Nach dem zweiten Abschuss eines russischen Aufklärungsflugzeugs vom Typ Berijew A-50 innerhalb kurzer Zeit bleiben die Maschinen nach britischen Informationen vorerst am Boden. Dies werde vermutlich andauern, bis die Gründe für den Verlust geklärt sowie die Gefahr durch die ukrainische Flugabwehr für die Flugzeuge verringert werden könne, teilte das britische Verteidigungsministerium mit.
»Der Verlust dieser Fähigkeit zur täglichen Führung und Kontrolle der russischen Luftoperationen führt höchstwahrscheinlich zu einer erheblichen Verschlechterung des Situationsbewusstseins der Flugbesatzungen«, hieß es in London weiter. »Dies ist eine Fähigkeitslücke, die sich Russland im umkämpften Luftraum der Ost- und Südukraine kaum leisten kann.«
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte vor einer Woche gesagt, der Abschuss des Aufklärungsflugzeugs über Südrussland sei das Ergebnis der »Zusammenarbeit mit Partnern« gewesen. Bereits Mitte Januar hatte die Ukraine eines der Frühwarnaufklärungsflugzeuge abgeschossen, die mit teurer Elektronik gespickt und mit speziell ausgebildeten Experten besetzt sind.
Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine vor gut zwei Jahren täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London Desinformation vor.
Tote und Verletzte bei russischen Drohnenangriffen
Bei einem neuen russischen Drohnenangriff auf die ukrainische Schwarzmeer-Stadt Odessa sind nach Angaben von Behörden mindestens sieben Menschen ums Leben gekommen und acht weitere verletzt worden. Bei dem Angriff am Samstag wurde ein Teil eines neunstöckigen Wohnhauses zerstört - laut Behörden insgesamt 18 Wohnungen. Aus den Trümmern seien auch die Leichen einer Frau und eines drei Monate alten Kindes gezogen worden, teilte der Gouverneur des Gebiets Odessa, Oleh Kiper, am frühen Abend mit.
Tagsüber waren immer mehr Tote geborgen worden, darunter auch ein drei Jahre altes Kind. Unter den Verletzten seien auch ein weiteres drei Jahre altes Kind und eine schwangere Frau, sagte Kiper. Weitere Menschen könnten sich noch unter den Trümmern befinden.
Auf Fotos und Videos der Behörden waren schwere Zerstörungen und ein Trümmerfeld zu sehen. Helfer waren im Einsatz. Auch in der Region Charkiw im Osten der Ukraine starb bei einem Drohnenangriff ein Mensch. Präsident Wolodymyr Selenskyj verurteilte den Angriff und sprach den Angehörigen sein Beileid aus.
Selenskyj sendet neuen Hilferuf an Westen
»Verzögerungen bei der Lieferung von Waffen an die Ukraine sowie bei der Luftverteidigung zum Schutz unserer Bevölkerung führen leider zu solchen Verlusten«, teilte Selenskyj bei X mit. Der russische Terror müsse gestoppt werden. »Und wenn Menschen sterben, während unsere Partner sich in politischen Spielchen oder Diskussionen verlieren, die unsere Verteidigung einschränken, ist das unverständlich und unvorstellbar.«
Die Welt habe ausreichend Flugabwehrsysteme gegen Drohnen und Raketen, um auf den russischen Terror zu antworten, sagte Selenskyj.
Kiew: Russisches Militär macht Druck auf neue Frontlinie
Weil die westliche Hilfe inzwischen erlahmt ist, gerät die Ukraine zunehmend in die Defensive. So hält Russland nach Angaben des ukrainischen Militärs den Druck vor allem westlich und südwestlich der Industriestadt Donezk hoch. Im Raum Awdijiwka seien 20 Attacken abgewehrt worden, im Raum Nowopawliwka habe das russische Militär 25 Mal versucht, die Verteidigungslinien zu durchbrechen, teilte der ukrainische Generalstab in seinem Lagebericht mit. Erst vor wenigen Wochen hatte das ukrainische Militär den seit Monaten umkämpften Festungsraum um Awdijiwka räumen müssen. Nun gerät die nächste Verteidigungslinie dahinter unter Druck.
So berichtet der Generalstab von Angriffen auf die Ortschaften Berdytschi, Orliwka und Tonenke, wo sich das ukrainische Militär nach dem Rückzug aus Awdijiwka eingraben wollte. Weiter südlich geraten nach der russischen Eroberung von Marjinka die ukrainischen Verteidiger in den Siedlungen Krasnohoriwka, Heorhijiwka und Nowomychajliwka in Bedrängnis.
Explosion in Wohnhaus in St. Petersburg - Medien: Drohne detoniert
Bei einer Explosion an einem Wohnhaus in der Millionenmetropole St. Petersburg wurden mehrere Menschen verletzt. Örtliche Medien berichteten, dass eine Drohne detoniert sei. Gouverneur Alexander Beglow sprach nur von einem »Vorfall«; er versprach den Bewohnern der beschädigten Wohnungen Hilfe. Sechs Menschen hätten medizinische Hilfe gesucht, teilten die Behörden mit. Eine 92 Jahre alte Frau wurde ins Krankenhaus gebracht. Bei der Explosion barsten Scheiben an dem fünfgeschossigen Wohnhaus.
Vom russischen Verteidigungsministerium gab es keinen Kommentar. Das St. Petersburger Nachrichtenportal »Fontanka« berichtete, dass die Drohne womöglich ein Öllager in der Nähe als Ziel gehabt habe. Dort sei auch eine Drohnenabwehr im Einsatz. St. Petersburg wurde bisher kaum von Flugkörpern getroffen. Allerdings hatte die Ukraine mitgeteilt, dass die Reichweiten ihrer Drohnen immer größer werde.
Paris sieht keinen deutsch-französischen Konflikt beim Ukraine-Kurs
Trotz unterschiedlicher Positionen bei der Unterstützung der Ukraine sieht der französische Außenminister Stéphane Séjourné keine Kluft zwischen Frankreich und Deutschland. »Es gibt keinen deutsch-französischen Konflikt, wir sind uns bei 80 Prozent der Themen einig«, sagte Séjourné im Interview der französischen Zeitung »Le Monde«. Er habe mit seiner deutschen Amtskollegin Annalena Baerbock (Grüne) gesprochen, die er am Dienstag in Paris treffe. »Es besteht der Wille, miteinander zu sprechen.«
Während Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine zur Abwehr des russischen Angriffskriegs weiterhin kategorisch ausschließt, hat Frankreich vergleichbare SCALP-Raketen Kiew bereits zur Verfügung gestellt und die Lieferung weiterer Exemplare angekündigt. Auf die Ankündigung von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am vergangenen Montag bei einem Treffen zahlreicher Staats- und Regierungschefs, dass er den Einsatz westlicher Bodentruppen in der Ukraine nicht ausschließe, kam prompt eine Absage aus Berlin. Einen Einsatz von Bodentruppen werde es aus deutscher Sicht nicht geben, sagte Scholz.
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