren oder abzubrechen«, sagte UN-Sprecher Stephane Dujarric in New York. Die IAEA handle unabhängig.

Putin bekräftigt Ziel der Einnahme des Donbass in der Ukraine

Russlands Präsident Wladimir Putin bekräftigte bei einem Militärforum bei Moskau am Montag das Ziel, den Donbass komplett zu erobern. Die russische Armee erfülle in den »Volksrepubliken Donezk und Luhansk« ihre Aufgaben, sagte der Kremlchef im Park »Patriot« vor internationalen Gästen. Während die Ukraine Russland schwerste Kriegsverbrechen und eine blutige Besatzungspolitik vorwirft, behauptete Putin einmal mehr, dass »der Boden des Donbass Schritt für Schritt befreit wird«. Putin hatte im Februar die ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk gegen internationalen Protest als unabhängige Staaten anerkannt.

Unterdessen verlängerte das ukrainische Parlament das seit dem 24. Februar geltende Kriegsrecht und die allgemeine Mobilmachung erneut um 90 Tage. Das teilte Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk mit. Kriegsrecht und Mobilmachung einschließlich der Ausreisesperre für Männer im wehrpflichtigen Alter zwischen 18 und 60 Jahren gelten nun bis einschließlich 21. November.

Berichte von schweren Kämpfen

Russland berichtete von Angriffen seiner Truppen im Osten und Süden der Ukraine. Im Charkiwer Gebiet seien in 24 Stunden mehr als 100 »ausländische Söldner« getötet und mehr als 50 verletzt worden, darunter auch Deutsche und Polen, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau, Igor Konaschenkow. Bei Luftangriffen auf die Gebiete Cherson und Donezk seien mehr als 420 ukrainische Soldaten getötet worden.

Der ukrainische Gouverneur von Charkiw, Oleh Synjehubow, sprach nur von russischen Raketenangriffen auf Industriegebäude und Infrastruktur, machte aber keine Angaben zu möglichen Opfern. Der ukrainische Generalstab in Kiew berichtete ebenfalls von massiven Angriffen im Osten und im Süden des Landes; im Gebiet Donezk sei ein Versuch des Feindes, die Verteidigungslinie nach Slowjansk zu durchbrechen, abgewehrt worden. Unabhängige Bestätigungen für die Angaben beider Seiten gab es nicht.

Pläne für Referendum weit fortgeschritten

Russlands Pläne für ein Referendum in der Region Donezk über den Anschluss an die Russische Föderation sind nach Einschätzung britischer Geheimdienstexperten wohl weit fortgeschritten. Ob in Moskau schon entschieden ist, eine solche Volksbefragung abzuhalten, sei aber noch nicht klar, hieß es im täglichen Geheimdienst-Update des britischen Verteidigungsministeriums. Dass die Region noch immer nicht vollständig unter russischer Kontrolle stehe, werde vom Kreml wahrscheinlich als Rückschlag betrachtet, so die Experten weiter.

Russland und Nordkorea bauen Beziehungen aus

Angesichts westlicher Sanktionen gegen Russland betonten Putin und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un, sie wollten die bilateralen Beziehungen ausbauen. Putin habe Kim geschrieben, beide Seiten verbinde eine Tradition der bilateralen Freundschaft und Zusammenarbeit, berichteten nordkoreanische Staatsmedien. Kim habe in ähnlichen Worten geantwortet. Nordkorea unterstützt Putins Politik und und weist den USA die Schuld am Krieg in der Ukraine zu.

Selenskyj mahnt russische Bürger

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj rief die Russen auf, ihre Stimme zur Unterstützung der Ukraine zu erheben. »Das Böse findet in einem solchen Maßstab statt, dass Schweigen einer Mitschuld gleichkommt«, sagte er. Umfragen zufolge unterstützt eine Mehrheit der Russen Putin. Die Aussagekraft ist aber unsicher. Offene Kritik am Krieg wird vom russischen Machtapparat streng bestraft.

© dpa-infocom, dpa:220815-99-388843/15